Die Teilnahme der europäischen Modebranche am 1. Mai

Auch Arbeitnehmer der Mode- und Textilindustrie beteiligten sich aktiv an diesen Protesten. Die Stimmen derjenigen, die in diesem Sektor in Niedriglohn-, Saison- und unsicheren Jobs arbeiten, sind stärker zu Wort gekommen. Vor allem Ateliermitarbeiter und junge Modeassistenten machten auf die zunehmenden finanziellen Schwierigkeiten aufmerksam.
Die gemeinsame Botschaft der Demonstrationen war die Forderung nach einem stärkeren sozialen Schutz vor Lohnkürzungen aufgrund von Inflation, steigenden Lebenshaltungskosten und zunehmendem Leistungsdruck am Arbeitsplatz. Die in der Modebranche Tätigen haben erneut ihre Solidarität gezeigt, um die unsichtbare Arbeit hinter den Marken, die für Luxuskonsum stehen, sichtbar zu machen.
In Frankreich ist die Entscheidung der Regierung, das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre anzuheben, in vielen Bereichen auf Kritik gestoßen. Das Künstlerkollektiv Zélé schlug eine auffällige Methode vor, gegen diese Reform zu protestieren: zu spät zur Arbeit zu kommen. „Spät kommen, früh gehen!“ Mit diesem Slogan ist der späte Arbeitsbeginn am Morgen zu einer Art Akt des zivilen Ungehorsams geworden.
In der Modewelt erfuhr dieser symbolische Protest große Unterstützung. Insbesondere Kreativabteilungen und Agenturmitarbeiter spielten eine wichtige Rolle bei der Reaktion der jüngeren Generation auf die Reformen, indem sie diese Bewegung in den sozialen Medien sichtbar machten. Die kreative Natur der Modebranche bot ein geeignetes Umfeld für die Übernahme dieser passiven, aber effektiven Form des Widerstands.
Solche Aktionen verdeutlichen den Anspruch der französischen Modeindustrie, nicht nur Kontrolle über Löhne, sondern auch über Lebenswerte und Zeit zu haben. Solche vorübergehenden Haltungen gegen die „ständige Bereitschaftskultur“ der Modehäuser zeigten auch, dass die neue Generation von Mitarbeitern ein nachhaltigeres und menschlicheres Arbeitsumfeld fordert.

In Mailand sind Vorwürfe der Ausbeutung von Arbeitern in der Lieferkette einiger Luxusmodemarken ans Licht gekommen. Eine der Einheiten der LVMH-Gruppe wurde überwacht und mit Produktionsprozessen in Verbindung gebracht, bei denen illegale Arbeitsbedingungen herrschten.
Modehäuser stehen in der Kritik, bei der Auslagerung ihrer Produktion an Zulieferer Arbeitsrechtsverletzungen zu ignorieren. Es wurde festgestellt, dass insbesondere Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund zu niedrigen Löhnen und langen Arbeitszeiten ohne Sicherheit beschäftigt wurden. Diese Situation hat das Konzept der ethischen Mode erneut in die Diskussion gebracht.
Modearbeiter in Europa reagierten mit Sorge und Wut auf diese Entwicklung. Während der Druck auf Modehäuser hinsichtlich sozialer Verantwortung und Transparenz in der Lieferkette wächst, haben einige Mitarbeiter mit öffentlichen Unterstützungserklärungen klar Stellung gegen eine derartige Ausbeutung bezogen. Gleichzeitig forderten die Gewerkschaften von den Marken, ihre Sozialauditprozesse unabhängig zu gestalten.

Der deutsche Moderiese Hugo Boss gab für das erste Quartal 2025 einen Umsatzrückgang von zwei Prozent bekannt. Das Unternehmen erklärte, dass es der Kostenkontrolle Priorität einräumte und sich dabei auf die Zusammenarbeit mit David Beckham als Gesicht der Kampagne konzentrierte. Allerdings zeigten die Zahlen einen Rückgang des Verbrauchervertrauens.
Diese Situation bereitete den Mitarbeitern Sorgen. Insbesondere Verwaltungsangestellte und Filialmitarbeiter befürchten, dass ihre Arbeitsplatzsicherheit während der Rezession geschwächt werden könnte. Der „effizienzorientierte“ Ansatz des Unternehmens hat zu einem erhöhten Leistungsdruck geführt und einige Positionen gefährdet.
Obwohl das Management von Hugo Boss die Botschaft aussendet, dass „wir auf Wachstumspotenzial vertrauen“, fordern die Mitarbeiter in den Unternehmen mehr interne Kommunikation, Transparenz und eine stärkere soziale Unterstützung. Die zukünftigen strategischen Schritte der Marke werden nicht nur finanziell, sondern auch im Hinblick auf die Mitarbeiterbindung entscheidend sein.
İstanbul Gazetesi