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Schwarz-Rot in der Krise: „Finaler Rettungsschuss“ wird zum Thema der Klausur am Wochenende

Schwarz-Rot in der Krise: „Finaler Rettungsschuss“ wird zum Thema der Klausur am Wochenende

Es brodelt weiter bei Schwarz-Rot in Berlin. Hartnäckig halten sich Gerüchte, wonach Juniorpartner SPD die Koalition noch vor Ende der Wahlperiode in einem Jahr aufkündigen wolle. Demnach könnte sich die Partei von der CDU abwenden und einen eigenen Kandidaten mithilfe der immer noch existierenden rot-grün-roten Mehrheit zum Regierenden Bürgermeister wählen lassen.

Angesichts solcher Spekulationen erscheint eine seit langem anberaumte Koalitionsklausur in ganz anderem Licht. CDU und SPD wollen sich am Wochenende auf dem abgeschiedenen Landgut Sober bei Nauen im Havelland mit gemeinsamen Vorhaben beschäftigen, die noch abzuarbeiten sind.

Berlins Koalition spricht über Kopftücher und Befugnisse der Polizei

Dabei geht es neben dem Dauerthema Haushalt – der Doppeletat für die Jahre 2026/27 wird wieder etliche Zumutungen bereithalten – auch um das Berliner Neutralitätsgesetz. Das ist in seiner jetzigen Form nicht verfassungsgemäß, weil es nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (muslimische) Frauen diskriminiere, die an Berliner Schulen als Lehrerin Kopftuch tragen wollen und derzeit keine Anstellung bekommen. Wie es heißt, dürfte nun auch die CDU einem Passus im Gesetz zustimmen, der Kopftücher bei Lehrerinnen generell erlaubt – es sei denn, der Schulfriede sei in Gefahr. Keine Zustimmung soll jedoch der Vorschlag der Grünen finden, dass auch Polizistinnen und Richterinnen im Dienst Kopftuch tragen dürfen.

Weiteres Thema ist das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) oder kurz Polizeigesetz. Bei einer kleinen Reform vor zwei Jahren wurde ein längerer Unterbringungsgewahrsam für Terrorverdächtige und Gewalttäter sowie ein breiterer Einsatz von Bodycams und Tasern beschlossen. Diesmal soll die große Reform dran sein, „der große Aufschlag“, wie es aus der CDU heißt.

6600 Kameras gibt es bei der Berliner BVG. Jetzt sollen die Videos länger gespeichert werden.
6600 Kameras gibt es bei der Berliner BVG. Jetzt sollen die Videos länger gespeichert werden.Lino Mirgeler/dpa

Öffentlich halten sich alle Beteiligten zurück, um teils mühsam erarbeitete Kompromisse nicht zunichtezumachen. Dennoch ist klar, dass es insgesamt mehr Videoüberwachungen geben soll, vor allem mit klaren Regeln. So sollen etwa die Speicherfristen für Videos aus den mittlerweile 6600 Überwachungskameras in U-Bahnen, Bussen und auf BVG-Bahnhöfen verlängert werden. Statt wie bisher zwei Tage sollen die Videos künftig vier Tage gespeichert werden. Geplant ist auch eine Verlängerung des Betretungsverbots von Wohnungen für Täter bei häuslicher Gewalt.

Spannend wird sein, ob es Formulierungen zum sogenannten finalen Rettungsschuss geben wird, den gezielten Todesschuss von Polizeibeamten. Berliner Polizisten fordern seit Jahren lange klare Regelungen dazu ein, schon um für Rechtssicherheit zu sorgen. Nur Mecklenburg-Vorpommern und Berlin haben dazu keine Festlegungen in ihren Polizeigesetzen.

Koalitionsklausur: Regelt Berlin den „finalen Rettungsschuss“?

In Berlin muss bislang jeder einzelne Beamte auf eigene Verantwortung entscheiden, ob er abdrückt, um beispielsweise einen Geiselnehmer zu töten, um zu verhindern, dass dieser tötet. Andernorts entscheidet dies der Einsatzleiter. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Die Koalition strebt an, den finalen Rettungsschuss von Polizeibeamtinnen und -beamten als Ultima Ratio rechtssicher zu regeln, um Menschen in höchster Gefahr für Leib und Leben zu schützen.“

Sollten diese Themen auf dem Landgut Stober einigermaßen unfallfrei über die Bühne gehen, klänge das schon mal so gar nicht nach Krach zwischen Schwarz und Rot. Und vor allem aus der SPD kommen beschwichtigende Töne: Nein, es gebe keine Krise, ganz im Gegenteil. Zu erwarten sei im Havelland vielmehr „ein Fest der Fraktionen“.

Koalitionsklausur: „Ein Fest der Fraktionen“ oder „eine Sauftour“?

Doch Vorsicht, allzu ungezügelt sollte dieses Fest nicht ausfallen. So soll sich eine Fraktionsklausur im Februar 2024 am selben Ort zu einer „teuren Sauftour“ ausgeweitet haben, wie Teilnehmer anschließend Medienvertretern berichteten. So hätten die Vorstände der Parteien bis tief in die Nacht „ordentlich gesoffen“, war zu lesen.

Am Montag darauf zeigte sich Grünen-Fraktionschef Werner Graf „völlig ratlos und verärgert, dass Schwarz-Rot auf eine Arbeitsklausur fährt, die sich am Ende nur als teure Sauftour entpuppt“. Würde diese Regierung „mal ins Arbeiten kommen, wäre ihnen auch das Feierabendbier gegönnt“. So oder so sei es höchste Zeit, dass sich Schwarz-Rot mit den Herausforderungen der Stadt beschäftige, „statt sich gegenseitig unter den Tisch zu saufen“.

Die CDU-Fraktion sprach damals von, wörtlich zitiert, „Fake News“. Die Arbeitsklausur sei durchgängig konstruktiv und von einer freundschaftlichen Atmosphäre getragen gewesen.

Berliner-zeitung

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