Urlaub, eine perfekte Gelegenheit, unser Gehirn auszuruhen: „Bildschirme wegzulegen, kann nur von Vorteil sein“

Der Neuropsychologe und Mitglied des B2V Memory Observatory, Francis Eustache, glaubt, dass Urlaub eine Gelegenheit ist, „das Tempo zu ändern“ und die „Überstimulation“ beiseite zu lassen, die unser Gehirn täglich beansprucht.
Bekommt unser Gehirn zwischen Arbeit, Transport, Hausarbeit, Familie und Freunden jeden Tag genügend Gelegenheit zur Ruhe?
Die heutige Welt führt zu Reizüberflutung und erfordert ständig, oft dringend, auf Anfragen zu reagieren. Dies ist Teil unseres Alltags. Das deutlichste Beispiel ist die Nutzung von Bildschirmen, Internet und sozialen Medien. Sie bringen uns voran, doch bei unsachgemäßer Nutzung monopolisieren sie unsere Aufmerksamkeitsspanne. Sie beeinträchtigen nicht nur unsere Motorik und Gestik und führen zu einer Automatisierung unserer selbst, sondern beeinträchtigen auch unser Gehirn und unser Gedächtnis sowie unsere Denkfähigkeit.
Ist es normal, sich vor den Feiertagen geistig müde zu fühlen?
Ja. Wir spüren diese geistige Erschöpfung heute vielleicht stärker als je zuvor. Sie ist auf die kognitive Überlastung zurückzuführen und darauf, dass uns Momente der Ruhe fehlen.

Das B2V Memories Observatory
Spielen Ferien eine wichtige Rolle bei der Förderung unserer Gehirnleistung?
Das ganze Jahr über ist es wichtig, sich jeden Tag Momente der Ruhe und Stille zu schaffen , auch wenn es nur ein paar Dutzend Minuten hier und da sind, an Wochenenden und natürlich im Urlaub, die längere Phasen der Abschaltung ermöglichen.

Wie können wir diese Vorteile effektiv nutzen? Sollten Bildschirme ferngehalten werden?
Ruhe bedeutet nicht, ein Einsiedlerleben zu führen... Aber es ist Zeit, über unsere Beziehung zu Bildschirmen nachzudenken. Sie zumindest für ein paar Stunden am Tag wegzulegen, kann nur von Vorteil sein. Diese Pause hilft, den ständigen Druck abzubauen und Abstand zu den Sorgen zu gewinnen, die uns am Herzen liegen und die wir nicht sofort lösen können. Und ein Schritt zurück kann uns helfen, einen neuen Ansatz für neue Lösungen zu finden.
Welchen Rat würden Sie geben, um Ihr Gehirn während der Feiertage optimal zu regenerieren?
Auch wenn es nur für kurze Zeit ist, sollten Sie Ihr Tempo ändern und Aktivitäten nachgehen, die keine anhaltende kognitive Aktivität erfordern: eine Wanderung, einfaches Heimwerken oder Gartenarbeit – jede Aktivität, die Ihre Gedanken schweifen lässt. Diese Art von Aktivität mobilisiert ein bestimmtes Gehirnnetzwerk, das sogenannte Ruhezustandsnetzwerk. Ist es aktiviert, ermöglicht es eine diffuse Aufmerksamkeit auf unsere Umgebung, löst aber auch eine besondere mentale Aktivität aus, die uns mental auf eine Reise durch Zeit und Raum mitnimmt. Kurz gesagt, es lädt uns ein, durch unser autobiografisches Gedächtnis zu reisen und projiziert uns in die Zukunft.
Diese Gehirnaktivität ist sehr wichtig für unsere mentale Synthese – die Synthese unserer Erinnerungen und unseres Wissens – und unser autobiografisches Denken, d. h. wie wir unsere Darstellung von uns selbst im Verhältnis zu unserer Umwelt und anderen entwickeln.