Parloa, Helsing & Co.: Wie deutsche Startups vom Handelskonflikt zwischen den USA und China profitieren

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China führt dazu, dass Investoren auf Stabilität und Innovation „Made in Germany“ setzen. Davon können Startups hierzulande profitieren.
Der anhaltende Handelsstreit zwischen den USA und China sorgt global für Unruhe, auch wenn die beiden Parteien sich auf eine 90-tägige Pause geeinigt haben. Doch der Ärger sorgt überraschenderweise auch für frischen Wind in der deutschen Startup-Szene. Investoren richten ihre Blicke verstärkt nach Europa, um geopolitischen Risiken auszuweichen. Davon profitieren nicht nur klassische Tech-Startups, sondern auch junge Unternehmen im Bereich Mobilität, die auf innovative KI-Lösungen setzen.
Bestes Beispiel dafür ist Parloa aus Berlin. Das Startup, spezialisiert auf KI-gestützte Automatisierung von Kundenservices, erreichte kürzlich einen Meilenstein: Parloa sammelte insgesamt rund 110 Millionen Euro (120 Millionen US-Dollar) ein und zählt nun zu Deutschlands Einhörnern. Parloas Erfolg zeigt, dass Investoren großes Vertrauen in deutsche Innovationskraft setzen – besonders, wenn Künstliche Intelligenz im Spiel ist.
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Parloas Technologien lassen sich perspektivisch nahtlos auf den Mobility-Sektor übertragen. Unternehmen, die autonome Fahrzeuge entwickeln, benötigen intelligente Kunden- und Nutzerschnittstellen, um Dienste reibungslos und effizient anbieten zu können. Der Mobilitätssektor lebt zunehmend von personalisierten Dienstleistungen und Echtzeit-Interaktionen, die ohne fortschrittliche KI kaum möglich sind. Parloas Expertise könnte hier eine entscheidende Rolle spielen.
Zudem kommt, dass KI-Agenten mittlerweile eine neue Stufe erreicht haben, sodass sie auch im Kundenmanagement genutzt werden können. Was wiederum auch für die Nahverkehrsbranche interessant sein wird. Der langfristige Trend, dass Apps durch spezialisierte KI-Agenten ersetzt werden, dürfte hier auf Interesse stoßen. Ein personalisierter KI-Agent, der Kunden zum Beispiel mit Echtzeitinformationen versorgt und einem mitteilt, ob der tägliche Bus zur Arbeit Verspätung hat, ist eine mögliche Einsatzform.
Der Handelskonflikt führt dazu, dass mehr Kapital nach Deutschland fließt und eröffnet auch für Mobility-Startups vollkommen neue Möglichkeiten. Sie profitieren von einem Umfeld, das durch geopolitische Unsicherheiten in den USA und China geprägt ist. Anleger setzen auf Stabilität und Innovation „Made in Germany“ – und sind bereit, dafür auch tief in die Tasche zu greifen. Mobility-Startups, insbesondere solche mit datenbasierten Geschäftsmodellen und KI-Lösungen, stehen plötzlich im Rampenlicht und erhalten Zugang zu Kapital, das bisher oft ins Silicon Valley oder nach Shanghai floss.
Dieser Trend bietet Deutschland eine einmalige Gelegenheit, sich langfristig als führender Standort für zukunftsfähige Mobilitätslösungen zu positionieren. Andere positive Beispiele sind das Rüstungs-Startup Helsing und das KI-Startup Celonis. Gerade vor dem Hintergrund, dass die USA und China in den vergangenen Jahren den Mobility-Sektor stark geprägt haben, könnte Deutschland mit seiner traditionell starken Automobilindustrie und wachsender digitaler Innovationskraft eine Schlüsselrolle übernehmen.
In Deutschland gibt es genug Mobility-Startups, die an der Schwelle zu einem internationalen Durchbruch stehen. Motor AI, die eine autonome Fahrsoftware der Stufe 4 entwickeln, gehört zu den Kandidaten, die mehr Aufmerksamkeit bekommen sollten. Ebenso die Pulsetrain GmbH oder der Auto-Abo-Anbieter Finn, die im letzten Jahr immerhin 100 Millionen Euro einsammeln konnten.
Natürlich gibt es auch Risiken. Die Abhängigkeit von externem Kapital könnte deutsche Startups anfällig für kurzfristige Veränderungen der globalen Marktlage machen. Doch gleichzeitig eröffnet diese Entwicklung die Chance, neue Partnerschaften und Allianzen innerhalb Europas aufzubauen. Die europäische Tech- und Mobility-Szene könnte dadurch deutlich gestärkt werden und langfristig unabhängiger von globalen Krisen werden.
Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.
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