Handelsstreit: Post von Trump

Donald Trump setzt im Handelsstreit mit dem Rest der Welt erneut auf Eskalation. Der US-Präsident veröffentlichte am Montag auf seiner Plattform Truth Social 14 Briefe an ausländische Staats- und Regierungschefs. Darin gab er bekannt, welche Zölle die US-Regierung künftig auf Importe aus diesen Ländern verlange. Die neuen Einfuhrabgaben treffen neben den wichtigen US-Handelspartnern Japan und Südkorea eine Reihe von Schwellenländern in Asien und Afrika, aber auch die europäischen Staaten Serbien sowie Bosnien und Herzegowina.
Die von Trump in seinen Briefen angekündigten Zölle liegen zwischen 25 und 40 Prozent. Auf Einfuhren aus Japan und Südkorea sollen künftig Zölle in Höhe von 25 Prozent fällig werden. Importe aus Thailand, Kambodscha, Bangladesch, Indonesien und Südafrika werden danach mit Zöllen von mehr als 30 Prozent belegt. Die höchsten Importgebühren sollen für Waren aus Laos und Myanmar gelten. Sie sollen 40 Prozent betragen und genau wie für die anderen Länder am 1. August in Kraft treten.
Die neuen Zölle orientieren sich an jenen Zollsätzen, die der US-Präsident an seinem angeblichen „Tag der Befreiung“ Anfang April verkündet hatte. Damals beendete er einseitig das System des freien Handels, das die USA nach Ende des Zweiten Weltkriegs etabliert hatten. Nach tagelangen Turbulenzen an der Börse verhängte Trump eine 90-tägige Zollpause. Seither gelten Gegenzölle von zehn Prozent auf ausländische Importe sowie noch höhere Einfuhrabgaben für Stahl, Aluminium und Autos. Während der Zollpause wollte Trump mit nahezu allen US-Handelspartnern Deals verhandeln. Die Frist dafür sollte ursprünglich am 9. Juli enden.
Am Montag unterzeichnete Trump nun ein Dekret, mit dem er die Deadline bis zum 1. August verlängerte. Dann sollen die hohen Gegenzölle nach seinem Willen wieder in Kraft treten. Seine Sprecherin Karoline Leavitt sagte, dass alle Länder bis dahin die Möglichkeit hätten, Abkommen mit den USA zu schließen.
Trump bleibt hinter den selbst gesteckten Erwartungen zurückDie Gespräche über Handelsabkommen erweisen sich offenbar als schwieriger als Trump und seine Leute es erwartet haben. Es gibt Deals mit Großbritannien und Vietnam, viel mehr kann die US-Regierung bislang nicht vorweisen. Nach Angaben von Trump steht ein Abkommen mit Indien kurz bevor. US-Finanzminister Scott Bessent sprach am Montagmorgen davon, dass es in den nächsten 48 Stunden noch „mehrere Ankündigungen“ in dieser Hinsicht geben werde. Auch ein Deal mit der Europäischen Union soll in Reichweite sein. Bundeskanzler Friedrich Merz drängt auf eine schnelle Einigung im Interesse der deutschen Export-Industrie.
Aber auch dann bliebe Trump hinter den Erwartungen zurück, die er selbst gesteckt hat. In den vergangenen Tagen ist der Frust innerhalb der US-Regierung darüber sichtlich gewachsen, auch bei Trump persönlich. Vergangene Woche watschte er Japan öffentlich ab, nachdem die Verhandlungen mit dem Land ins Stocken geraten waren. Japan habe sich über mehr als 30 Jahre hinweg daran gewöhnt, die USA auszunutzen und würde keinen amerikanischen Reis importieren, schalt er und verdrehte damit die Tatsachen.
Es ist unklar, warum Trump nun vorgeprescht ist und wie er jene 14 Länder ausgewählt hat, die jetzt Post von ihm bekamen. Nationen wie Kasachstan, Tunesien und Laos treiben überschaubaren Handel mit den USA. Möglicherweise will Trump damit eine Drohkulisse aufbauen und Länder und Regionen unter Druck setzen, mit denen die US-Regierung aktuell über Handelsabkommen verhandelt – wie etwa die Europäische Union.

Unter den Nationen, die der US-Präsident ins Visier genommen hat, befinden sich viele Schwellenländer. Noch bevor er seine Briefe verschickte, hatte Trump den Brics-Staaten mit zusätzlichen Zöllen von zehn Prozent gedroht. Er begründete dies mit der angeblich „antiamerikanischen Politik“ der Allianz, zu der Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika gehören. Sie hat sich als politisches und wirtschaftliches Gegengewicht zu den USA positioniert.
Die von Trump verschickten Briefe sind fast wortgleich formuliert. Der US-Präsident kritisiert darin das Handelsdefizit der jeweiligen Länder mit den USA. Um es zu verringern, sehe er sich gezwungen, Einfuhrabgaben zu verlangen. Trump droht den Staats- und Regierungschefs der Länder auch, die Zölle zu verdoppeln, sollten sie ihrerseits mit Gegenzöllen reagieren. Die Briefe legen nahe, dass es Trump nicht mehr darum geht, die Handelsbeziehungen neu zu ordnen und komplexe Vereinbarungen zu schließen. Trump will offenbar die Höhe der Zölle festsetzen, mehr nicht. Auch das vergangene Woche angekündigte Abkommen mit Vietnam beschränkt sich darauf. Das liegt wohl auch daran, dass 90 Tage nicht ausreichen, um sich auf viele Details zu einigen.
Daneben braucht Trump innenpolitisch einen Erfolg. Am amerikanischen Unabhängigkeitstag unterzeichnete er sein umstrittenes Haushaltsgesetz mit milliardenschweren Steuererleichterungen. Damit hat er zwar einen wichtigen Teil seiner legislativen Agenda umgesetzt, aber den USA auch eine Rekordverschuldung beschert. Sie will er zumindest teilweise mit den Zolleinnahmen gegenfinanzieren.
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