Die Mode hat offiziell einen süßen Überfluss erreicht

Style Points ist eine Kolumne darüber, wie Mode mit der Welt im Allgemeinen interagiert.

Das neueste It-Accessoire ist weder eine schicke Ost-West-Tasche noch ein viraler Schuh. Es ist etwas viel Verspielteres: eine Puppe mit wuschelig-weichem Fell, die auf dem Laufsteg am Arm eines Models baumelt, oder ein Stoffkaninchen, das so lässig umklammert wird, als würde man einen Le Teckel tragen. Für den Herbst 2025 wurden diese schelmischen Accessoires zum überraschendsten Phänomen des Laufstegs gekürt. Bei Fendi erschienen sie in Form von Puppen im Cabbage-Patch-Kids-Stil, während Kenzo und Simone Rocha Stofftiere in Taschen und Kleidung verwandelten. Und bei Coach brachte Stuart Vevers Hasenpantoffeln und eine Menagerie verschiedener süßer Tierchen auf den Laufsteg. Ganz zu schweigen von den trendigen Labubu-Puppen, die den ganzen Modemonat über an Designertaschen baumelten.

Ein Labubu hat einen Cameo-Auftritt bei der Pariser Herrenmodewoche.

Ruby Redstone, Modehistorikerin und Autorin des Substack-Newsletters Old Fashioned, bezeichnet sich selbst schon ihr ganzes Leben lang als „super-nerdige Spielzeugsammlerin“. Für sie war das Sammeln von Spielzeug ein Einstieg in die Welt von Künstlern wie Yoshitomo Nara und Takashi Murakami. Normalerweise vermeidet Redstone es, über den aktuellen Trend in der Modewelt zu urteilen. „Ich neige dazu, nicht zu sagen: ‚Wir suchen nach süßen Sachen, weil die Welt hart und traurig ist.‘ Aber ich habe das Gefühl, dass wir uns gerade in einem ziemlich extremen Fall befinden“, sagt sie. „Je schwieriger die politische Lage wird, desto mehr fühlen sich alle von diesen süßen Dingen angezogen, die Dopamin auslösen und die wir verkaufen können. Und ich bin nicht böse darüber. Es ist ein Trend, mit dem ich völlig im Reinen bin, weil er mir Freude bereitet.“

Eine Fendi BFF-Puppe auf dem Laufsteg für Herbst 2025.

Für Lucy Bishop, Spezialistin für Handtaschen und Mode bei Sotheby's, hängt der Trend „voll und ganz damit zusammen, dass Verbraucher dem Alltag entfliehen, um sich vom Druck des modernen Lebens abzulenken. Der kindliche Wohlfühlfaktor, den diese verspielten Designs vermitteln, ist eine willkommene Ablenkung.“

Es wird auch durch den unersättlichen Appetit der Millennials und der Generation Z auf Nostalgie angetrieben, sei es das Y2K-Revival oder diverse 90er-Trends. Redstone bemerkt, dass sie „mit Hello Kitty und UglyDolls erwachsen wurden und jetzt alles durch eine rosarote Brille betrachten, weil sie es nicht erlebt haben oder beim ersten Mal nicht mitmachen konnten – und jetzt können sie es.“ Angetrieben von nostalgischer Sehnsucht kaufen die Menschen auch vergangene Luxustrends in diesem Stil, wie den Fendi Bag Bug-Anhänger oder Givenchys Bambi-Schlüsselanhänger. (Bishop verweist noch weiter zurück auf die ausgefallenen Designs von Franco Moschino und Jean-Charles de Castelbajac.)

All dies steht möglicherweise im Widerspruch zum jüngsten Fokus der Modebranche auf dezenten Luxus, Capsule Wardrobes und bürotaugliche Kleidung. Seit mehreren Saisons sind junge Menschen besessen davon, erwachsener und gepflegter auszusehen, doch eine allgemeine Ermüdung scheint sich in diesem Sinne breitgemacht zu haben. Wenn die Traumbilder des Erwachsenseins, darunter Eigenheim und sichere Jobs, immer unerreichbarer werden, warum sollten sie nicht durch Traumbilder einer unschuldigeren Zeit ersetzt werden? (Interessanterweise bemerkt Bishop, dass wir, genau wie wir Tweens haben, die von Schönheitsprodukten für Erwachsene und aufwendigen Hautpflegeroutinen besessen sind, „erleben wir, wie Konsumenten in ihren 20ern, 30ern und sogar 40ern von kindlichen Produkten besessen sind. Die Rollen scheinen vertauscht zu sein.“)

Simone Rocha Herbst 2025.

Redstone erinnert mich jedoch daran, dass die Vorliebe für charmante Dekorationen weit über die Blütezeit des Bag Bugs hinausreicht. „Im Mittelalter und in der Renaissance fertigten Frauen Chatelaines an, im Grunde Schlüsselanhänger, die man um die Taille befestigte. An ihnen befanden sich nützliche Dinge wie Scheren und Brillen.“ Trotzdem wurden sie mit Schmuck und Anhängern verziert, sagt sie. „Diese Idee, kleine Anhänger hinzuzufügen, die ‚ein Stück unserer Persönlichkeit zeigen‘, ist für die menschliche Natur wesentlich – aber unsere Persönlichkeit gezielt durch ein Plastikspielzeug zu zeigen, ist ziemlich zeitgemäß.“