Sudan: Armee verliert letzte Großstadt in Region Darfur – Berichte über Gräueltaten

Khartum. Im Sudan hat die paramilitärische Gruppe RSF die letzte von der Regierung kontrollierte Großstadt im Südwesten des Landes eingenommen. Die Armee bestätigte am Montag, sich aus der Stadt El Fascher mit rund 300.000 Zivilisten zurückgezogen zu haben. Die Miliz hatte bereits am Sonntag zuerst die Einnahme des Armeepostens und dann der gesamten Stadt verkündet.
Noch am Samstagmorgen hatte die Armee nach eigenen Angaben zwei schwere Angriffe abgewehrt. Dabei seien zahlreiche Kämpfer der Miliz getötet und verletzt worden, teilte die in El Fascher stationierte sechste Infanteriedivision mit. Keine der Angaben ließ sich zunächst unabhängig bestätigen.
Die Bundesregierung fordert ein sofortiges Ende der Gewalt durch die RSF-Miliz. „Wir sind erschüttert über die Berichte aus El Fasher, Sudan“, teilte das Auswärtige Amt auf der Plattform X mit. Kämpfer der RSF seien tief in die Stadt vorgedrungen und töteten wahllos Zivilisten. „Das muss sofort aufhören“, hieß es weiter. Die RSF hätten öffentlich zugesagt, Zivilisten schützen wollen. „Sie werden sich für diese Taten verantworten müssen.“
Das Sudan Doctor Network, eine medizinische Organisation, die den Krieg dokumentiert, bezeichnete den RSF-Angriff als “grausames Massaker“ und erklärte, Dutzende Menschen seien getötet worden. RSF-Kämpfer hätten Teile von Al-Faschir verwüstet, Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen geplündert und „die verbliebene lebenswichtige Gesundheitsinfrastruktur zerstört“, hieß es in einer Erklärung des Netzwerks.
Die sudanesische Ärztevereinigung nannte Al-Faschir ein „brutales Schlachtfeld“ und bezeichnete das Vorgehen der RSF im Sudan als „barbarische Taktik“. Sie forderte die internationale Gemeinschaft auf, die RSF als terroristische Organisation einzustufen.
In den sozialen Medien veröffentlichte Aufnahmen vom Sonntag zeigten RSF-Kämpfer, die ihren Vormarsch in einem eroberten Militärstützpunkt in Al-Faschir feierten. In einem der Videos war der stellvertretende RSF-Anführer Abdulrahim Dagalo zu sehen, der seine Leute aufforderte, nicht zu plündern und Zivilisten zu verschonen. Ein anderes Video zeigte aber RSF-Kämpfer, die auf fliehende Menschen schossen und auf diese einprügelten. Einige der Einwohner wurden rassistisch beschimpft.
Laut der Hilfsorganisationen International Rescue Committee (IRC) und Ärzte ohne Grenzen (MSF) sind in den letzten Wochen Tausende Menschen aus El Fascher in die etwa 80 Kilometer entfernte Ortschaft Tawila geflohen. Diese hätten sich den rund 400.000 Vertriebenen angeschlossen, die bereits dort leben. Die hohe Zahl an Hilfsbedürftigen belaste die ohnehin begrenzten Ressourcen und Dienstleistungen enorm. Angesichts der eskalierenden Kämpfe rufen UN, IRC und MSF eindringlich zum Schutz der Zivilbevölkerung auf.
El Fascher war die letzte Stadt unter Regierungskontrolle in der Region Darfur, die in dem seit zweieinhalb Jahren andauernden Konflikt fast vollständig von der Miliz eingenommen worden ist. In der Stadt leben nach UN-Schätzungen noch bis zu 300.000 Menschen unter Bedingungen, die von Helfern als humanitäre Katastrophe bezeichnet werden.

Der RND-Newsletter aus dem Regierungsviertel. Immer donnerstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Im Sudan herrscht seit April 2023 ein blutiger Machtkampf zwischen De-facto-Machthaber Abdel-Fattah al-Burhan und seinem einstigen Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo, der die RSF kommandiert. Die Miliz ist aus arabischen Reitermilizen hervorgegangen, denen – damals gemeinsam mit der sudanesischen Armee - ein Genozid an der ethnisch-afrikanischen Bevölkerung in Darfur mit bis zu 300.000 Toten vorgeworfen wird.
Während die Armee zwischenzeitlich die Hauptstadt Khartum zurückerobern konnte, haben die RSF ihre Kontrolle über die Region Darfur an der Grenze zum Tschad verfestigt. Beobachter fürchten eine dauerhafte Spaltung des Landes.
Belastbare Opferzahlen gibt es nicht. Nach einer von den USA zitierten Schätzung könnten bis zu 150.000 Menschen ums Leben gekommen sein. Die UN beschreiben die Lage in dem Land als die größte humanitäre Krise der Welt. Mehr als zwölf Millionen Menschen sind auf der Flucht. Mehr als 26 Millionen Menschen, etwa die Hälfte der Bevölkerung, sind von Hunger bedroht.
RND/dpa/AP
rnd




