Der Schwedenbecher feiert sein Comeback: Hier gibt es den DDR-Klassiker in Berlin

Einfach, aber effektvoll: So ließe der Dessertklassiker beschreiben. Zwei Kugeln Vanilleeis, Apfelmus, ein ordentlicher Schuss Eierlikör und Sahne – fertig ist der Schwedenbecher. Anfang der 1950er-Jahre soll er so erstmals zusammengestellt worden sein, in einem Eiscafé in Pankow, heißt es.
Um den Namen der Nachspeise rankt sich indes eine Legende: Walter Ulbricht soll seinen favorisierten Eisbecher so getauft haben, nachdem die schwedische Eishockeymannschaft bei den Olympischen Winterspielen 1952 die Bundesrepublik geschlagen hatte – für Ulbricht angeblich ein ebenso großer Genuss wie die Vanilleeis-Apfelmus-Kombo.
Unklar, ob das stimmt, in der DDR jedenfalls war der Schwedenbecher so beliebt wie in der BRD das Spaghettieis. Und es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass erstere Süßspeise in Berlin alsbald ein großes Comeback erfährt. Tim Raue nämlich hat den Schwedenbecher auf die Speisekarte seines Restaurants Sphere gesetzt: Auf 207 Metern Höhe, im neuen Lokal des Fernsehturms, gibt es seit Anfang des Monats den DDR-Klassiker.
Als „The Real Schwedenbecher“ steht er dort im Menü; eine Variation aus „köstlichem Vanille- und Eierliköreis, Apfelzubereitung mit spicy Gewürz-Schokosauce“, mit 11,50 Euro recht üppig bepreist. Und wenn es so läuft wie zuletzt mit anderen Traditionsgerichten, wird auch der Schwedenbecher zügig in vielen weiteren, auch neueren Lokalen der Stadt zubereitet.
Denn was in der Berliner Gastronomielandschaft zuletzt zu beobachten war: Wenn’s einer gut macht, machen’s alle – Königsberger Klopse wären dafür ein potentes Beispiel. Auch die wurden in Berlin zuletzt allerorten neu entdeckt; sie stehen etwa im Restaurant Luna D’oro, das im September erst in Clärchens Ballhaus eröffnet wurde, auf der Speisekarte, ebenso im überangesagten Trio auf der Linienstraße, im neulich neu eröffneten Prater Biergarten – und übrigens auch in Tim Raues Fernsehturm-Lokal.
Die deutsche Küche, sowohl aus Ost als auch aus West, erfährt derzeit ohnehin eine Renaissance. Gut möglich also, dass im Zuge dieses Trends auch dem Schwedenbecher nun eine erneute Erfolgstournee bevorsteht. Eierlikör-Platzhirsch Verpoorten jedenfalls – gar nicht dumm – hat schon vor zwei Jahren auf Instagram dazu aufgerufen, man möge sich den Schwedenbecher zu Hause einfach selbst zaubern. Und im selben Jahr begannen die aus Friedrichshain kommenden Köche Thomas und Mathias Sühring ihn in ihrem Gourmetrestaurant Sühring im thailändischen Bangkok anzubieten.
In einigen traditionelleren Eisdielen gibt es ihn ohnehin noch immer: Im Eiscafé Monheim in Wilmersdorf – als Berlins älteste Eisdiele allem Traditionellen ohnehin verschrieben – steht der Schwedenbecher nach wie vor auf der Karte, genauso im Eiscafé Moin Moin in der Baumschulenstraße und im Eiscafé Malibu in der Leonorenstraße, im Restaurant Blattlaus Adlershof und beim Alpenwirt in Friedrichshain.
Berliner-zeitung