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Halbfinale der French Open: Zerstörer schlägt Altmeister

Halbfinale der French Open: Zerstörer schlägt Altmeister

Als sich die Frage nach seinem Finalgegner bei den French Open entschied, legte Carlos Alcaraz die Beine hoch. Er hatte sich schon späten Nachmittag gegen den Italiener Lorenzo Musetti durchgesetzt, der das Halbfinale vorzeitig beim Stand von 4:6, 7:6 (3), 6:0 und 2:0 wegen einer Muskelverletzung beenden musste. Anschließend absolvierte Alcaraz das übliche Programm samt Interviewrunden und machte es sich – verspätet, aber noch rechtzeitig – vor dem Bildschirm bequem. Das Abendprogramm laut Alcaraz: „Eines der besten Tennismatches, die es gibt: der, der alle zerstört, gegen den, der 24 Grand-Slam-Titel gewonnen hat.“

Es gewann der Zerstörer, Jannik Sinner aus Italien, der den Rekordsieger, Novak Djokovic, nach 3:16 Stunden 6:4, 7:5, 7:6 (3) bezwang.

Für Djokovic, 38 Jahre alt, bedeutet dies, dass er seinem Lebenstraum von einem zusätzlichen Triumph, der ihn zum alleinigen Rekordhalter krönen würde, weiter wird nachjagen müssen. Den Coupe des Mousquetaires, den er zuletzt 2023 in den Händen hielt, wird dieses Jahr ein Epigone aus Italien oder Spanien erobern. Ob es Djokovics Abschiedsmatch in Paris war, ließ er offen. „Es kann sein, dass das mein letztes Spiel hier in Roland Garros war. Die Atmosphäre war unglaublich, dafür wollte ich mich bedanken“, sagte der Serbe. „Will ich weiterspielen? Ja. Aber werde ich dazu in zwölf Monaten in der Lage sein? Das weiß ich nicht.“

Alexander Zverev hadert nach seinem Viertelfinal-Aus gegen Novak Djokovic mit dem Wetter. Dabei fehlte ihm nach starkem Start schlicht eine Antwort auf das taktisch flexiblere Spiel des Serben.

Djokovic hatte am Mittwoch im Viertelfinale den zehn Jahre jüngeren Alexander Zverev, die Nummer drei der Welt, besiegt. Das bescherte ihm, mit weniger Widerstand als erwartet (4:6, 6:3, 6:2, 6:4), eine Chance auf die Finalteilnahme. Am Freitag jedoch war Jannik Sinner vor 15 000 Zuschauer im Court Philippe-Chatrier über weite Strecken Herr der Lage.

Den Auftakt gestaltete der 24-jährige Weltranglistenerste aus Italien, der weiterhin keinen Satz im Turnier abgegeben hat, erwartet souverän. Im zweiten Satz boten beide den Zuschauern spektakuläre Ballwechsel und Djokovic erspielte sich einen Breakball. Es spricht für die Dominanz von Sinner, dass es in den letzten drei Duellen mit Djokovic (bei Turnieren in Schanghai, Melbourne, Paris) tatsächlich der erste (!) Breakball des Serben war. Kurz danach hatte Djokovic den Ausgleich zum 5:5 geschafft, verlor aber den Satz. Er ließ sich am Rücken und Oberschenkel behandeln, hatte im dritten Durchgang sogar drei Satzbälle. Aber Sinner wehrte kühl und mit präzisen Winkelschlägen alle Angriffe bis zum Tiebreak ab.

Sinner hat nach seiner dreimonatigen Dopingsperre nach dem Gewinn der Australian Open nun sofort das nächste Grand-Slam-Finale erreicht. Gegen einen Spieler, den er auf dem Platz als „Vorbild für alle anderen“ lobte. In Paris kann er seine Sammlung von drei Grand-Slam-Trophäen (Melbourne 2024, 2025; New York 2024) jetzt auf vier Exemplare, auf den Stand von Alcaraz, aufstocken.

Alcaraz, gerade 22 Jahre alt geworden, hat schon auf allen Belägen Grand-Slam-Titel gewonnen, auf dem Rasen von Wimbledon (2023, 2024), auf rotem Pariser Ziegelmehl (2024), auf New Yorker Hartplätzen (2022). Aber er mühte sich in seinem Halbfinale anfangs erheblich mit Musetti. Denn sein Gegner, Nummer sieben der Rangliste, zog die einhändige Rückhand weiter so unbeschwert durch wie in den Runden zuvor. Allerdings hatte der 23-jährige Italiener Glück, dass er im Match zuvor gegen den US-Amerikaner Frances Tiafoe einer Disqualifikation entgangen war, als er verärgert einen Ball ins Aus kickte und die Linienrichterin traf.

Am Freitag sicherte sich Musetti überraschend dank seines exzellenten Spiels den ersten Satz – aber auch dank Alcaraz, der Probleme mit seinem ersten Aufschlag hatte und nicht einmal 50 Prozent der Bälle ins Feld beförderte. Das müsse am Sonntag besser werden, sagte er. Unruhig werde er in solchen Situationen aber nicht: „Ein Grand Slam geht maximal über fünf Sätze: Da habe ich Zeit.“

Auch im zweiten Durchgang ging es aus Sicht des Spaniers schleppend weiter, zweimal machte Musetti einen Rückstand wett. Erst im Tiebreak drehte Alcaraz auf. Im dritten Satz, den er im Schnelldurchgang in 21 Minuten 6:0 gewann, erlangte er dann wieder seine spielerische Leichtigkeit, im vierten gab Musetti wegen Oberschenkelbeschwerden auf. „Auf diese Art möchte ich natürlich nicht gewinnen“, sagte Alcaraz auf dem Platz, und wünschte dem Kollegen, dem er eine exzellente Sandplatzsaison bescheinigte, eine gute Besserung. Musetti hat in Monte Carlo, Madrid, Rom und Paris von 18 Matches gewonnen und nur vier verloren.

Für Carlos Alcaraz steht am Sonntag noch das große Finale an, gegen Jannik Sinner. Oder wie er es vielleicht ankündigen würde: der Mann, der alles zerstört, gegen den Titelverteidiger.

süeddeutsche

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