1. FC Schweinfurt 05: David unter Denkmalschutz

Als es geschafft war, Mitte Mai, tauchte sich sogar das Rathaus am Rande des Schweinfurter Marktplatzes in Grün. Das alte Fachwerk in neuem Glanz, es hatte beinahe etwas Märchenhaftes. Mit ein wenig Fantasie hätte es ein Feen-Schloss sein können, vielleicht auch ein Lebkuchenhaus, bloß ein übergroßes eben – aber in Schweinfurt wird ja gerade alles, was mit dem Fußballklub zu tun hat, eine Nummer höher, schneller, weiter.
Das Rathaus also in Grün, der Farbe des FC 05, „eine sehr schöne Geste“ zum Aufstieg in die dritte Liga sei das gewesen, sagt Schweinfurts Geschäftsführer Markus Wolf gut vier Wochen später. Inzwischen gibt das Rathaus längst wieder sein gewohntes Bild ab. Die Beleuchtung war natürlich nur vorübergehend, jenseits des Marktplatzes bedarf es aber gleich einer ganzen Reihe an Eingriffen und Anpassungen, die von Dauer sein müssen – jetzt, da der FC Schweinfurt 05 drittklassig ist.
Am vergangenen Freitag hat die Mannschaft die Vorbereitung auf die neue Saison aufgenommen, kurz nach dem letzten Regionalliga-Spiel sind aber schon die ersten Bagger vorgefahren, um den Rasen umzugraben und das Sachs-Stadion für den Profifußball zu rüsten. Es braucht, und das ist das größte Projekt, eine Heizung unter dem Spielfeld, damit der Ball auch in den kälteren Monaten rollen kann. „Das ganze Stadion und der Vorplatz wurden aufgerissen“, sagt Wolf, „es ist aber nicht nur die Rasenheizung, die gemacht werden muss. Es ist jede Menge zu tun, woran man gar nicht so denkt.“ Es braucht auch neue Zäune und Imbissbuden, Kabelkanäle – und neue Sitzplätze neben dem Gästeblock und zwischen der Haupttribüne und der Anzeigetafel.
Ende der Woche sollen die Arbeiten zwar schon abgeschlossen werden – dass das Sachs-Stadion, inzwischen fast 90 Jahre alt, Denkmalschutz genießt, hat den Umbau allerdings nicht gerade leichter gemacht. „Es hätte uns gut zu Gesicht gestanden, die Haupttribüne zu vergrößern und zu modernisieren, aber wir müssen uns natürlich an die Vorschriften halten“, erklärt Wolf. Nicht einmal die Bäume, die das Spielfeld umsäumen, dürfen gefällt werden. Sie sind es aber auch, die dem Stadion sein Flair verleihen.
Es ist also eine besondere und altehrwürdige Stätte, in der Schweinfurt einstige Erstligisten wie Hansa Rostock, den TSV 1860 München und Energie Cottbus empfangen wird, wenn die Saison am ersten August-Wochenende beginnt. Schon Mitte Juli steht ein Testspiel gegen den Zweitligisten 1. FC Nürnberg an.
„Wir haben mit den Verpflichtungen alles daran gesetzt, dass wir die Liga halten können“, sagt WolfEs sind große Namen, mit denen es die Schweinfurter von nun an zu tun haben. Man könnte meinen, dass sich die Frage, ob der Klub im Angesicht dieser Gegner David oder Goliath ist, gar nicht stellt – schließlich sind die Nullfünfer Aufsteiger und wirken erstmals seit über zwanzig Jahren im Profifußball mit, mit vielen Spielern, die in der vergangenen Saison noch Amateure waren. So gesehen werden sie in der neuen Saison oft Außenseiter sein. Aber sind sie das auch, gemessen an der Geschichte, der Strahlkraft und der Energie, die sich gerade in der Stadt breitmacht, wenn es gegen Verl oder die Kölner Viktoria geht?
Schweinfurt war Gründungsmitglied, als die zweite Liga 1974 an den Start ging, und auch Wolf sagt zwar, die dritte Liga sei „Neuland für uns. Das kann positiv oder negativ sein“ – aber mit dem aufgewerteten Kader sei es „möglich, zwischen Platz 10 und 16 zu landen“. Der namhafteste Neue heißt Johannes Geis: ein gebürtiger Schweinfurter, 31, der mit der Erfahrung von 121 Bundesliga- und 155 Zweitliga-Spielen für Fürth, Mainz, Schalke, Köln und Nürnberg in seine Heimatstadt kommt. Auch die Transfers der drittligaerfahrenen Pius Krätschmer und Tim Latteier können sich sehen lassen, dazu wird Sturmtalent Uche Obiogumu vom 1. FC Nürnberg geliehen. „Wir haben mit den Verpflichtungen alles daran gesetzt, dass wir die Liga halten können“, sagt Wolf, „ich sehe uns da gut aufgestellt. Wir sind nicht schlechter als die anderen Mannschaften.“
Schweinfurt, durch seine Historie im Vergleich zu manch anderem Drittligisten durchaus ein Goliath vergangener Tage, kehrt zwar erst einmal als David auf die bundesweite Bühne zurück, aber das muss nichts heißen. Die Nullfünfer haben ja schon im Vorjahr gezeigt, dass sie über sich hinauswachsen können – hin und wieder sogar über die Baumkronen des Sachs-Stadions.
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