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Er zähmt den «jungen Löwen» erneut: Der Boxchampion Olexander Usik bleibt das Mass aller Dinge im Schwergewicht

Er zähmt den «jungen Löwen» erneut: Der Boxchampion Olexander Usik bleibt das Mass aller Dinge im Schwergewicht
Olexander Usik (r.) bezwingt in London Daniel Dubois.

Daniel Dubois muss das grösste Projekt seiner sportlichen Karriere verschieben. Der 27-jährige Boxprofi aus London wollte am Samstagabend mit einem Sieg über den elf Jahre älteren Ukrainer Olexander Usik zum ersten unumstrittenen Schwergewichts-Weltmeister seit Lennox Lewis (bis 2004) avancieren. Er sah sich als den «jungen Löwen», wie er tönte, dessen grosse Zeit nun gekommen sei.

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Stattdessen wurde der Mann mit dem Beinamen «Dynamite» nach nicht einmal fünf Runden und knapp 14 Minuten in der ausverkauften Wembley Arena vom Ringrichter ausgezählt. Er hatte sich binnen weniger Momente zwei Volltreffer vom Routinier und Rudelführer Usik eingefangen, der nun zum zweiten Mal alle vier relevanten WM-Titel (WBC, WBA, IBF und WBO) innehält.

Konter «Ivan» müsse man sich wie einen grossen, finsteren Kerl vorstellen

Es dürfte für Dubois die bisher schmerzhafteste von 3 Niederlagen in 25 Ringduellen gewesen sein, weil das Kraftpaket gerade seine boxerischen Fortschritte unter Beweis stellen wollte. Die waren ihm von Beobachtern attestiert worden, vor allem nach dem krachenden Abbruchsieg über den zweifachen Ex-Champion Anthony Joshua, dank dem Dubois vor zehn Monaten an gleicher Stelle den vakanten IBF-Gürtel erobert hatte.

Dabei erschien sein nächster Gegner als willkommenes Demonstrationsobjekt, trotz den Erinnerungen an ihr letztes Duell: Usik hatte Dubois beim ersten Termin vor zwei Jahren in Breslau (Wroclaw) fast nach Belieben beherrscht und in der 9. Runde ausgeknockt. Alle Einwände aus der britischen Ecke wegen eines Körpertreffers ihres Athleten, der als Tiefschlag gewertet wurde, konnten daran nichts ändern.

Statt einer erfolgreichen Revanche erlebten nun die 90 000 Zuschauenden in London den erneuten Systemabsturz des designierten Helden. Dubois vergass auch im zweiten Versuch, den so kompletten wie flexiblen Rechtsausleger mit Jabs und Kombinationen unter Druck zu setzen – und wurde schon Ende der zweiten Runde von einem präzisen Wirkungstreffer durchgeschüttelt.

Das Muster wiederholte sich, da Dubois zu geradlinig agierte, während sein Gegenüber immer neue Winkel für gut getimte Konter mit beiden Händen fand. In der fünften Runde dann legte Usik sein Rekordgewicht von 103,1 Kilogramm in zwei folgenschwere Schläge. Nummer eins holte Dubois von den Beinen; Nummer zwei beendete das Geschehen.

Das sei «Ivan» gewesen, erklärte Usik nachher der versammelten Medienschar: ein weit hergeholter Konter mit der linken Schlaghand, den man sich als grossen, finsteren Kerl vorzustellen habe, aber eben auch als «my friend».

Zuletzt lebte er mit vierzehn Leuten in einem Haus

Mit solch charmanten Exkursen gelingt es dem weiter ungeschlagenen Nachfahren von Tataren (24 Siege), die Frustration der britischen Boxnation in überschaubaren Grenzen zu halten. Sie müsste ihn sonst wohl zum Teufel wünschen, da er in den letzten fünf Jahren so viele ihrer Hoffnungsträger ausmanövriert hat, zum Teil mehrfach und bevorzugt auf ihrem Terrain – unter ihnen Joshua, Dubois und Tyson Fury.

Stattdessen ist da eine Menge Respekt, wenn nicht Bewunderung gewachsen. «Olexander Usik ist eine Legende der heutigen Zeit», stellte der Promoter Frank Warren, der die weltweit beachtete Boxnacht organisiert hatte, noch an den Ringseilen fest: «Keine Beschwerden, keine Ausreden.»

Der streitbare Chef von Queensberry Promotions zeigte sich in Wembley weitaus souveräner als in Breslau, wo er sich über die angebliche Benachteiligung seines Protégés Dubois heftig erregt hatte. Seinerzeit hatte er den Medienvertretern mit feuerrotem Kopf erklärt, auf welcher Körperhöhe ein Boxer den Tiefschutz zu tragen habe. Noch schwerer wiegt im Zweifel jedoch das Lob, das der Ex-Champion Lennox Lewis dem Sieger des Abends zollte: «Dieses Bleib-in-Bewegung-Ding funktioniert.»

Inzwischen weiss selbst die Fachwelt kaum noch, wer den so kompletten Usik künftig gefährden könnte. Er selbst liess etwaige Pläne offen, um sich für «zwei, drei Monate» bei der Familie auszuruhen: «Ich habe dreieinhalb Monate mit vierzehn Leuten in einem Haus gelebt.»

nzz.ch

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