Wenn der Broker an Ihrem Küchentisch sitzt: was Sie über Versicherungsvermittler wissen sollten


Sie kamen ins Haus wie alte Bekannte. Der Anzug sass, die Aktentasche glänzte, das Lächeln war freundlich – und sie hatten Zeit. Versicherungsvermittler, die sich an den Küchentisch setzten und über finanzielle Absicherung, Vorsorge und Verantwortung sprachen. Wir waren junge Eltern, die Kinder spielten im Hintergrund, während der Broker mit angenehmer Stimme erklärte, was nun wichtig sei im Leben.
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Er war charmant und zugewandt – bis er nach einigen Wochen bei Sparplänen und Lebensversicherungen zunehmend drängte.
Heute wissen wir: Skepsis war keine schlechte Strategie. Lebensversicherungen sind komplexe Gebilde – sie verbinden Sparkomponenten mit Risikoschutz, laufen über Jahrzehnte, binden Kapital, kosten Gebühren. Wer solche Produkte verkauft, sollte nicht nur gut geschult sein, sondern auch im Interesse der Kundinnen und Kunden handeln. Genau an dieser Stelle wird es spannend.
In der Schweiz unterscheidet man zwischen gebundenen und ungebundenen Vermittlern. Gebundene verkaufen die Produkte einer Versicherungsgesellschaft, für die sie arbeiten. Ungebundene hingegen sollten unabhängig beraten und stehen im Treueverhältnis zum Kunden. Die Vermittler sind verpflichtet, beim Erstkontakt zu deklarieren, zu welcher Kategorie sie gehören. Und vor einem Abschluss müssen sie die Entschädigung, die sie von der Versicherung erhalten, offenlegen.
Das ist der erste Praxistest: Sagt der Vermittler von sich aus, zu welcher Kategorie er gehört und wie er bezahlt wird? Nein? Dann fragen Sie nach – oder verabschieden Sie den Vermittler höflich.
Rund 10 000 ungebundene Versicherungsvermittler gibt es in der Schweiz. Viele sind seriös – aber nicht alle. Seit Juli 2025 ist die sogenannte Fähigkeitsprüfung von Vermittlern neu geregelt: Wer Lebensversicherungen verkaufen will, braucht eine spezifische Zulassung. Es gibt neu Prüfungsblöcke – etwa für Leben, Nicht-Leben oder Krankenzusatz. Unser Rat: Prüfen Sie den Namen Ihres Vermittlers im öffentlichen Finma-Register (finma.ch). Dort sehen Sie, ob die Person überhaupt Lebensversicherungen vermitteln darf.
Ein Warnsignal: Vermittler, die nur Chancen betonen und Risiken ausblenden. Gerade bei fondsgebundenen Policen ist das verbreitet. Simon Tellenbach vom VZ-Vermögenszentrum bringt es auf den Punkt: «Ein Vermittler, der nur die Vorteile preist und das Risiko verschweigt, berät einseitig und nicht im Interesse des Kunden.»
Bei Lebensversicherungen mit langer Laufzeit kann die Abschlussprovision eine ganze Jahresprämie betragen. Das lohnt sich – für den Vermittler. Auch bei Hypotheken gibt es Provisionen: Manche Banken zahlen einem Vermittler etwa 0,1 Prozent der Hypothekarsumme pro Jahr. Kein Wunder, dass Hausratversicherungen seltener beworben werden – da winkt keine nennenswerte Entschädigung.
Rat Nummer 3: Wer kritische Fragen stellt, trifft die besseren Entscheidungen. Soll die Dienstleistung über Provisionen entschädigt werden – oder lieber auf Honorarbasis? Gibt es Alternativen? Und wie flexibel ist der Vertrag, wenn sich die Lebensumstände verändern?
Unser Fazit: Versicherungsberatung ist kein Hexenwerk, aber auch kein Spaziergang. Wer Zweifel hat, darf auch eine zweite Meinung einholen oder sich an die Finma wenden. Es geht schliesslich um Ihr Geld. Und das sollte geschützt sein – nicht nur versichert.
nzz.ch