Der Streit zwischen Donald Trump und Elon Musk gefährdet die Rückkehr der USA zum Mond. Denn ohne SpaceX werden sie es nicht schaffen


Noch vor einer Woche waren Donald Trump und Elon Musk ein Herz und eine Seele. Doch seither hat sich zwischen dem amerikanischen Präsidenten und seinem ehemaligen Freund und Berater ein Rosenkrieg entwickelt. Der Auslöser des Konflikts ist die umstrittene Steuergesetzvorlage «One Big Beautiful Bill Act», die von Musk vehement abgelehnt wird. Inzwischen geht es aber um weit mehr. Wenn die beiden sich nicht bald besinnen, drohen schwerwiegende Konsequenzen für das amerikanische Raumfahrtprogramm. Im schlimmsten Fall fliegt Amerika weder zum Mond noch zum Mars.
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Dass die Auseinandersetzung zwischen Trump und Musk auf die Weltraumpolitik der USA überzugreifen droht, hatte sich bereits am vergangenen Wochenende abgezeichnet. Zum Erstaunen vieler Raumfahrtexperten machte der amerikanische Präsident die Nominierung des Geschäftsmanns und Amateur-Astronauten Jared Isaacman zum Nasa-Direktor rückgängig. Aus heutiger Sicht muss man sagen: Isaacman war vermutlich ein Bauernopfer. Er stolperte über seine Nähe zu Elon Musk, dem Isaacman seine Nominierung zu verdanken hatte.
Ein Schlagabtausch in den sozialen NetzwerkenInzwischen hat der Konflikt ganz andere Dimensionen angenommen. Auf seinem Internetdienst Truth Social drohte Trump damit, SpaceX und anderen Firmen von Musk Regierungsaufträge zu entziehen. Musk liess das nicht auf sich sitzen. Auf X kündigte er an: «In Anbetracht der Erklärung des Präsidenten über die Stornierung meiner Regierungsverträge wird SpaceX sofort mit der Stilllegung seines Dragon-Raumschiffs beginnen.»
Auch wenn Musk diese Drohung inzwischen wieder zurückgenommen hat: Deutlicher konnte er nicht machen, wie abhängig die USA von Musks Raumfahrtfirma SpaceX sind. Würde Musk seine Drohung wahr machen, wäre das vermutlich das Ende der amerikanischen Beteiligung an der Internationalen Raumstation. Denn das Dragon-Raumschiff ist derzeit das einzige amerikanische Raumschiff, das Astronauten zur ISS transportieren kann.
Der Starliner vom Konkurrenzunternehmen Boeing kehrte im vergangenen Jahr wegen technischer Mängel ohne die beiden Astronauten Suni Williams und Butch Wilmore zur Erde zurück. Und bei der gegenwärtigen weltpolitischen Lage ist es kaum vorstellbar, dass die USA wieder Sitze in russischen Sojus-Kapseln buchen wie vor der Inbetriebnahme des Dragon-Raumschiffs.
Auch bei der Entsorgung der ISS sind die USA von Musk abhängig. Die USA wollen den amerikanischen Teil der ISS nach 2030 gezielt zum Absturz bringen. Erst im vergangenen Jahr erteilte die Nasa SpaceX den Auftrag, ein dazu fähiges Raumfahrzeug zu entwickeln. Dafür erhält SpaceX 843 Millionen Dollar.
SpaceX profitiert von Aufträgen der NasaFür SpaceX ist dieser Regierungsauftrag ein kleiner Fisch. Die Entwicklung des Dragon-Raumschiffs förderte die Nasa mit 2,6 Milliarden Dollar. Und für die Weiterentwicklung des Starship zu einer Mondlandefähre erhält SpaceX sogar 2,9 Milliarden Dollar von der Nasa. Solche Aufträge zu verlieren, wäre für SpaceX tatsächlich schmerzhaft.
Umgekehrt gilt aber: Ohne SpaceX werden in den nächsten Jahren keine amerikanischen Astronauten auf dem Mond landen. Denn eine Alternative zum Mondlander von SpaceX ist nicht in Sicht. Zwar hat auch ein Konsortium unter der Leitung von Blue Origin 3,4 Milliarden Dollar von der Nasa erhalten, um eine Mondlandefähre zu entwickeln. Doch der erste Flug soll frühestens 2030 stattfinden. Bei den üblichen Verzögerungen bei solchen Missionen dürfte das nicht reichen, um den Wettlauf zum Mond gegen China zu gewinnen. China will bis 2030 auf dem Mond landen.
Man könnte argumentieren, dass Trump sowieso kein gesteigertes Interesse am Mond hat. Laut seiner Regierungserklärung will er amerikanische Astronauten zum Mars schicken, damit diese dort die amerikanische Flagge mit den Stars and Stripes hissen. Doch auch dafür stehen die Aussichten nicht gut. Zum einen gibt es einflussreiche republikanische Senatoren, die auf keinen Fall vom Mondprogramm abrücken wollen. Zum anderen wäre auch ein bemannter Flug zum Mars ohne SpaceX schwer vorstellbar.
Die letzten drei Testflüge des Starship sind allesamt gescheitert. Trotzdem werden dieser Rakete die besten Chancen eingeräumt, in den nächsten Jahren den roten Planeten zu erreichen. Allenfalls käme dafür auch die neue Rakete von Blue Origin infrage. Aber die New Glenn hat bisher erst einen unbemannten Testflug in die Erdumlaufbahn absolviert. Immerhin verlief dieser weitgehend erfolgreich.
Die Abhängigkeit ist gegenseitigRichtig schmerzhaft wäre es für Musk, wenn SpaceX von der Regierung keine Aufträge mehr für die Beförderung von militärischen Satelliten erhalten würde. Solche Missionen sind sehr lukrativ, weil besondere Sicherheitsvorkehrungen höhere Preise rechtfertigen. Aber auch damit würde sich die amerikanische Regierung selbst schaden. Denn derzeit ist neben SpaceX nur noch das private Unternehmen United Launch Alliance (ULA) für solche Flüge zertifiziert.
SpaceX scheint allerdings mehr Vertrauen zu geniessen als die Konkurrenz. Das amerikanische Verteidigungsministerium hat kürzlich Aufträge für den Start von Militärsatelliten im Umfang von 13,7 Milliarden Dollar vergeben. Davon gehen 5,9 Milliarden Dollar an SpaceX. Das Unternehmen von Musk soll 28 der geplanten 54 Missionen ausführen. Der Grund für diese Bevorzugung von SpaceX ist, dass sich die neue Rakete von ULA verzögert hat und die New Glenn von Blue Origin noch nicht für militärische Missionen zertifiziert ist.
Dass eine derartige Abhängigkeit von einem Unternehmen ungesund für die amerikanische Raumfahrt ist, weiss man nicht erst seit Trump. Die Frage ist, wem das anzukreiden ist. Die Vorgängerregierungen haben bei der Kommerzialisierung der Raumfahrt Wert darauf gelegt, nicht nur ein Unternehmen zu fördern. Teilweise hat die Konkurrenz sogar mehr Geld erhalten als SpaceX. Aber das Unternehmen von Elon Musk hat mehr daraus gemacht. Vermutlich dauert es noch etliche Jahre, bis andere Firmen diesen Vorsprung aufgeholt haben.
Für die amerikanische Raumfahrt kann man sich nur wünschen, dass es Berater gibt, die mässigend auf Trump und Musk einwirken. Sonst gibt es am Ende nur Verlierer.
nzz.ch