130 Millionen für Münchner Startup Proxima Fusion: Dieser 32-Jährige will das erste Fusionskraftwerk der Welt bauen

130 Millionen für ein Versprechen der Zukunft: Warum dieses Münchner Startup jetzt die größte Fusionsfinanzierung Europas einsammelt – und was es damit vorhat.
Das Münchener Fusions-Startup Proxima Fusion sammelt in einer Series-A-Finanzierungrunde 130 Millionen Euro (150 Millionen US-Dollar) neues Kapital ein. Das gab das Unternehmen am Mittwochmorgen bekannt.
Die Runde wurde von dem Berliner VC Cherry Ventures und dem Londoner VC Balderton Capital angeführt. Ebenfalls beteiligt haben sich UVC Partners, der DTFC (DeepTech & Climate Fonds), Plural, Leitmotif, Lightspeed und Bayern Kapital. Auch Bestandsinvestoren wie Redalpine investierten erneut.
Die Runde ist damit die größte private Investitionsrunde im Bereich der Fusionsenergie in Europa und eine der größten weltweit. Den Rekord hält das US-Unternehmern Commonwealth Fusion Systems (CFS) aus Cambridge.
CFS sammelte Ende 2021 1,8 Milliarden US-Dollar in einer Series-B ein. Marvel Fusion aus Deutschland – inzwischen mit Hauptsitz in den USA – bekam im März 120 Millionen US-Dollar. Ebenso wie Proxima Fusion arbeiten die Unternehmen daran, Fusionsenergie kommerziell nutzbar zu machen.
Wir wollen Geschichte schreiben
Aktuell läuft ein Wettrennen zwischen Fusions-Startups, das weltweit erste Fusionskraftwerk zu bauen. Erste Prototypen-Kraftwerke sollen demnach Anfang der 2030er-Jahre nutzbar werden.
Proxima Fusion aus Bayern bekam dafür bislang mehr als 185 Millionen Euro (200 Millionen Dollar) an öffentlichen und privaten Mitteln – inklusive der aktuellen Finanzierungsrunde. Und es dürfte noch deutlich (also wirklich viel) mehr Kapital nötig werden: Der Bau eines Fusionskraftwerks gilt als Milliarden-Projekt. Staatliche Unterstützung werde zukünftig „unerlässlich sein“, wie einer der Gründer und CEO des Unternehmens, Francesco Sciortino, im Interview mit Gründerszene betonte.
Zum Interview mit Proxima-CEO Francesco Sciortino:
Seit etwa einem Jahrhundert schon denkt die Menschheit über Kernfusion nach. Fusionsenergie entsteht, wenn zwei sehr leichte Atomkerne – meist Wasserstoffkerne – so stark zusammengepresst werden, dass sie zu einem neuen, schwereren Kern verschmelzen. Dabei wird Energie freigesetzt. Die Sonne und Sterne erzeugen so Energie.
Könnte die Menschheit diese Art der Energieerzeugung für sich nutzbar machen, hätte das Vorteile: Kernfusion könnte uns quasi unbegrenzt Energie liefern, die keine CO₂-Emissionen erzeugt. Und anders als bei der Atomkraft gibt es bei der Kernfusion keine unkontrollierten Kettenreaktionen. Zudem wird kein Uran benötigt, was den entstehenden radioaktiven Abfall deutlich reduziert.
Proxima Fusion wurde 2023 als Spin-Out des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) gegründet. Das Gründerteam kommt von der Max-Planck-Gesellschaft, vom MIT und von Google.
Das Startup wurde gegründet, nachdem Wissenschaftler 2022 in der Forschung an sogenannten Stellaratoren – ein bis dato theoretisches Konzept für Anlagen, die zuverlässig Fusionsenergie erzeugen sollen – einen Durchbruch erzielten und das letzte physikalische Problem für gelöst erklärten. Maßgeblich daran beteiligt war damals eine Gruppe von Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald und München.

Anfang 2025 stellte Proxima Fusion gemeinsam mit dem IPP und weiteren Partnern das erste Konzept zum Bau einer solchen Stellarator-Anlage vor. Mithilfe dieser vielversprechend geltenden Technologie hat Proxima Fusion voraussichtlich gute Chancen, zu den ersten Unternehmen weltweit zu gehören, das ein Fusionskraftwerk baut.
Mithilfe der neuen Finanzierung will das Unternehmen bis 2027 seine Modellspule für Stellaratoren fertigstellen. Im nächsten Schritt will Proxima Fusion zudem final einen Standort für seinen Demonstrations-Stellarator Alpha sichern – vereinfacht ausgedrückt ist das eine Art Vorstufe zu einem Fusionskraftwerk. Man sei dafür bereits in Gesprächen mit mehreren europäischen Regierungen, so das Unternehmen. Alpha soll demnach 2031 in Betrieb gehen.
Zudem plane das Unternehmen, sein mehr als 80-köpfiges Team in seinen drei Niederlassungen weiter ausbauen: Am Hauptsitz in München, am Paul-Scherrer-Institut (PSI) in der Nähe von Zürich und auf dem Culham Fusionscampus in der Nähe von Oxford (Großbritannien).
In der Vergangenheit sammelten die Münchener in einer Pre-Seed-Runde im Mai 2023 erst sieben Millionen Euro ein und schlossen wenig später eine Angel-Runde mit einer halben Million Euro ab. In einer Seed-Runde im April 2024 kamen weitere 20 Millionen Euro hinzu. Die aktuelle Runde markiert damit einen Meilenstein für das Startup.
businessinsider