Marcel Fratzscher überrascht mit neuer Theorie: Klimawandel ist schuld an deutscher Wirtschaftskrise

Die deutsche Wirtschaft schrumpft seit drei Jahren. Aktuell wird für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von null Prozent erwartet. Manche Experten rechnen sogar mit einem Rückgang um 0,2 Prozent. Während eine Vielzahl von Fachleuten strukturelle Probleme, beispielsweise die enorm hohen Energiepreise und fehlende Investitionen, dafür verantwortlich macht, hat Ökonom Marcel Fratzscher eine andere Theorie für die fortschreitende Deindustrialisierung gefunden zu haben: den Klimawandel.
Fratzscher, Politikberater und Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, legt seine Theorie in einer Kolumne der Zeit dar. In seinem Text „Die unterschätzte Bedrohung für die deutsche Industrie“ erklärt der Ökonom, dass „nicht die Energiewende die Wettbewerbsfähigkeit gefährdet“.
„Investitionen wegen Klimarisiken verschoben oder ins Ausland verlagert“Der Standort Deutschland sei bedroht, weil die Erde immer wärmer wird: „Die Datenlage ist eindeutig: Hitze, Dürre, Unwetter und Naturkatastrophen untergraben zunehmend und unumkehrbar die Grundlagen der deutschen Wirtschaft.“ Auf welche Daten sich Fratzscher bezieht, bleibt unklar. Eine Quelle oder konkrete Zahlen werden nicht angegeben.
Auch im Zusammenhang mit den Lieferketten, dem „Rückgrat der Industrie“, ist die Rede von Studien, die deutlich zeigen sollen, dass „Extremwetter wie anhaltende Dürre oder Starkregen bereits Schäden in Milliardenhöhe“ angerichtet haben. Anschließend nennt Fratzscher dann aber doch ein konkretes Beispiel: „Die Rhein-Niedrigwasser-Krise von 2018 führte allein bei BASF zu Mehrkosten von 250 Millionen Euro.“
Der Wasserstand des Rheins sank damals in der Stadt Kaub auf „unter 30 Zentimeter“, sodass die Transportkapazität drastisch gesenkt werden musste – „um bis zu 80 Prozent“. Weiter im Text bezieht sich Fratzscher auf Daten des Thünen-Instituts. Demnach sind die Erträge von „Getreide und Mais in den Dürrejahren 2018, 2019 und 2022 im Schnitt um bis zu 25 Prozent“ gesunken. Dadurch sei für 2022 ein Sachschaden von rund 3,6 Milliarden Euro entstanden.
Die stetig steigenden Kosten, die laut Fratzscher auf den Klimawandel zurückzuführen sind, würden Unternehmen dazu veranlassen, ins Ausland abzuwandern: „Unternehmen stellen vermehrt infrage, ob Deutschland noch die nötige Infrastruktur, Widerstandsfähigkeit und Planungssicherheit bietet.“ Seine These bekräftigt Fratzscher, indem er sich auf eine Umfrage seines eigenen Instituts bezieht: „47 Prozent der befragten Industriebetriebe haben angegeben, Investitionen wegen Klimarisiken verschoben oder ins Ausland verlagert zu haben.“
Das DIW erhält jährlich mehrere Millionen Euro staatliche FördermittelDer Präsident des DIW – das einen Großteil seiner öffentlichen Zuwendungen von der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur sowie von den Bundesministerien für Wirtschaft und Arbeit erhält – appelliert an die Politik: „Viele wirtschafts- und industriepolitische Debatten greifen zu kurz, weil sie den Klimawandel als rein ökologisches Problem behandeln.“
Der eigentliche Grund für die deutsche Wirtschaftsflaute sei „das Ausbleiben einer entschlossenen Anpassung an die ökologische Realität.“ Marcel Fratzscher fordert einen „Kurswechsel in der Klima- und Industriepolitik“ und einen „klugen Einsatz des 500-Milliarden-Euro-Sondervermögens der Bundesregierung“.
Berliner-zeitung