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Die Karlsruhe-Strategie: Wie die SPD in fünf Schritten Merz stürzen und Klingbeil zum Kanzler wählen könnte

Die Karlsruhe-Strategie: Wie die SPD in fünf Schritten Merz stürzen und Klingbeil zum Kanzler wählen könnte

Was wie eine verfahrene Personaldebatte wirkt, könnte in Wahrheit der erste Zug eines langfristig angelegten Schachspiels sein. Während sich Öffentlichkeit und Medien an der umstrittenen Kandidatur von Frauke Brosius-Gersdorf abarbeiten, geht es hinter den Kulissen womöglich längst um weit mehr als einen Posten am Bundesverfassungsgericht.

Der Verfassungsrechtler Josef Franz Lindner, Professor für Rechtswissenschaften an der Universität Augsburg, sieht in der Richterwahl keine bloße Episode parteipolitischen Gezänks, sondern den Schlüssel zu einem weitreichenden strategischen Projekt: die Rückkehr der SPD ins Kanzleramt mithilfe des Bundesverfassungsgerichts.

Richterwahl, AfD-Verbot und dann zurück ins Kanzleramt?

Lindners Szenario basiert auf einer Kette juristisch möglicher, politisch allerdings hoch umstrittener Schritte. Auf der Plattform X schreibt er: „Die aktuelle Diskussion um eine der Kandidatinnen ist vordergründig. Sie verdeckt den Blick auf die eigentliche Motivationslage, nämlich auf die strategische Machtoption der SPD in einem reinen Linksbündnis. Diese Option besteht aus mehreren Bausteinen.“

Ausgangspunkt seiner Überlegungen sind die Verfassungsrichterwahl, die er „als entscheidenden Schritt auf ihrem Weg zurück ins Kanzleramt“ bezeichnet, und die Mehrheitsbildung im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts, um den es bei der Richterpostenvergabe geht.

Verfassungsrichterwahl: sie ist der entscheidende Schritt der SPD auf ihrem Weg zurück ins Kanzleramt. Die aktuelle Diskussion um eine der Kandidatinnen ist vordergründig. Sie verdeckt den Blick auf die eigentliche Motivationslage, nämlich auf die strategische Machtoption der…

— Josef Franz Lindner (@JosefFLindner) July 17, 2025

Denn genau dort, im Zweiten Senat, würde ein mögliches AfD-Verbotsverfahren verhandelt. Die SPD, so Lindners Analyse, nominiert Kandidatinnen, die sich öffentlich für ein solches Verfahren ausgesprochen haben. Erst vor wenigen Wochen hatte sich die Partei darauf verständigt, ein AfD-Verbotsverfahren vorzubereiten.

Mit der Wahl der beiden Kandidatinnen der Sozialdemokraten würden die Weichen für eine politische Neuordnung gestellt, argumentiert Lindner. Sollte das Bundesverfassungsgericht die AfD verbieten – zeitlich sei das innerhalb von zwei bis drei Jahren möglich –, fielen automatisch 150 AfD-Bundestagsmandate weg.

Die Zahl der Abgeordneten würde dann auf rund 479 schrumpfen. Die Kanzlermehrheit läge nur noch bei 240 Stimmen. SPD, Grüne und Linke kämen gemeinsam auf 269 Sitze. Die rechnerische Mehrheit für ein rot-rot-grünes Bündnis wäre gegeben. Eine Machtübernahme ohne Neuwahlen wäre per konstruktivem Misstrauensvotum nach Artikel 67 des Grundgesetzes möglich.

Klingbeil würde Kanzler, Olaf Scholz bliebe womöglich Teil des Kabinetts, und die neue Koalition könnte bis 2029 durchregieren. Eine durch das Verbotsurteil zerschlagene AfD könnte bis dahin kaum ersetzt werden. Eine neue Partei rechts der Mitte hätte kaum Zeit, Strukturen aufzubauen. Und die Union? Laut Lindner wäre sie, mitverantwortlich für Richterwahl und Verbot, auf offener Bühne entmachtet worden: „Für die Union bedeutet das, sie ist möglicherweise nur noch zwei Schritte vom politischen Suizid entfernt.“

Für den Juristen steht daher fest: Die SPD wird an ihren Kandidatinnen festhalten – nicht aus Trotz, sondern aus Strategie. Ein Rückzug käme einem selbst zugefügten Rückschritt gleich. Für die CDU hingegen sei die Lage heikel: Wenn sie zustimmt, könnte sie am eigenen Machtverlust mitarbeiten. Wenn sie blockiert, droht ein verfassungsrechtlicher und politischer Konflikt, verbunden mit dem Vorwurf, AfD-Sympathien in den eigenen Reihen zu dulden.

Es ist ein Szenario, das viele Fragen aufwirft. Josef Franz Lindners Analyse zeigt: Der Kampf um die Verfassungsrichterposten ist nicht bloß ein Streit um Eignung oder Moral. Es geht ums große Ganze – in seinem Szenario sogar um die strategische Reformation der Republik.

Berliner-zeitung

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