Was ist am Plagiatsvorwurf gegen Brosius-Gersdorf dran? Jetzt äußert sich der Urheber des Gutachtens

Im Ringen um die Neubesetzung dreier Richterposten am Bundesverfassungsgericht kam es zum Eklat. Der Grund: Ein Plagiatsvorwurf gegen eine der drei Kandidaten.
Hat Frauke Brosius-Gersdorf plagiiert? Der Vorwurf gegen die SPD-Kandidatin für das Richteramt am Bundesverfassungsgericht hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Wenige Stunden vor der Wahl veröffentlichte der selbsternannte Plagiatsjäger Stefan Weber ein Gutachten. In der Dissertation von Brosius-Gersdorf habe er insgesamt 23 Stellen identifiziert, an denen es Hinweise auf sogenannte Kollusion und Quellenplagiate geben soll. Demnach soll Brosius-Gersdorf von ihrem Ehemann Hubertus Gersdorf, einem Jursiten und Hochschullehrer, abgeschrieben haben.
Anschließend forderte Unions-Fraktionschef Jens Spahn die SPD auf, die Nominierung umgehend zurückzuziehen. Stunden später wurde die Richterwahl abgesagt. CDU-Politiker fordern nun eine Prüfung der Vorwürfe, obwohl bereits erste Zweifel am Gutachten aufkommen. Denn die Dissertation von Frauke Brosius-Gersdorf wurde drei Jahre früher veröffentlicht als die ihres Mannes. Hat sich Stefan Weber getäuscht, und wer sind seine Auftraggeber?
Für Stefan Weber scheint der Fall klarDer österreichische Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber betont im Gespräch mit der Berliner Zeitung, dass nie von einem Plagiatsvorwurf die Rede war. Zumindest verwendet er diesen Begriff nicht in seinem Gutachten. Trotzdem steht fest, dass das Ehepaar sehr eng zusammengearbeitet haben muss. Die von ihm identifizierten Stellen sollen deutlich zeigen, dass einer vom anderen abgeschrieben hat.
Laut Weber gibt es drei Optionen: „Wir wissen nicht, welche Variante stimmt. Entweder sie hat bei ihm abgeschrieben. Oder er hat bei ihr. Oder beide haben ihre Texte miteinander geteilt.“ Wenn Letzteres zutrifft, hätte man das im Vorwort erwähnen müssen, meint Weber. In seinem Gutachten habe er ebenfalls offengelassen, wer von wem abgeschrieben hat. Auf der Plattform X kritisiert Weber die Unions-Lesart seines Gutachtens und bezeichnet diese als „falsch“.
Und wie soll Brosius-Gersdorf abgeschrieben haben, wenn ihr Mann seine Arbeit erst drei Jahre später veröffentlicht hat? Da hilft ein Blick ins Literaturverzeichnis, so der Plagiatsprüfer. In beiden Schriften findet sich ein Hinweis, wann die Quellenrecherche abgeschlossen wurde: bei Frauke Brosius-Gersdorf im Juni 1997, bei ihrem Ehemann im November 1997. Warum die Schrift des Ehemanns erst drei Jahre später veröffentlicht wurde, ist unklar – komme aber immer wieder vor, sagt Weber.
„Aus dem Publikationsdatum folgt exakt nichts", sagt Weber. Zu den Spekulationen rund um mögliche Auftraggeber erklärt der Plagiatsprüfer: „Es gibt keine Auftraggeber.“
Berliner-zeitung