PKK-Mitgliedschaft | Mehmet Çakas: Abschiebung trotz Verfahren
Der kurdische Aktivist Mehmet Çakas soll am 28. August aus der Justizvollzugsanstalt Uelzen in die Türkei abgeschoben werden. Das wurde dem 45-Jährigen nach Angaben seines Verteidigers Björn Elberling am Montag durch die Gefängnisverwaltung offiziell mitgeteilt.
Çakas war vor einem Jahr vom Oberlandesgericht Celle wegen »Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung« zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Es ging um die PKK, seine Strafe hätte er regulär im Oktober 2025 verbüßt.
Die drohende Überstellung ist nach Einschätzung seines Anwalts ein rechtliches Novum: »Soweit wir wissen, wurde bislang niemand, der in Deutschland wegen PKK-Zugehörigkeit verurteilt wurde, im Anschluss in die Türkei abgeschoben – weil dort kein faires Verfahren zu erwarten ist«, erklärte Elberling. In der Türkei läuft parallel ein eigenes Strafverfahren gegen Çakas.
Çakas hatte außerdem einen Asylantrag in Deutschland gestellt. Dieser wurde durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt. Dagegen hatte der Aktivist Klage eingereicht, einschließlich eines Eilantrags. Das Verwaltungsgericht Lüneburg wies diesen jedoch vor sechs Wochen überraschend ab, ohne auf die vorgebrachten Schutzgründe einzugehen. Çakas’ Anwalt legte eine Anhörungsrüge ein, über die am 8. September verhandelt werden soll – also nach dem geplanten Abschiebetermin.
Die Verteidigung sieht in der Abschiebung eine akute Bedrohung für das Leben und die Freiheit Çakas’. Denn sowohl Menschenrechtsorganisationen als auch europäische Gerichte dokumentieren regelmäßig die systematische Verfolgung und Folter politischer Gefangener in der Türkei.
Cansu Özdemir, Bundestagsabgeordnete der Partei Die Linke, zeigte sich deshalb entsetzt: »Menschenrechte gelten auch für Kurd*innen. Eine Abschiebung unter diesen Umständen wäre ein politischer Skandal.« In einer Stellungnahme warnte die Familie Çakas vor einem Präzedenzfall: »Wenn Mehmet abgeschoben wird, könnte dies der Anfang systematischer Auslieferungen kurdischer Aktivist*innen an die Türkei sein.«
Ende Februar 2025 hatte der gefangene PKK-Chef Abdullah Öcalan dazu aufgerufen, den bewaffneten Kampf zu beenden. Die Organisation erklärte einen Waffenstillstand und begann im Juki mit der Entwaffnung. Die Bundesregierung hält dennoch an der Einstufung der PKK als terroristische Vereinigung fest – vor diesem Hintergrund ist die geplante Abschiebung Çakas’ ein Schlag ins Gesicht der laufenden Friedensbemühungen. Der Kölner Rechtshilfefonds Azadî ruft deshalb zur öffentlichen Mobilisierung dagegen auf.
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