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Die Glarner erobern am Esaf die Herzen der Schweiz mit einem Fest der Gastfreundschaft

Die Glarner erobern am Esaf die Herzen der Schweiz mit einem Fest der Gastfreundschaft
Das Esaf 2025 in der Glarner Bergwelt war beste Werbung für den Schwingsport.

Michael Buholzer / Keystone

Der kleine Kanton kann’s – der Kanton Glarus mit seinen rund 40 000 Einwohnern war am Wochenende mit dem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (Esaf) die Festhütte der Schweiz. Mit grosser Herzlichkeit und viel Charme haben die Glarner gezeigt, dass das Esaf auch auf dem Land, abseits der grossen Verkehrswege funktionieren kann.

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In der grandiosen Kulisse der Glarner Alpen, die am Sonntag von der Sonne angeleuchtet wurden, hatte der Anlass zeitweise fast den Zauber eines Bergfestes. Fast ein Wunder angesichts der Tatsache, dass der Schwinget in einer gewaltigen Arena für 56 500 Zuschauer stattfand und auch der Flugplatz Mollis an normalen Tagen kein sehr einladender Ort ist.

Zur guten Stimmung trug auch bei, dass es für die Einheimischen nahezu perfekt lief. Mit dem Bündner Armon Orlik gewann ein Angehöriger des gastgebenden Nordostschweizer Schwingerverbandes den Königstitel. Dies gelang ihm allerdings erst nach einem eher enttäuschend verlaufenen rein nordostschweizerischen Schlussgang zwischen Werner Schlegel und Samuel Giger; der Toggenburger und der Thurgauer stellten.

Mithilfe der Nachbarn

Der reibungslose Ablauf dieses Grossanlasses ist in erster Linie das Verdienst der Gastgeber. Die Aufschrift «Chani hälfe?» auf den T-Shirts der über 8000 Helferinnen und Helfer – eine Rekordzahl am Esaf – war mehr als eine Floskel. Überall, wo man sie brauchte, waren die fleissigen Gastgeber zur Stelle. Vom Guten-Morgen-Gruss «Äs schöös Fescht» bis zur freundlichen, aber bestimmten Aufforderung an die letzten Überhöckeler im Festzelt: Die sympathischen Glarner und ihre Mitstreiter sorgten dafür, dass Mollis als glanzvolles Fest in die Geschichte des Schwingsports eingehen wird.

Eine Alphorngruppe wartet auf ihren Einsatz beim Festakt am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest 2025.

Michael Buholzer / Keystone

Clever, wie sie sind, haben sich die Einwohner des kleinen Kantons nicht überschätzt und deshalb auch auf Unterstützung von auswärts gesetzt. Nicht nur in den drei Glarner Gemeinden wurden Helfer rekrutiert, sondern auch in 23 umliegenden Gemeinden in den Kantonen St. Gallen und Schwyz. Einer von ihnen ist Kurt Baumer aus Schmerikon (SG). Als Zuschauer war der Schwingfan bereits bei 16 Eidgenössischen dabei. Zum dritten Mal stand er nun auch als Helfer im Einsatz. Im Vorfeld führte er Besucher über das Festgelände und durch die noch leere Arena.

«Unter den Helfern besteht vor und nach dem Fest ein einmaliger Zusammenhalt, der weit über den Schwingsport hinausreicht», sagt Baumer. «Es entstehen Freundschaften, die man alle drei Jahre wieder aufleben lassen kann.» Seine Funktion hat den unbestreitbaren Vorteil, dass er am Esaf-Wochenende als Fan im Stadion live dabei sein kann. Doch auch die fleissigen Geister, die am Wochenende schufteten, kamen in den Genuss einer Prise Sägemehl. Wann immer die Helfer Zeit hatten, konnten sie sich auch auf einer eigens dafür eingerichteten Tribüne ein paar Gänge anschauen. Doch dann hiess es wieder anpacken.

Es sind die kleinen Gesten und Gespräche, die jedes Eidgenössische prägen und in dieser seit 1895 bestehenden Galerie zu einem besonderen Anlass machen. Inzwischen hat dieser Traditionsanlass derartige Dimensionen erreicht, dass der Gestaltungsspielraum der jeweiligen Organisatoren beschränkt ist. Es gilt einen rigiden Anforderungskatalog des Eidgenössischen Schwingerverbandes (ESV) zu erfüllen, der über hundert Seiten umfasst.

Falls es im Vorfeld Bedenken gab, dass die Glarner in dieser Hinsicht nicht genügen, wurden diese rasch zerstreut. Das befürchtete Verkehrschaos ist ausgeblieben. Der öffentliche Verkehr ins Tal hat weitgehend reibungslos funktioniert, und auch die Staus auf der Strasse hielten sich in Grenzen. Offensichtlich haben die Festteilnehmer sich die Aufforderung des OK, «früher kommen und später gehen», zu Herzen genommen. Angesichts der Gastfreundschaft fiel es den Besuchern auch leicht, etwas länger im Zigerschlitz zu verweilen.

Erstaunlich, aber inzwischen zur erfreulichen Gewohnheit geworden, ist, wie wenig Präsenz von Sicherheitskräften an dem Mega-Event Eidgenössisches notwendig ist. Wenn anderswo innerhalb von drei Tagen auf engem Raum über 300 000 Menschen aufeinandertreffen, ist bei den Sicherheitskräften stets eine gewisse Nervosität und Spannung zu spüren.

Nicht so in Mollis. Hier genügte die verstärkte Glarner Kantonspolizei, um zusammen mit privaten Sicherheitsdiensten für eine friedliche Stimmung zu sorgen. Die grösste Gefahr waren neben ein paar Betrunkenen denn auch nicht die Messer, die zahlreiche Zuschauer in die Arena mitgebracht hatten. Es waren die leeren Glasflaschen, die ab und zu unbeabsichtigt von der Tribüne purzelten.

Mit der immer grösser werdenden Fanmeile rund um das eigentliche Schwingfest gingen die Organisatoren ebenfalls locker um. Sie konnten und wollten zwar nicht verhindern, dass die Sponsoren immer grössere und ausgefallenere Attraktionen präsentieren. Doch sie unternahmen alles, um wenigstens eine sanfte Glarnifizierung zu erreichen. So gab es zumindest in den Festzelten das traditionelle Landsgemeindeessen Kalberwurst und auch auf den traditionellen Netzbraten mussten Einheimische und Gäste nicht verzichten.

Dass die zu starke Vermischung von Kommerz und Landesinteressen zu Verwirrung führen konnte, zeigte sich bei einem der meistbesuchten Stände. So rief ein Bub begeistert: «Mami schau, dort steht ein Panzer von Victorinox!» Seine Mutter hatte einige Mühe, dem Jungen zu erklären, dass das Schild mit dem Schweizerkreuz in diesem Fall nicht für den Messerhersteller steht, sondern für die Armee. Diese gehörte zusammen mit dem Zivilschutz zu den grössten Gratisdienstleistern für das OK.

Leider wurde das Eidgenössische Schwingfest durch einen tragischen Unfall überschattet. Am Freitagabend wurde im Bereich des für die Schwingfans eingerichteten Campingplatzes ein 33-Jähriger von einem Zug erfasst. Der Mann erlitt tödliche Verletzungen.

Muni Max verlässt Glarus

Nicht nur von ihren Gästen aus der ganzen Schweiz, sondern auch von Muni Max müssen sich die Glarner verabschieden. Der Holzstier, der in den vergangenen Tagen und Wochen alle Blicke auf sich gezogen hat, wechselt das Territorium und zieht in den Nachbarkanton Uri. Investoren aus dem Kanton mit dem Stier im Wappen haben 1,85 Millionen Franken für die riesige Skulptur aufgebracht. Auch die Glarner hätten den 20 Meter hohen und 32 Meter langen Koloss gerne behalten. Eine Gruppe startete ein Crowdfunding, um dem Wahrzeichen im Kurort Braunwald eine neue Heimat zu geben.

Im Gotthardkanton wird es gar nicht so einfach sein, einen Standort für die Holzskulptur zu finden. «Aufgrund der enormen Dimensionen von Max ist das für den Kanton ein raumplanerisches Problem», meinte der Urner Ständerat Josef Dittli am Rande des Schwingfests augenzwinkernd. In grossen Dimensionen haben die Glarner in den letzten Jahren im Hinblick auf das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest oft gedacht. Insofern sind viele Glarner vielleicht froh, dass auch der Rummel um Muni Max zu Ende ist. Etwas Ruhe haben sie sich nach diesem Wochenende auf jeden Fall verdient.

nzz.ch

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