Diese Mini-Inseln werden durch kuriose Landesgrenzen geteilt

Manche Inseln erstrecken sich über weniger als einen halben Quadratkilometer, sind unbewohnt oder vollkommen abgeschieden. Trotzdem haben sie Platz für eine Landesgrenze, die nicht selten Grund für jahrelange Streits zwischen den Ländern war oder ist.
Die Eilande erzählen einzigartige Geschichten über Macht und Diplomatie. Sie sind Zeugnisse von Kolonialvergangenheit, ungelösten Territorialkonflikten oder, wie im Fall der Hans-Insel, von überraschend friedlichen und durchaus kuriosen Lösungen. Der reisereporter stellt dir einige der getrennten Inseln auf der Welt vor.
Die erste der kuriosen Inseln liegt mitten im nördlichen Bogen der Kleinen Antillen. Die Karibikinsel St. Martin – eine vulkanische Insel, die mit nur 87 Quadratkilometern Fläche dennoch geopolitisch bemerkenswert ist: Sie ist eine der kleinsten bewohnten Meeresinseln der Welt, die durch eine internationale Grenze geteilt wird. Der nördliche, flächenmäßig größere Teil Saint-Martin gehört zu Frankreich und ist Teil eines Überseegebiets der Europäischen Union.

Auf der Karibikinsel St. Martin verläuft eine Grenze zwischen Frankreich und den Niederlanden.
Quelle: IMAGO/Addictive Stock
Der südliche Teil bildet das autonome Land Sint Maarten, das dem Königreich der Niederlande angehört. Diese ungewöhnliche Teilung hat eine jahrhundertealte Geschichte. Der Legende nach vertrieben im Jahr 1648 französische und niederländische Kriegsgefangene die spanischen Besatzer und teilten die Insel im „Vertrag von Concordia“ offiziell unter sich auf.
Die Trennung prägt bis heute den Alltag. Zwei Hauptstädte, Marigot im französischen Norden und Philipsburg im niederländischen Süden, verwalten jeweils ihren Teil, wobei kulturelle und wirtschaftliche Einflüsse ineinander übergehen. Der Euro dominiert im Norden, im Süden ist der Karibische Gulden die offizielle Währung, wobei der US-Dollar auf beiden Seiten weithin akzeptiert wird. Trotz der Grenze in der Mitte bestehen aber keine Konflikte zwischen den Ländern und St. Martin ist auch bei Karibik-Reisenden äußerst beliebt.
Pulau Sebatik liegt vor der Ostküste Borneos und gehört zu den eher unbekannten Inseln der Welt. Historisch gesehen hat das rund 452 Quadratkilometer große Eiland aber einige interessante Geschichten parat. In der Mitte der Insel verläuft nämlich eine Grenze zwischen Indonesien und Malaysia. Diese Trennung geht auf ein Abkommen zwischen den damaligen Kolonialmächten Großbritannien und den Niederlanden zurück, das 1891 geschlossen wurde.

Die Insel Pulau Sebatik ist zwischen Indonesien und Malaysia geteilt.
Quelle: IMAGO/Dreamstime
Trotz der festgelegten Grenze kam es aber auch nach der Unabhängigkeit Indonesiens und der Gründung Malaysias immer wieder zu Spannungen auf der kleinen Insel. In den 1960er-Jahren eskalierten diese Spannungen während der sogenannten Konfrontasi und es kam zu militärischen Auseinandersetzungen. Auch in den Folgejahrzehnten führten wirtschaftliche Interessen aufgrund des vermuteten Erdöl- und Erdgasvorkommens in der Region zu Streit.
Zusätzlich erschwerten sicherheitspolitische Faktoren die Lage auf Pulau Sebatik. In den frühen 2000er-Jahren nutzten Extremistengruppen wie die indonesische „Jemaah Islamiyah“ die abgelegene, schwer zugängliche Topografie der Insel, um dort Rückzugsräume zu schaffen. Für einen entspannten Urlaub ist Pulau Sebatik eher nicht geeignet, die Geschichte der Insel ist aber trotzdem überaus interessant.
Auch in Deutschland gibt es eine Insel, die durch eine internationale Grenze geteilt ist – Usedom. Das Eiland in der Ostsee gehört größtenteils zu Deutschland und zu einem kleinen Teil zu Polen, von den insgesamt 445 Quadratkilometern Fläche sind rund 72 polnisch. Die offizielle Teilung erfolgte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Potsdamer Konferenz im Jahr 1945.

Die Grenze zwischen Deutschland und Polen verläuft auf der Insel Usedom.
Quelle: IMAGO/imagebroker
Nach Landwirtschaft und Fischerei war der Tourismus auf Usedom schon immer einer der wichtigsten Wirtschaftszweige der Insel. Dafür ist nicht zuletzt das Klima verantwortlich. Weil die zweitgrößte deutsche Insel im Jahr rund 1906 Sonnenstunden verzeichnet, ist sie auch als Sonneninsel bekannt und zieht jährlich mehr als eine Million Besucherinnen und Besucher an.
Kataja ist eine winzige, unbewohnte Insel im Bottnischen Meerbusen – und dennoch von geopolitischer Bedeutung. Mit einer Fläche von nur 0,71 Quadratkilometern wäre sie leicht zu übersehen, wäre da nicht eine internationale Grenze. Kataja markiert die östlichste Landfläche Schwedens und ist zugleich zwischen Schweden und Finnland geteilt.
Der größere Teil der Insel gehört zu Schweden, der kleinere zu Finnland. Diese besondere Grenzlage ist nicht etwa das Ergebnis politischer Neuverhandlungen, sondern eine Folge geologischer Prozesse. Als 1809 die Grenze zwischen Schweden und dem damaligen Russischen Reich gezogen wurde – Finnland war zu diesem Zeitpunkt unter russischer Kontrolle –, verlief die Trennlinie noch im Wasser zwischen zwei getrennten Inseln: dem schwedischen Kataja und dem finnischen Inakari. Im Lauf der Zeit jedoch bewirkte die postglaziale Landhebung eine Verbindung der beiden Eilande – aus zweien wurde eine, und die Grenze verlief plötzlich über Land.
Mitten in der eisigen Nares-Straße zwischen Grönland und der kanadischen Ellesmere-Insel liegt ein unscheinbarer Felsen: die Hans-Insel. Nur rund 1,3 Quadratkilometer groß, unbewohnt, rohstoffarm – und doch war sie jahrzehntelang Auslöser eines bemerkenswert langwierigen Territorialstreits zwischen Dänemark und Kanada. Die Insel war 1973 bei einem bilateralen Grenzabkommen schlicht übergangen worden, woraufhin beide Länder begannen, sie jeweils für sich zu beanspruchen.

Der dänische Außenminister und die kanadische Außenministerin einigten sich auf die offizielle Teilung der Hans-Insel.
Quelle: IMAGO/ZUMA Press
Was folgte, war ein ebenso symbolischer wie amüsanter „Krieg“: Immer wenn dänische oder kanadische Teams die Insel besuchten, rissen sie die Flagge des jeweils anderen herunter, hissten die eigene und hinterließen eine Flasche landestypischen Schnaps. Dieses freundliche Ritual wurde bald als „Whisky-Krieg“ bekannt und gilt als der wohl friedlichste Krieg der Welt.
Nach fast 50 Jahren diplomatischen Schaukampfes einigten sich Kanada und Dänemark schließlich im Jahr 2022 auf eine Teilung der Insel. Damit entstand eine neue internationale Landgrenze – mitten in der Arktis. Für beide Seiten hatte der lange Streit auch eine politische Botschaft: In einer Zeit globaler Spannungen zeige dieser Kompromiss, dass territoriale Konflikte auch friedlich und regelbasiert gelöst werden können. Mit einem symbolträchtigen Austausch von Schnapsflaschen wurde der wohl höflichste Grenzkonflikt der Weltgeschichte feierlich beendet.
Mit einer Fläche von nur 0,033 Quadratkilometern gilt Märket als eine der kleinsten geteilten Inseln der Welt und stellt ein wahres geografisches Kuriosum in der Ostsee dar. Der flache, zerklüftete Felsen liegt zwischen dem schwedischen Festland und den zu Finnland gehörenden Åland-Inseln. Er ragt nur wenige Meter über den Meeresspiegel hinaus und wird bei starkem Seegang vollständig überspült.
Nach Ende des Russisch-Schwedischen Kriegs im Jahr 1809 trat Schweden Teile Finnlands an Russland ab. In diesem Zug wurde auch Märket geteilt – ein bis dahin rein schwedisches Territorium. Mitte des 19. Jahrhunderts errichteten die Russen dort einen Leuchtturm, allerdings aus Versehen auf schwedischem Gebiet.
Diese historische Ungenauigkeit wurde erst 1985 durch einen präzisen Gebietstausch zwischen Schweden und Finnland gelöst. Seitdem verläuft die Grenze in einer seltsamen Zickzacklinie über den Felsen, die den Standort des Leuchtturms berücksichtigt. Heute kann der Leuchtturm in den Sommermonaten per Boot besichtigt werden.
Koiluoto ist eine winzige, rund 200 Meter lange Insel im nördlichen Teil des Finnischen Meerbusens nahe der finnisch-russischen Landgrenze. Trotz ihrer geringen Größe von nur etwa 0,02 Quadratkilometern ist sie politisch bemerkenswert: Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verläuft eine internationale Grenze quer über das felsige Eiland.
Der westliche Teil gehört zu Finnland, während der östliche Abschnitt zu Russland zählt. Die Teilung der Insel geht auf die Nachkriegsordnung von 1945 zurück, in deren Folge sich viele Grenzverläufe zwischen der Sowjetunion und Finnland verschoben. Anders als bei einigen anderen geteilten Inseln kam es in Koiluoto nie zu öffentlich bekannten Streitigkeiten über den Grenzverlauf. Die Insel ist heute unbewohnt.
Die Liancourt-Felsen – auf Koreanisch Dokdo, auf Japanisch Takeshima – sind eine kleine, unbewohnte Felsgruppe im Japanischen Meer, die seit Jahrzehnten im Zentrum eines ungelösten Territorialkonflikts zwischen Südkorea und Japan steht. Die Felsen liegen etwa auf halbem Weg zwischen der koreanischen Ostküste und der japanischen Präfektur Shimane, berichtet „Nippon-Info“.

Die Liancourt-Felsen sorgen für Streit zwischen Japan und Südkorea.
Quelle: IMAGO/Newscom / Yonhap News
Obwohl die Felsen nur wenig Fläche bieten, beanspruchen beide Staaten das Gebiet für sich. Südkorea kontrolliert die Inseln seit 1953 de facto militärisch, unterhält dort eine kleine Küstenwachstation und weist jegliche Verhandlungen über die Zugehörigkeit zurück. Japan hingegen sieht Takeshima als historisch legitimen Teil seines Staatsgebiets und fordert eine juristische Klärung vor dem Internationalen Gerichtshof – bislang ohne Erfolg.
Der Konflikt hat auch symbolischen Charakter und wird auf beiden Seiten auch mit nationalistischen Tönen begleitet. Politisch bedeutsam sind vor allem die potenziellen Gasvorkommen. Auf dem Meeresboden soll es große Mengen an Methanhydrat geben, in Eis eingeschlossenes Methangas, das ein lukratives Geschäft darstellt. Bis heute bleibt der Streit ungelöst und gilt als ein Beispiel dafür, wie selbst kleinste Inseln für komplexe historische und politische Spannungen verantwortlich sein können.
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