Prompting-Kurse für alle: Einblicke in Dubais KI-Strategie

Diese Woche fand zum ersten Mal die Gitex Europe in Berlin statt. Gitex ist kurz für Gulf Information Technology Exhibition. Es ist die größte und älteste Technologiemesse des Mittleren Ostens und kommt aus Dubai. Mittlerweile gibt es Ableger weltweit – nun also auch in Deutschland. Schwerpunkt der ersten Gitex Europe liegt ganz klar auf KI. Und da hat Dubai – und auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) – einen ziemlichen Vorsprung.
Die VAE haben nämlich eine ziemlich straighte KI-Strategie. Und das schon seit einer ganzen Weile. 2017 ernannten die VAE den weltweit ersten KI-Minister, Omar Sultan Al Olama. 2019 eröffnete in Dubai eine KI-Universität und das Dubai Center for Artificial Intelligence. Zudem stellte der Staatsfond Mubadala 100 Milliarden US-Dollar für Investitionen in KI bereit. Nochmal: 100 Milliarden! Und es gibt ein ziemlich ambitioniertes Ziel: Bis 2031 sollen 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes der Emirate mit KI erwirtschaftet werden.
Marwan Al Zarouni, „Dr. Marwan“, wie sein Team ihn nennt, ist einer derjenigen, die die AI-Strategie vorantreiben und umsetzen soll. Er tut das auf lokaler Ebene als „CEO of AI“ im Dubai Department of Economy and Tourism, also in einem der Emirate. Er sei ganz bewusst ein „CEO“, auch wenn er in einem Ministerium arbeitet, und kein Direktor oder Leiter. Seine Rolle sei sehr hands-on, er denke eben wie ein CEO. Founder Mode, also? Er grinst: Ja, genau das. In anderen Ministerien gäbe es teilweise Menschen, die dieselbe Rolle haben, denn so sei die allumfassende KI-Strategie der Emirate und auch Dubais zu verstehen: KI muss in alle Bereiche, soll alles durchdringen.
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Marwan Al Zarouni erinnert sich noch, wie alles anfing: Tatsächlich, so berichtet er im Gespräch mit Gründerszene, durch einen Besuch von Elon Musk. 2017 habe seine Regierung Musk zum jährlich stattfindenden World Government Summit in Dubai einfliegen lassen. Damals sei Tesla auch gerade in den Emiraten gestartet. Musk habe die Gelegenheit genutzt, sich mit allerlei Ministern und Hoheiten zu treffen. Und im Rahmen dieser Gespräche habe Musk gesagt, dass jede Regierung der Welt ein Ministerium für KI haben sollte. Die Vereinigen Arabischen Emirate haben daraufhin den Anfang gemacht.
Schon heute könne man nicht mehr durch die Stadt laufen, ohne alle Nase lang KI zu begegnen. In seinem Job nutze er den ganzen Tag KI, sagt Marwan Al Zanoudi. Und dann setzt er ein bisschen stolz seine „AI Glasses“ auf.
Nicht direkt, nein. Dubai selbst hat eigentlich sehr wenig Öl. Der Schwerpunkt lag hier lag immer schon mehr auf den Human Resources.
Dubai ist eine Handelsstadt, immer schon gewesen. Die Menschen die hierherkommen waren immer schon vielfältig. das prägt unsere DNA. Und ganz früh schon haben die königlichen Familien der Stadt neben ihren Palästen Gästehäuser erbaut, behelfsmäßige Hotels, sozusagen, weil sie wollten, dass die Menschen, die hier herreisen, ihre Weisheit mit ihnen teilen – ihre Geschichten über ihre Reisen, ihre Erfahrungen, die Geschehnisse in der Welt und all diese Dinge. Die Kultur Dubais war also schon immer eine Kultur des Handels und des Lernens. Dubai ist eine geschäftsorientierte Stadt. Sie wird oft als „Dubai Inc.“ bezeichnet, weil sie wie ein modernes Unternehmen geführt wird – mit klarem Fokus auf Innovation und Wettbewerbsfähigkeit. Der nächste logische Schritt ist daher der gezielte Aufbau von Kompetenzen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Dafür braucht es vor allem: Talente, Technologie und eine datenbasierte Infrastruktur. Daten sind kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um bessere Entscheidungen zu treffen und neue Lösungen zu entwickeln – ob im Gesundheitswesen, im Verkehr oder in der Bildung. In diesem Sinne treiben Daten den Fortschritt an. Daten sind der Treibstoff für KI. Und wenn man es dann doch so sagen wollte: Sie sind das neue Öl. Der wahre Reichtum Dubais ist nicht das Öl, es sind die Daten. Aber im Zentrum stehen dabei immer die Human Ressources.
Würde ich so nicht sagen, auch die Führung der VAE stellt den Menschen an erste Stelle. Auch in den Hochzeiten der Öl-Ära sagte die Regierung immer, dass die menschliche Ressource die größte Ressource sei, die wir haben – und eben nicht das Öl. Der Mensch ist wertvoller. Auch bei der KI-Politik, bei allem, was wir tun, geht es also wieder um den Menschen. Und wir werden auch in Zukunft immer die menschliche Ressource über die Technologie stellen.
Wir betrachten das Thema anders. In den Vereinigten Arabischen Emiraten, haben wir etwas, das wir den „Universal Blueprint for AI“ nennen. Wir denken sehr ganzheitlich, wenn es um KI geht. Mit verschiedenen Initiativen bringen wie KI in alle Bereiche des Lebens. Es gibt beispielsweise KI-Wochen, um alle, die an Universitäten, Schulen oder in der Regierung arbeiten, auf den neuesten Stand zu bringen. Wir haben sowohl auf Bundes- als auch auf lokaler Ebene sogar die Verpflichtung, an KI-Grundkursen teilzunehmen. Wir haben die „One Million Prompter“-Initiative gestartet, bei der jeder Mensch in Dubai drei Kurse über KI-Prompter besuchen kann um zu lernen, wie mit bestimmten Prompte den eigenen Job verbessern kann, egal ob man Anwalt, Büroangestellter, Außendienstmitarbeiter oder Roboteringenieur ist. Selbst wenn man Taxifahrer ist und eine Sprache lernen will, kann man sie mit KI lernen. Es handelt sich also um eine maßgeschneiderte Art der Bildung, die für jeden zugänglich ist.
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Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Viele Taxifahrer in Dubai empfinden sich Botschafter der Stadt, der erste Kontaktpunkt für Gäste. Nun kann jeder Taxifahrer auf seinem Handy kostenlos auf Sprachkurse zugreifen. So kann er seine Gäste besser begrüßen, ihnen näher sein, er wird immer besser in seinem Job. Darum muss er auch keine Angst haben, dass autonom fahrende Autos ihm bald den Job nehmen. Denn er kommt ja jeden Tag weiter und verbessert sich. Er kann das, was er heute ist, mit dem vergleichen, was er morgen sein wird, oder was er war, als er nach Dubai zog. Damit freut er sich auch auf das, was er in einem Jahr oder zwei sein wird. Er wird sehr gut in der Kommunikation sein, in Sprachen, er wird immer besser – dank KI.
KI ist heute ein ganz natürlicher Teil des Alltags in Dubai. Viele Prozesse, die früher manuell und mühsam waren, laufen heute im Hintergrund automatisiert. Von der Preisgestaltung bei Flugtickets über die Hotelpreise bis hin zum Verkehr in der Stadt. Auch im Bereich Handel spielt KI eine Rolle: Das reicht vom Autokauf bis zur Anmietung einer Wohnung. Sobald da unterschrieben ist, lassen sich Versorgungsleistungen zentral und schnell aktivieren. Dazu kommt Automatisierung in der Verwaltung, wir müssen nicht mehr zwischen verschiedenen Behörden hin- und herspringen. Man besucht nur die eine.
Man kann an unterschiedlichen Stellen viel Wert aus KI ziehen. Man kann auf sehr niedrigem Niveau in die Technik gehen, in die Fertigung, in das semantische Design, in das Chipdesign, aber auch die Kühlung von Rechenzentren, in Datenspeicher. Es gibt viele Bereiche, in denen Verbesserungen nur auf der Hardwareseite möglich sind, also ganz unten. Ganz oben hingegen befinden sich die Anwendungen wie etwa ChatGPT. Alles, was dazwischen liegt, bietet enorme Möglichkeiten. Und einige der dort nötigen Produkte lassen sich sehr schnell auf den Markt bringen.
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Die Markteinführungszeit ist extrem wichtig. Viele Länder und Regionen versuchen, KI zu regulieren oder zu verlangsamen, weil sie Angst davor haben, was KI anrichten kann. Das halte ich für falsch. Wir sollten uns überlegen, welchen Nutzen wir aus der KI ziehen können – und dann können wir loslegen. Jede Art von Verzögerung behindert unseren Fortschritt. Es geht also um Execution.
Wir sehen uns selbst als Schnelldreher. Das sind wir auch, aber hatten zusätzlich auch einen guten Start. Wir haben 2017 angefangen. Da haben wir bereits unseren Plan festgelegt und auch unsere Richtlinien. Wenn man früh dran ist, hat man einen gewissen Vorsprung und kann sofort loslegen. Diese Art des Starts hat uns einen Vorteil verschafft: Wir müssen jetzt nicht über Dinge nachdenken, über die andere gerade nachdenken. Das haben wir 2017, 2018 schon getan, lange bevor es generative KI gab. Als die generative KI aufkam, war es für uns ein natürlicher nächster Schritt, sie in bestehende Strategien zu integrieren. Das lag daran, dass wir viele grundlegende Fragen zu ethischen Leitlinien, zu Verantwortlichkeit und zu gesellschaftlichen Auswirkungen bereits zuvor intensiv behandelt und erste Rahmenbedingungen gesetzt hatten. Das heißt aber nicht, dass die Debatte vorbei ist. Im Gegenteil: Sie ist nach wie vor präsent, aber sie baut bei uns auf einem soliden Fundament auf. Dadurch konnten wir schneller konkrete Anwendungen ermöglichen – ohne dabei das große Ganze aus dem Blick zu verlieren.
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businessinsider