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Ladies & Gentlemen: Diese Merzens

Ladies & Gentlemen: Diese Merzens
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Lesezeit: 2 Min.

(Foto: AFP)

Weltgewandt und formvollendet bieder: Das Ehepaar Merz legte beim G7-Gipfel einen tadellosen Auftritt hin – inklusive Elefantenkrawatte.

Der Vollzeit-Job First Lady ist eine Sache der Vergangenheit. Melania Trump verkauft bekanntlich Weihnachtskugeln, und Charlotte Merz, als Kanzlergattin quasi unsere zweite erste Frau, ist Richterin. Melania schwänzt bekanntlich gerne Events, ja, auch den aktuellen G-7-Gipfel, wahrscheinlich Weihnachtskugelstress, das muss ja alles jetzt schon vorbereitet werden. Aber Charlotte Merz hat es sich nicht nehmen lassen, ihren Mann zum G-7-Gipfel in Kanada zu begleiten – wie sich das für eine bürgerliche Regierung nun mal gehört. Es ist Frau Merz’ erster offizieller Auftritt, seitdem sie nach dem verpatzten ersten Wahlgang ziemlich gut gefasst auf der Tribüne des Bundestags saß. Dass diese Frau ein gesellschaftlicher Vollprofi ist, bewies sie nun erneut bei der Begrüßung des Gastgebers in Kanada: ein strahlendes Lächeln, eine energisch ausgestreckte Hand und Küsschen links und rechts für Mark Carney und seine Gattin; Smalltalk, kein Funken Peinlichkeit. Außerdem etwas, das wir in den vergangenen Jahren komplett vergessen hatten, uns jetzt aber von den Merzens wieder so was von in Erinnerung gerufen wird: superhohe Qualität, superniedriger modischer Anspruch. Das ist genau das, was wir Deutschen an unseren Führungskräften lieben! Die tadellose Schnörkellosigkeit ist aber nicht zu verwechseln mit Uneitelkeit. Schnitt und Farbe des Hosenanzugs sind bei einem teuren Damenausstatter mit Ruhe ausgesucht worden, nur die Kombination des weißen Gürtels mit beigefarbenen Schuhen wirkt etwas wunderlich. Aber wenn alles gut abgestimmt gewesen wäre, hätten auch wieder alle gemotzt. Perfekter Auftritt also.

(Foto: AFP)

Man muss es sagen, Friedrich Merz hat seine ersten 50 Tage im Amt deutlich pannenfreier absolviert, als man sich das vorstellen konnte. Er hat sogar erste außenpolitische Akzente gesetzt, indem er nämlich als Einziger Donald Trump ganz mühelos überragte – nebeneinander sehen sie ein bisschen aus wie Laurel und Hardy, nur halt weniger lustig. Was seine tadellosen Bügelfalten-Anzüge angeht, so gilt für sie das Gleiche wie für sein viel gelobtes Business-Englisch: Eine Karriere in der freien Wirtschaft bringt eben doch auch ein paar Kompetenzen mit sich, mit denen sich deutsche Berufspolitiker sonst eher schwertun. In diesen unsicheren Zeiten zeigt sich jedenfalls, dass Merz mit seiner Hobbykeller-Heiterkeit eine ganz gute Besetzung bei den diversen Krisentreffen der kommenden Monate sein wird. Er ist ja der Typ Führungskraft, den es in jeder Firma gibt: Einer, der sich jovial in ein Meeting dazusetzt, „um mal Mäuschen zu spielen“, und zu allem so ein bisschen wohlwollend nickt, nur um dann mit „Weitermachen, Männer!“ wieder vorzeitig den Raum zu verlassen. Niemand weiß, was er in seinem Büro eigentlich macht, denn sein Trick ist es, alle denken zu lassen, dass er insgeheim die Fäden zieht oder einen Masterplan hat. Dabei teilt er nur irgendein dunkles Geheimnis mit dem Firmengründer (zum Beispiel Golfbuddies) oder hat dessen Tochter geheiratet. Gleichzeitig schwingen bei Friedrich Merz auch oft Stromberg-Vibes mit, und zwar immer dann, wenn es demonstrativ locker zugehen soll. Das Lockere war nun weiß Gott auch nicht die Stärke von Olaf Scholz, aber bei Merz ist, wie in diesem Begrüßungsmoment beim G-7-Gipfel, immer ein bisschen die Gefahr, dass er sich als Übersprungshandlung auf die Schenkel haut oder einen flotten Spruch raushustet, der für diplomatische Cringeness sorgt. Auch seine Krawatten, die oft ein Muster aus witzigen Figürchen tragen (hier: Elefanten), gehören zu diesem onkelhaften Boomer-Humor – das bitte noch abgewöhnen.

süeddeutsche

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