Pflichten: Europa streitet und entscheidet sich, nicht zu entscheiden, die gespaltene Union spielt Trumps Spiel

Der Europäische Rat der Unschlüssigkeit
Merz und Meloni blockieren den Stopp der Abkommen mit Israel und fungieren als Trumps Anwälte: Die Folge ist, dass künftig über Krieg und Zölle diskutiert wird …

Abgesehen von Rhetorik und Propaganda drängt sich die Realität auf: Angesichts von Trumps Angriff, dessen erklärtes Ziel es ist, die Union zu durchbrechen und zu spalten, erscheinen die Belagerten, nämlich die europäischen Länder, gespaltener denn je. Sie laufen daher Gefahr, wie Renzos sprichwörtliche Hühner zu enden.
Die Spaltung ist allumfassend. Eine Sitzung des Europäischen Rates, die beinahe historische Bedeutung hätte erlangen sollen, endete mit einer Reihe von Verschiebungen, eben weil die Meinungsverschiedenheiten zwischen den wichtigsten europäischen Ländern keine andere Möglichkeit zuließen. Auch die USA scheinen die Frist für das Ultimatum in Sachen Zölle vom 9. Juli auf den Labor Day zu verschieben. Gleichzeitig legen sie jedoch einen Vorschlag vor, der einem Strick gleicht und die Union erneut spaltet. Die Amerikaner sind bereit, die Zölle auf 10 % zu erhöhen und die Zölle auf Stahl und Aluminium, die derzeit bei 50 % liegen, sowie die auf Autos, die bei 25 % liegen, neu festzulegen. Im Gegenzug verlangen sie jedoch, dass es keine Gegenseitigkeit gibt, d. h., dass die EU nicht ihrerseits Zölle in Höhe von 10 % erhebt. Sie verlangen außerdem Garantien zum Schutz der großen Technologieunternehmen und eine Verpflichtung zum Kauf von amerikanischem Gas und Kernbrennstoff. Der Kauf von Waffen ist, wenn auch implizit, Teil des Pakets. Die USA prognostizieren, dass die europäische Produktion nicht ausreichen werde, um die steigenden Militärausgaben der NATO zu decken, und dass die EU-Länder sich deshalb an US-Unternehmen wenden müssten.
Deutschland und Italien sind für eine grundsätzliche Akzeptanz, wollen dann aber mit Verhandlungen Trumps Position abmildern, dessen Haltung zum Suq bekannt ist. Der Franzose Macron beharrt auf einer harten Linie: Wenn es Zölle von 10 % sein müssen, dann sollen sie es sein, aber in diesem Fall symmetrisch, das heißt mit gegenseitigen Zöllen von 10 %. Dies ist keine ideologische Frage: Deutschland und Italien sind die Länder, die durch die derzeitigen Zölle auf Stahl und die Automobilindustrie am stärksten bestraft werden. Der Krieg würde Merz und Meloni viel mehr kosten als Macron. In Bezug auf die Wiederaufrüstung gibt es keine Einigung. Frankreich fordert, dass die beim NATO-Gipfel in Den Haag beschlossenen irrwitzigen Ausgaben durch Eurobonds gedeckt werden, kurz gesagt durch die gemeinsame europäische Schuld. Aus Italien stimmt der ehemalige Minister und Kommissionspräsident Giulio Tremonti dem Franzosen zu: Der einzige Ausweg sind Eurobonds. Die Lega ist der gegenteiligen Meinung: „ Wir werden Eurobonds niemals akzeptieren.“ Italien bräuchte daher eine Art dritten Weg: private Investitionen, die von der EU garantiert werden. Diese sind tatsächlich Teil des Pakets möglicher Optionen. Eine wichtige Diskussion, die derzeit jedoch virtuell geführt wird. Was die Gemeinschaftsverschuldung betrifft, gibt es ein klares Nein Deutschlands. Alles wurde auf nächsten Monat verschoben, ohne dass sich die Positionen bisher auch nur angenähert hätten.
Italien und Deutschland haben die von Spanien vorgeschlagenen und von der Mehrheit der Mitgliedstaaten akzeptierten Sanktionen gegen Israel gestoppt und stehen nun erstmals kurz davor, eine gemeinsame Front zu bilden. Auch diese werden im Juli erneut diskutiert, doch in Rom ist man überzeugt, insbesondere die Kündigung des Handelsabkommens zwischen der EU und Israel noch stoppen zu können. In Bezug auf die Ukraine gibt es viele große Worte, aber kaum Taten. Das 18. Sanktionspaket steckt fest, blockiert durch das Nein einiger Länder. Zwar wurden die vorherigen, kurz vor dem Auslaufen stehenden Sanktionen bestätigt, aber das entspricht nicht Selenskyjs Erwartungen und vor allem nicht den Versprechen der Union. Wir werden es im Juli sehen.
Es ist sicherlich nicht das erste Mal, dass die EU gespalten zu einem entscheidenden Treffen erscheint. Ausnahmsweise ist der gegenteilige Umstand, der tatsächlich nur einmal, nämlich im Zusammenhang mit Covid, eingetreten ist. Die Vermittlung zwischen den widerstreitenden Interessen der uneinigsten Union der Geschichte ist stets sehr langwierig und oft erfolglos. Diesmal jedoch sind die Umstände anders. Donald Trump verhehlt nicht, dass er Verhandlungen mit Europa Land für Land anstrebt, was den Auftakt zur Auflösung der Union darstellen würde. Die Unfähigkeit der Union, trotz des Notfalls aus dem ewigen Teufelskreis widerstreitender nationaler Interessen auszubrechen, birgt die Gefahr, Trump den Sieg, den er in den Verhandlungen mit China und Kanada verpasst hat, auf dem Silbertablett anzubieten.
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