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Verstärkte Grenzkontrollen in Deutschland: Nachbarländer kritisieren

Verstärkte Grenzkontrollen in Deutschland: Nachbarländer kritisieren

Berlin. Nach der Anweisung des neuen Bundesinnenministers Alexander Dobrindt (CSU) zu schärferen Regeln an den deutschen Grenzen laufen in den ersten Bundesländern verstärkte Kontrollen an. In Bayern etwa überwacht die Bundespolizei ab sofort die Grenzen zu Österreich und Tschechien stärker. Das wird nach Angaben eines Sprechers auch für Reisende wahrnehmbar sein. An den sächsischen, niedersächsischen und nordrhein-westfälischen Außengrenzen sind laut Bundespolizei ebenfalls zusätzliche Beamtinnen und Beamte im Einsatz. In Rheinland-Pfalz und im Saarland sollen die Kontrollen in Kürze anlaufen.

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Aus der Opposition und aus den Nachbarländern kam Kritik an den strengeren Regeln. Das Präsidium der Bundespolizei erklärte, „Maßnahmen zur temporären Kräfteintensivierung“ würden stetig geprüft und umgesetzt. Zu den konkreten Einsatzstärken werde man sich aber nicht äußern.

Dobrindt hatte angekündigt, schärfer kontrollieren zu lassen. Nur wenige Stunden nach seinem Amtsantritt erklärte er, künftig sollten auch Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden können. Dies soll allerdings nicht für Schwangere, Kinder und andere Angehörige vulnerabler Gruppen gelten.

Franziska Brantner, Bundesvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen

Franziska Brantner, Bundesvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen

Quelle: Michael Kappeler/dpa

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Grünen-Chefin Franziska Brantner kritisierte, dass eine Zusammenarbeit mit den Nachbarländern fehle. „In Zeiten, in denen wir mehr Europa brauchen – wir erinnern gerade diese Woche daran, aus welchen kriegerischen Zuständen wir in Europa kommen und dass wir zum Glück Frieden haben –, ist es nicht akzeptabel, nicht besonders gut, wenn man nicht mit den Partnern gemeinsam handelt“, sagte sie in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“. Sie bemängelte zudem, dass die Beamten anderswo abgezogen würden. „Das sind die Hauptbahnhöfe, das ist der Flughafen, das sind Kriminalitätsschwerpunkte in diesem Land. Dort werden die fehlen. Also ein Weniger an Sicherheit an anderen Orten für ein Signal an der Grenze.“

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Helge Limburg, warf Dobrindt Rechtsbruch an den deutschen Außengrenzen vor forderte und Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) auf, sich dem entgegenzustellen. „Wir feiern in diesem Jahr 40 Jahre Schengen-Abkommen. Wenn Dobrindt so weiter macht, wird es das letzte Jubiläum sein, das wir feiern können“, sagte Limburg dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Er legt die Axt an das Europa der offenen Binnengrenzen und stößt unsere europäischen Nachbarn damit vor den Kopf“, so Limburg weiter.

An die SPD-Politikerin Hubig gerichtet sagte er: „Die Bundesjustizministerin ist in der Pflicht: Sie muss ihren Kabinettskollegen auf den Boden von deutschem und europäischem Recht und Gesetz zurückholen.“ Sonst gefährde sie auch die Glaubwürdigkeit von Deutschland als Säule der Rechtsstaatlichkeit in Europa.

„Dobrindt und die gesamte Bundesregierung müssen endlich vom Wahlkampfmodus in den seriösen Regierungsmodus wechseln“, sagte Limburg. „Dazu passt der zelebrierte Bruch Europäischen Rechts nicht. Ich erwarte von der Bundesjustizministerin, dass sie sich dazu äußert und ihren Kabinettskollegen auf den Pfad von Recht und Gesetz zurückholt.“

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Auch aus Polen und aus der Schweiz kam Kritik. „Systematische Zurückweisungen an der Grenze verstoßen aus Sicht der Schweiz gegen geltendes Recht“, schrieb das Schweizer Justizministerium auf der Plattform X. Die Behörden des Landes „prüfen gegebenenfalls Maßnahmen“, wie es hieß. Auch das österreichische Innenministerium in Wien pochte auf die Einhaltung des geltenden EU-Rechts. Generell begrüße man aber die Bestrebungen Deutschlands im Kampf gegen die Schleppermafia und illegale Migration.

Polens Regierungschef Donald Tusk hatte die Migrationspolitik der neuen Bundesregierung beim Antrittsbesuch von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Mittwochabend scharf kritisiert. „Deutschland wird in sein Gebiet lassen, wen es will. Polen wird nur in sein Gebiet lassen, wen es akzeptiert“, sagte der polnische Premier in Warschau. Es solle weder der Eindruck entstehen, noch sollten die Fakten geschaffen werden, dass irgendwer einschließlich Deutschland bestimmte Gruppen von Migranten nach Polen schicke.

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk

Quelle: IMAGO/ZUMA Press Wire

Die rechtliche Lage bei Zurückweisungen an der Grenze ist derzeit nicht eindeutig. Einige Experten legen geltendes EU-Recht so aus, dass Zurückweisungen grundsätzlich nicht erlaubt sind. Dies hängt auch damit zusammen, dass Grenzkontrollen praktisch nicht exakt auf der Grenzlinie erfolgen, sondern oft etwas dahinter.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft sieht hier indes Klarheit. Deutschland habe mit sämtlichen Anrainerstaaten sogenannte Rückübernahme-Vereinbarungen vertraglich geregelt, sagte der stellvertretende Vorsitzende Heiko Teggatz der „Welt“. Inhalt dieser Verträge sei auch, ab welchem Zeitpunkt eine Person als eingereist gilt. „Dieses ist erst dann der Fall, wenn die Einreisekontrolle abgeschlossen ist. Auf welchem Hoheitsgebiet die Kontrollstelle liegt, spielt dabei keine Rolle.“

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Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, verteidigte die Maßnahmen hingegen. Die Kontrollen würden schrittweise hochgefahren, es werde kein Nachbarstaat überfordert, sagte er am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“. Die Abstimmungsgespräche mit den Nachbarländern seien „am Laufen“: „Es ist ein erster Schritt in der Migrationswende, ein wichtiger Schritt, aber mit Sicherheit nicht der alleinige, den wir jetzt angehen werden.“

CSU-Chef Markus Söder bezeichnete die neuen Regeln als Beginn einer „Asylwende“. „Seit gestern ist die Asylwende in Deutschland eingeleitet worden. Jetzt gilt wieder der alte Zustand, wie vor 2015“, sagte Bayerns Ministerpräsident in einem auf X geteilten Video.

RND/dpa/feh

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