Wahlen in Polen und Rumänien: Europas Glück auf der Kippe

Zwei Präsidentschaftswahlen in zwei wichtigen Nato- und EU-Ländern, in zwei Frontstaaten zur von Russland überfallenen Ukraine: Die Nachrichten aus Rumänien und Polen zeigen, wie sehr die Zukunft der Europäischen Union und ihrer liberalen Kräfte auf der Kippe steht. Und dass sie immer noch erfolgreich sein können.
In Rumänien gewinnt der pro-europäische Kandidat Nicusor Dan die Präsidentschaftswahl deutlich gegen seinen rechtsradikalen, von Russland unterstützten Konkurrenten – nachdem dieser in der ersten Runde noch deutlich vorn lag.

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Für das Balkanland bedeutet das den glücklichen Ausgang eines in allen Belangen skandalösen Wahlmarathons, der das politische System zum Beben gebracht hatte.
Auch der siegreiche Dan, beliebter Bürgermeister der Hauptstadt Bukarest, ist als Anti-Establishment-Kandidat angetreten. Er muss jetzt vor allem Ruhe und Glaubwürdigkeit in den politischen Betrieb zurückbringen.
Polen hingegen wird in den kommenden zwei Wochen garantiert nicht zur Ruhe kommen. Die Tage bis zur Stichwahl um das Präsidentenamt in Warschau am 1. Juni werden das Finale der andauernden heftigen Auseinandersetzung zwischen Liberalen und Nationalkonservativen darstellen.
In zwei Wochen wird in der Stichwahl entschieden, ob das wichtigste östliche EU- und Nato-Land politisch weiter zwischen zwei verfeindeten Lagern gelähmt bleibt – oder ob die pro-europäische Regierung von Premier Donald Tusk unter einem Präsidenten ihrer Partei durchregieren kann.
Das Ergebnis der ersten Runde war knapper als erwartet. Weniger als zwei Prozent trennen den Liberalen Rafal Trzaskowski von seinem nationalkonservativen Gegenkandidaten Karol Nawrocki. Zwei Kandidaten der radikalen bis extremen Rechten haben zusammen mehr als 20 Prozent eingesammelt, drei des progressiven Lagers weitere 14 Prozent.
Während die linksliberalen Wählerinnen und Wähler höchstwahrscheinlich zu Trzaskowski wechseln werden, ist völlig unklar, wie sich diejenigen Polinnen und Polen entscheiden werden, die ihre Stimme den beiden rechtslibertären und rechtsextremen Kandidaten gegeben haben. Viele von ihnen hassen die Nationalkonservativen genau so sehr wie die Liberalen, sehnen sich nach einem radikalen Ausweg aus dem polnischen Dauerstreit.
Alle erwarten ein äußerst knappes Ergebnis auch Stichwahl – und mehr nationalistische und migrantenfeindliche Töne von beiden Kandidaten in den kommenden Tagen. Auch die neue deutsche Grenzpolitik wird weiter im Fokus stehen.
Am Wahlabend trat Trzaskowski nicht in der Hauptstadt auf, sondern in zwei Kleinstädten Ostpolens. Die Message war klar: Wir sind noch nicht am Ziel. Und wir gehen verstärkt in die ländlichen Regionen, in denen wir dem Konkurrenten noch Stimmen abjagen können.
Ein Neustart in den deutsch-polnischen Beziehungen, wie von Bundeskanzler Friedrich Merz ersehnt, wird erst nach der Wahl möglich sein – falls Trazskowski seinen Vorsprung ins Ziel retten kann.
rnd