Cannes 2025: Film-Highlights im Schatten der US-Zollpolitik

Die 78. Filmfestspiele von Cannes (13. bis 24. Mai) sollten die spektakulärsten seit Jahren werden. Die Elite Hollywoods und des internationalen Films wird sich an der Côte d’Azur versammeln, um zwei Wochen lang das Kino zu feiern. Doch es gibt einen Haken.
Donald Trump als Spielverderber?Die Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump vom 4. Mai, "Hollywood wieder groß machen" zu wollen, indem er hundertprozentige Zölle auf "im Ausland hergestellte Filme" erhebt und US-Studios bestraft, die ihre Filme im Ausland drehen, hat Filmemacher und Kinofans verunsichert und beunruhigt.
Was genau der US-Präsident damit bezwecken will, bleibt unklar. Der Schauspieler Jon Voight, einer von Trumps "Sonderbotschaftern" für die Unterhaltungsindustrie, hat einen Plan mit einer ganzen Reihe von Vorschlägen vorgestellt. Dazu gehören Steueranreize für Filme, die in den USA gedreht werden, ein neuer "Kulturtest", der den Filmen einen Beitrag zur amerikanischen Kultur abverlangen soll, aber auch Geldstrafen für Kino-Produktionen, die im Ausland gedreht werden.
Diese Vorhaben würden die Geschäfte der Filmindustrie stark beeinträchtigen; besonders die Produktion unabhängiger Filme könnte erschwert oder sogar unmöglich gemacht werden.
"Alle reden über Zölle, aber niemand weiß, was sie genau bedeuten werden, wie sie sich auf das Geschäft auswirken und ob es dadurch schwieriger wird, Filme zu produzieren", sagt Pia Patatian, Präsidentin von Cloud9 Studios, einer unabhängigen Produktionsfirma mit Sitz in den USA.
Hollywoods internationale Produktionen unter DruckViele der größten und am meisten erwarteten amerikanischen Filme, die in Cannes gezeigt werden, sind genau die Art von "im Ausland hergestellten" Filmproduktionen, gegen die Trump mit seiner Zolldrohung wettert.

Tom Cruise wird etwa mit "Mission: Impossible - Die Abrechnung" für Action auf der Festival-Promenade sorgen. Der achte und vermutlich letzte der Mission-Impossible-Filme wird in Cannes außer Konkurrenz laufen. Wie schon in den vorherigen Teilen rast Cruise als Agent Ethan Hunt durch diverse nicht amerikanische Großstädte dieser Welt, springt von nicht amerikanischen Klippen und klammert sich an das Fahrwerk nicht in den USA produzierter Propellerflugzeuge, während diese über nicht amerikanische Landschaften fliegen.
Wes Andersons "The Phoenician Scheme" ("Der phönizische Meisterstreich"), das neueste Werk des Regisseurs von "Rushmore" und "Grand Budapest Hotel", wurde im Studio Babelsberg vor den Toren Berlins gedreht. Der Film wartet mit einer für Anderson typischen Starbesetzung auf, darunter Benicio del Toro, Michael Cera, Scarlett Johansson, Tom Hanks und Jeffrey Wright.

"Nouvelle Vague", ein Blick auf die Entstehung von Jean-Luc Godards Klassiker "Atemlos" aus dem Jahr 1960, von der amerikanischen Indie-Film-Legende Richard Linklater ("Before Sunrise", "Boyhood"), wurde komplett in Paris gedreht und - quelle horreur! - auf Französisch!
"Eddington", der neue Film vom Großmeister des Genre-Kinos Ari Aster ("Hereditary", "Midsommar"), wurde zumindest in den USA gedreht. Aber der Handlungsstrang des Films aus der Covid-Ära, in dem ein Sheriff im MAGA-Stil (gespielt von Joaquin Phoenix), gegen den örtlichen Bürgermeister (gespielt von Pedro Pascal) antritt, könnte als Provokation gegen den aktuellen US-Präsidenten verstanden werden.
Cannes 2025: Raubüberfälle, Horror und bewährte Film-DuosWenn es dem Festival-Publikum jedoch gelingt, Trump für eine Weile zu vergessen, hat die 78. Ausgabe von Cannes viel zu bieten.

Das Programm des Spielfilmwettbewerbs 2025 ist vollgepackt mit Schwergewichten, die für ihren einzigartigen Stil bekannt sind.
Dazu gehört die US-amerikanische Indie-Regisseurin Kelly Reichardt, die mit "The Mastermind", einem Kunstraubdrama mit Josh O'Connor, Alana Haim und John Magaro in den Hauptrollen, das vor dem Hintergrund des Vietnamkriegs spielt, in den Wettbewerb von Cannes zurückkehrt.
Der iranische Regisseur und Dissident Jafar Panahi, der endlich aus dem Gefängnis entlassen wurde und reisen kann, wird mit seinem neuesten Drama "Un Simple Accident" ("Ein einfacher Unfall") ebenfalls im Rennen sein.
Auch Julia Ducournau, die 2021 mit ihrem explosiven wie kontroversen Körperhorrorfilm "Titane" die Goldene Palme gewann, ist mit "Alpha" wieder im Wettbewerb von Cannes vertreten. Der Film spielt in den 1980er-Jahren und handelt von einem jungen Mädchen, das von ihren Mitschülern abgelehnt wird. Grund dafür ist das Gerücht, sie sei mit einer neuartigen Krankheit infiziert.
Deutschlands Anwärterin auf die Goldene Palme, Cannes Haupttrophäe, ist Mascha Schilinski, die ihren zweiten Spielfilm "In die Sonne schauen" ("Sound of Falling") im Wettbewerb vorstellt. Das Drama handelt von vier Frauen aus vier verschiedenen Epochen, deren Leben auf unheimliche Weise miteinander verwoben sind.

Außer Konkurrenz wird in Cannes der neue Film von Spike Lee zu sehen sein. Der Regisseur - der Donald Trump bekanntlich als "Agent Orange" bezeichnet - arbeitete wieder mit Denzel Washington zusammen, der die Hauptrolle in "Highest 2 Lowest" spielt. Der Krimi ist eine Neuinterpretation des japanischen Klassikers "Zwischen Himmel und Hölle" ("High and Low") von Akira Kurosawa aus dem Jahr 1963.
Ein weiteres berühmtes Team auf dem roten Teppich kommt aus Deutschland: Der Filmemacher Fatih Akin und die Schauspielerin Diane Kruger, die auf eine durchaus erfolgreiche Hollywood-Karriere zurückblicken kann. Beide kehren mit "Amrum", einem Drama aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, dessen Handlung auf der gleichnamigen friesischen Insel spielt, nach Cannes zurück. Ihre letztes gemeinsames Werk "Aus dem Nichts" ("In the Fade") feierte 2017 in Cannes Premiere und brachte Kruger den Preis für die beste Schauspielerin ein.
Mehrere berühmte Persönlichkeiten der Filmbranche haben sich auch hinter die Kamera gestellt, um Regie zu führen. Marvel-Star Scarlett Johansson wird in Cannes in der Sparte "Un Certain Regard" ihr Regiedebüt mit "Eleanor the Great" vorstellen. In der gleichen Sparte läuft "Urchin", ein britisches Sozialdrama unter der Regie von Harris Dickinson; er wurde als schüchternes, aber durchaus attraktives männliches Model in Ruben Östlunds "Triangle of Sadness" bekannt (der Film gewann 2022 die Goldene Palme).

Aktuelle wie auch weiter zurückliegende historische Ereignisse werden in Cannes auch in Nebenveranstaltungen beleuchtet.
In der unabhängigen Sparte "The Director's Fortnight", die parallel zum Festival stattfindet, wird unter anderem "Militantropos" gezeigt: ein Dokumentarfilm eines ukrainischen Regieteams, der die Auswirkungen des andauernden Krieges auf das Alltagsleben untersucht.
Cannes Premiere, eine Galasektion ohne Wettbewerb, zeigt "The Wave", ein spanischsprachiges Musical des chilenischen Regisseurs Sebastián Lelio. Der Film ist von den feministischen Protesten inspiriert, die 2018 in ganz Chile ausbrachen. In der Galasektion wird auch das "Das Verschwinden des Josef Mengele" ("The Disappearance of Josef Mengele") gezeigt. Der Film erzählt aus dem Leben des berüchtigten Lager-Arztes von Auschwitz (gespielt von August Diehl), der der Justiz entkam und 30 Jahre lange unerkannt in Südamerika lebte.
Es gibt in Cannes dieses Jahr also jede Menge Filme zu sehen, zu debattieren und zu diskutieren - auch ohne "Agent Orange" zu erwähnen.
Adaption aus dem Englischen: Anastassia Boutsko
dw