Verletzt die KfW-Bank Menschenrechte?

Die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) ist eine deutsche Förderbank. Gegründet wurde sie 1948 mit dem Auftrag, die deutsche Wirtschaft nach dem verlorenen Krieg beim Wiederaufbau zu unterstützen. Ihr Startkapital stammte zum größten Teil aus dem Marshallplan, dem Förderprogramm der USA für den Wiederaufbau der Staaten Europas.
Seit 1961 ist die KfW für die finanzielle Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit Entwicklungsländern zuständig. Die Bank, die zu den größten und einflussreichsten Förderbanken der Welt zählt, ist eine "Anstalt des öffentlichen Rechts" und arbeitet mit einer Bilanzsumme von mehr als einer halben Billion Euro.
Die bundeseigene Bank finanziert Projekte auf der ganzen Welt, von Straßen in Afrika bis zu Wassersystemen in Asien. Doch was passiert, wenn vom Kreditgeber unterstützte Projekte ein ganzes Dorf vertreiben, einen Fluss verschmutzen oder Andersdenkende zum Schweigen bringen? Ein neuer Bericht über die Menschenrechtsbilanz der KfW-Bank zeigt, dass dies nicht nur Hypothesen sind, sondern reale Risiken, denen nicht angemessen begegnet wird. Die KfW wird mit Milliarden öffentlicher Gelder unterstützt, daher sind ihre Versäumnisse mehr als lässliche Sünden, sie werden schließlich vom deutschen Steuerzahler bezahlt.
Was wird der KfW vorgeworfen?Die "Koalition für Menschenrechte in der Entwicklung" (Coalition for Human Rights in Development - hier kurz CHRD) ist ein Zusammenschluss von mehr als 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie äußert in einem Bericht Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen der Auslandsprojekte der KfW auf gefährdete Gemeinschaften.

Die CHRD, zu der auch "Urgewald" gehört, eine in Deutschland ansässige Watchdog-Organisation, beobachtet die sozialen und ökologischen Auswirkungen der globalen Finanzwelt. Diese hat nun den Slogan der Entwicklungsbank (KfW - Bank aus Verantwortung) ins Visier genommen und wirft dem Kreditgeber "unverantwortliches Bankgeschäft" und die Verursachung "versteckter Schäden" vor.
Entwicklungsbanken wie die KfW betonen, wie sie die Zukunft in Schwellenländern gestalten. Der Bericht behauptet jedoch, dass vom Kreditgeber finanzierte Infrastrukturprojekte zu Zwangsumsiedlungen indigener Gemeinschaften in Indonesien, Mexiko und anderswo geführt hätten. Diese fänden ohne angemessene Einbindung der Einheimischen oder Entschädigungen statt.
Den Projekten werden auch Umweltschäden zur Last gelegt. Die Studienautoren heben Projekte in Ost- und Südeuropa hervor, die möglicherweise zur Luft- und Wasserverschmutzung beitragen und dabei kaum Transparenz oder Rechenschaftspflicht gewährleisten.

Marc Fodor, Kampagnenkoordinator der CHRD, ist der Ansicht, dass Umwelt- und Sozialthemen für die KfW "nur ein Beiwerk" für Geschäftsabschlüsse seien. Im Gespräch mit der DW sagte er, dass viele von der KfW geförderte Projekte ohne vorherige, informierte Zustimmung der lokalen Bevölkerung gestartet würden und damit gegen internationale Standards für die Rechte von Indigenen und partizipative Entwicklung verstießen.
Außerdem sei die eigene Untersuchung der KfW zu schweren Repressalien in Indonesien, wo indigene Völker Berichten zufolge verhaftet und misshandelt wurden, lediglich zu dem Schluss gekommen, die freie, vorherige und informierte Zustimmung sei "nicht respektiert" worden. "Es war nicht nur so, dass die Menschen nicht konsultiert wurden. Es war viel ernster", so Fodor.
Mangel an kultureller SensibilitätAls weiteres Beispiel erwähnt der Bericht ein Projekt in Kenia. Dort seien Massai-Gemeinschaften im Zusammenhang mit Geothermie- und Infrastrukturprojekten im Gebiet der Kedong Ranch, etwa 93 Kilometer nordwestlich von Nairobi, umgesiedelt worden. Dieses Land ist seit langem umstritten, da Massai-Gruppen es als ihren angestammten Besitz für sich beanspruchen.
Fodor zufolge seien die Massai in "kulturell unangemessenen" neuen Behausungen untergebracht worden, die ihren Traditionen nicht entsprachen und zu Isolation und dem Zusammenbruch der Gemeinschaft führten.
Ein weiteres Beispiel sei Indonesien. Mitglieder der Gemeinschaft der Pocoleok, die sich gegen den Ausbau eines von der KfW finanzierten Geothermiekraftwerks wehrten, wurden eingeschüchtert und misshandelt, als sie Bedenken hinsichtlich ökologischer und kultureller Schäden äußerten.

Neben der Nennung umstrittener KfW-Projekte kritisierte der Bericht auch das Beschwerdeverfahren als "langsam, undurchsichtig und für viele Betroffene unzugänglich". Der Kreditgeber versäume, "Repressalien gegen Personen, die Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen seiner Projekte äußern, zu verhindern und zu beheben".
Bei einer Beschwerde in Uganda bestritt die KfW zunächst ihre Beteiligung, bis ein Gemeindemitglied ein Dokument mit dem Logo der Bank vorlegte. Der Bericht wirft der KfW kein vorsätzliches Fehlverhalten vor, weist aber darauf hin, dass die Sorgfalts- und und Aufsichtspflicht der Bank unzureichend sei. Er selbst, so Fodor zur DW "konnte die Richtlinien nicht verstehen - obwohl das mein täglich Brot ist."
Was fordert die CHRD?Die KfW müsse strukturelle Veränderungen angehen - etwa einen unabhängigen Rechenschaftsmechanismus mit klaren Menschenrechtsgarantien einrichten. Darüber hinaus fehlten Maßnahmen zur Verhinderung von Repressalien. Es müssen ein öffentlicher Zugang zu Projektdokumenten und eine umfassende Konsultation der betroffenen Gemeinden vor der Genehmigung von Finanzierungen gewährleistet sein.
Viele andere Entwicklungsbanken haben bereits Schritte in diese Richtung unternommen: Die Weltbank und die Asiatische Entwicklungsbank veröffentlichen detaillierte Umwelt- und Sozialbewertungen online. Die Europäische Investitionsbank (EIB) - der internationale Entwicklungsfinanzierer der EU - verfügt über eine zentrale Beschwerdestelle, die teilweise unabhängig ist.
"Verantwortungsvoller Umgang ist selbstverständlich"Als Reaktion auf den Bericht veröffentlichte die KfW eine Erklärung. Darin heißt es, für alle Geschäftsbereiche der KfW seien die Achtung der Menschenrechte und der verantwortungsvolle Umgang mit Umwelt- und Sozialrisiken "selbstverständlich". "Für alle Finanzierungen der KfW und ihrer Tochtergesellschaften gebe es Richtlinien zur Nachhaltigkeit." Diese schrieben "Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen für alle finanzierten Projekte vor", heißt es in der Erklärung weiter.
Die KfW betont, international anerkannte Standards einzuhalten, um die Finanzierung von Projekten zu vermeiden, die Menschen oder der Umwelt schaden. Darüber hinaus würden indigene Gemeinschaften in Fällen schwerwiegender potenzieller Schäden in den Prozess einbezogen. "Wenn Risiken als inakzeptabel erachtet werden, wird eine Finanzierung abgelehnt", so die Erklärung abschließend.
Auf Anfrage der DW nahm die KfW auf bestimmte im Bericht erwähnte Projekte Bezug und schrieb uns, dass die Beschwerden von NGOs über das Biomasseprojekt in Serbien untersucht worden seien und sich die Vorwürfe als "völlig unbegründet erwiesen" hätten. Die Bank teilte mit, die NGOs hätten sich daraufhin entschuldigt und die Vorwürfe von ihren Websites entfernt.
In Bezug auf ein von der KfW gefördertes Projekt im indonesischen Ulumbu erklärte die Bank, sie habe "die Finanzierung der geplanten Infrastrukturmaßnahmen ausgesetzt" und ihren lokalen Partner aufgefordert, die Auswirkungen des Projekts auf die lokalen Gemeinden vollständig zu untersuchen.
Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.
dw