Keine Deals für Trumps Tech-Bros: Verena Pausder appelliert in Brief an EU-Chefin Von der Leyen

Die USA wollen beim EU Digitalgesetz mitreden. Dafür signalisieren sie Bewegung bei den Zölllen. Startupverbände werfen ein: Das Gesetz sei zu wichtig um damit zu dealen.

Nicht weich werden, Kante zeigen. So könnte man die Botschaft zusammenfassen, die Verena Pausder, Vorstandsvorsitzende des deutschen Startup-Verbandes, am Donnerstag an die EU-Kommission in Brüssel gesendet hat. „Einen solchen Kuhhandel darf es nicht geben“, lässt Pausder sich in einer Pressemitteilung ihres Verbandes zitieren.
Sie wendet sich damit gegen die möglicherweise drohende Einmischung US-Tech-Konzerne und der US-Regierung in die Gestaltung des EU Digitalgesetzes. Trump soll, wie er es eben macht, auch hier eine Art „Deal“ vorgeschlagen haben: Im Rahmen der Zollverhandlungen soll er Vorschläge eingebracht haben, nach denen auf die Durchsetzung des Digital Markets Acts (DMA) für US-Digitalkonzerne zumindest zeitweise verzichtet werden sollte.

Sprich: Er bewegt sich bei Zöllen auf EU-Güter, die EU reguliert im Gegenzug US-Techfirmen deutlich weniger. Jüngst hatte die EU hohe Strafen gegen Apple und den Facebook-Konzern Meta verhängt – das könnte dann womöglich nicht mehr passieren.
Lest auch
Die Europäische Union erweckte den Eindruck, sie könne sich dem wirtschaftlichen Druck der USA in dieser Sache beugen. Für Pausder ein klares No-Go: „Das würde die Bemühungen der EU um eine digitale Souveränität Europas völlig konterkarieren. Die Einhaltung unserer Regeln und Gesetze – und damit die Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union – darf nicht zur Verhandlungsmasse verkommen.”

Gemeinsam mit anderen europäischen Startupverbänden wie der Italian Tech Alliance und France Digitale hat Pausder einen an Ursula von der Leyen und ihre Vertreter adressierten offenen Brief geschrieben. Sie warnen vor möglichen Kompromissen beim Digital Markets Act. „Der DMA ist kein geopolitisches Manöver und darf auch nicht zu einem solchen werden“, schreiben die Unterzeichner.
Lest auch
Was dahinter steckt: Der DMA, der seit März 2024 in Kraft ist, soll für mehr Wettbewerb bei digitalen Diensten sorgen. Grundannahme ist, dass manche große Plattformbetreiber so mächtig seien, dass sie ihre Marktposition zementieren könnten. Das Gesetz soll dies mit Regeln für Gatekeeper (Torwächter) aufbrechen. Die Kommission hat eine Reihe von Gatekeeper-Diensten von Unternehmen ausgemacht, darunter die US-Tech-Riesen Apple, Amazon, Microsoft, Alphabet und Meta. Mit der Verordnung sollen auch Verbraucher gestärkt werden, indem sie etwa von niedrigeren Preisen und besserem Datenschutz profitieren.

Erst im April hatte die EU-Kommission das Digitalgesetz eingesetzt und dreistellige Millionenstrafen gegen Apple und Meta verhängt. Das Vorgehen der Europäer sorgt immer wieder für Ärger in den USA und birgt Sprengkraft im Zollstreit. Der Vorsitzende der US-Bundeshandelskommission, Andrew Ferguson, hatte jüngst den DMA als eine Form der Besteuerung von US-Unternehmen kritisiert.
Zuletzt hatte das „Wall Street Journal“ berichtet, die EU und die USA näherten sich bei nicht tarifären Handelsfragen von Regulierungen bis hin zur Behandlung von US-Techkonzernen einer Einigung. Der Entwurf scheine fast final, könne sich aber noch ändern.
Lest auch
Das alarmiert die Digitalbranche: „Wenn die EU europäische Technologie-Champions fördern will, darf sie nicht gleichzeitig die zentralen regulatorischen Grundlagen für faire digitale Märkte untergraben“, warnen die Verbände in dem Brief. Der DMA sei für Wachstumsfirmen in Europa „ein elementares Instrument, um faire Wettbewerbsbedingungen, Marktzugang und damit Innovation zu gewährleisten“. Mit ihrer jüngsten Strategie für Startups wolle die Kommission selbst bessere Bedingungen für innovative Unternehmen schaffen.
Verena Pausders Standpunkt hier ist unumstößlich. Bereits im März dieses Jahres sagte die bekennende Europäerin im Interview mit Gründerszene: „Startups brauchen ein starkes wirtschaftliches Umfeld – und das ist direkt mit geopolitischen Fragen verbunden. Europa muss unabhängiger von den Big Tech Unternehmen aus den USA werden, eigene Tech-Champions aufbauen und Innovation als Standortvorteil begreifen.“
mit Material von dpa
Lest auch
businessinsider