Sprache auswählen

German

Down Icon

Land auswählen

Germany

Down Icon

Zollstreit: EU fordert klare Garantien von den USA – Warnung vor einseitigem Deal

Zollstreit: EU fordert klare Garantien von den USA – Warnung vor einseitigem Deal

Wird ein großes Zollabkommen die Wiedereinführung der US-Zölle von 20 Prozent auf alle EU-Produkte am Mittwoch noch verhindern, Herr Lange?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Inzwischen ist klar, dass ein umfassendes Handelsabkommen in der Kürze der Zeit schlicht nicht machbar ist. Realistisch ist nur ein Rahmenwerk mit einigen grundsätzlichen Vereinbarungen zwischen den USA und der EU. Danach müsste über die Details weiterverhandelt werden. Entscheidend ist die Frage: Werden die USA die ausgesetzten 20-Prozent-Zölle weiter pausieren? Wenn sich die Gespräche noch monatelang hinziehen, reden wir über Zölle in Milliardenhöhe. Aus meiner Sicht müssen sie während der Verhandlungen gesenkt oder ganz ausgesetzt werden. Schließlich gibt es längst eine politische Grundsatzeinigung.

EU-Erfahrung hat er: Bernd Lange (69 Jahre) ist seit 1994 (mit fünfjähriger Unterbrechung) Europaabgeordneter für die SPD. Seit 2014 leitet er als Vorsitzender den Ausschuss für internationalen Handel des EU-Parlaments.

Es heißt, Trump bevorzugt eine symbolische Lösung mit wenigen Produkten, die er als großen Erfolg verkaufen kann, anstatt eines detaillierten Abkommens.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Das stimmt, doch die EU-Kommission hat mit den USA intensiv über Details verhandelt: etwa, was „nachhaltiger Stahl“ konkret heißt oder wann Produkte aus den USA mit chinesischem Bauteilen als „Made in China“ und wann als „Made in USA“ zu bewerten sind – und welcher Zollsatz dann gilt. Bisher haben die USA nur zwei Zoll-Abkommen geschlossen, mit Großbritannien und Vietnam, und beides sind auch nur Rahmenwerke. Und auch da ist unklar, was mit chinesischen Unternehmen passiert, die etwa in Vietnam produzieren.

US-Präsident Donald Trump spricht im April während einer Veranstaltung zur Ankündigung neuer Zölle im Rosengarten des Weißen Hauses. Trump zeigt, welche Länder genau welche Zölle zahlen sollen.

US-Präsident Donald Trump spricht im April während einer Veranstaltung zur Ankündigung neuer Zölle im Rosengarten des Weißen Hauses. Trump zeigt, welche Länder genau welche Zölle zahlen sollen.

Quelle: Mark Schiefelbein/AP/dpa

Besteht bei einem schnellen Deal, wie ihn die Bundesregierung favorisiert, nicht die Gefahr, dass die USA als alleiniger Gewinner hervorgehen?

Genau das ist bei Großbritannien und Vietnam passiert: Beide wollten schnelle Ergebnisse und die USA gingen am Ende als großer Gewinner hervor. Offenbar war ihnen ein schnelles Ergebnis wichtiger. Aber mit der EU kann Trump das nicht einfach wiederholen. Wenn Zölle geändert werden, muss das Europäische Parlament zustimmen und wir haben der EU-Kommission deutlich gemacht, dass wir einem einseitigen Abkommen mit den USA nicht zustimmen werden. Ein Deal muss in beiderseitigem Interesse sein, sonst gibt es keinen.

Die USA haben eine Wunschliste übermittelt: Sie wollen mehr Autos bei uns verkaufen, sowie ihr berüchtigtes Hormonfleisch und Chlorhühnchen. Sind das akzeptable Zugeständnisse?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Unsere Gesetze ändern wir sicherlich nicht für einen Deal mit Trump. Die EU hat hohe Standards bei der Lebensmittelsicherheit und die gelten auch für die USA, wenn sie bei uns Geschäfte machen wollen. Hormonbehandeltes Rindfleisch bleibt weiter tabu, aber die USA können schon heute hochwertiges Fleisch bei uns verkaufen. Die zollfreie Einfuhrquote schöpfen die US-Unternehmen nur zur Hälfte aus – solche Forderungen sind also reine Symbolpolitik. Bei Autos könnten wir über gegenseitige Anerkennung von Crashtests und Zollsenkungen reden. Dann werden die Autos etwas günstiger, aber nicht zwangsläufig beliebter. Wer kauft sich in Deutschland schon statt eines VW Golfs dann einen Pickup von Ford?

Es gibt bereits Zölle von 10 Prozent auf alle Waren aus der EU. Könnten diese zum Dauerzustand werden?

Ja, ich bin überzeugt: Trump will einen Zollsatz von 10 Prozent als neues Normal für die EU – und für weite Teile der Welt etablieren. Und das ist nur die Basis. Obendrauf kommen jene Zölle, die individuell ausgehandelt oder spontan verhängt werden. Die US-Regierung braucht die Zolleinnahmen dringend, denn Trump nutzt sie ganz offensichtlich als Spielgeld für seine kostspieligen Wahlgeschenke. Im letzten Jahr haben die USA 7 Milliarden Euro durch Zölle auf EU-Produkte eingenommen. Bleibt es bei den „nur“ 10 Prozent, dürfte Trump dieses Jahr rund 100 Milliarden Euro kassieren. Es geht also um gigantische Summen und die US-Seite wird alles daran setzen, sich diese Einnahmen nicht nehmen zu lassen.

Viele Unternehmen wollen vor allem ein schnelles Ende des Zollstreits, um überhaupt wieder planen zu können. Ist ein Ende mit Schrecken also besser als ein Schrecken ohne Ende?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Ich setze darauf, dass wir bis Mittwoch eine finale Lösung im Zollstreit erreichen. Das ist ganz zentral für Investitionsentscheidungen und längerfristige Handelsbeziehungen. Die EU ist deshalb bereit, den USA mit Zugeständnissen weit entgegenzukommen, selbst wenn es sich de facto um erpresserische Forderungen handelt. Wir wollen endlich Klarheit und Stabilität und sind dafür zu Kompromissen bereit. Aber eines ist klar: Wenn es einen Deal gibt, muss Schluss sein mit weiteren US-Forderungen. Derzeit laufen in den USA noch sieben Untersuchungen zu möglichen neuen Zöllen, etwa auf europäische Pharmaprodukte. Die müssen eingestellt werden. Es darf nicht passieren, dass wir heute eine Einigung erzielen und Trump zwei Wochen später plötzlich 30 Prozent Zölle auf Medikamente verkündet. Wir brauchen die verbindliche Zusage: Der Zollstreit mit der EU ist endgültig vom Tisch.

Und diese Zusage wird Trump den Europäern geben?

Ganz offen gesagt: Ich habe erhebliche Zweifel, ob ein Deal die Unsicherheit für Unternehmen gänzlich beseitigt. Trump behält sich immer vor, spontan auszuscheren oder mit neuen Forderungen aufzuwarten. Aber ein klarer erster Schritt wäre es trotzdem und der ist überfällig.

rnd

rnd

Ähnliche Nachrichten

Alle News
Animated ArrowAnimated ArrowAnimated Arrow