U21-EM: Hohe Kaderqualität ist gleich hohe Erwartungen

In bester Laune macht sich die deutsche U21-Nationalmannschaft am Sonntag auf zur Europameisterschaft in der Slowakei. Das Trainingslager in Blankenhain – wo sich das A-Team vor einem Jahr auf die Heim-EM vorbereitet hatte – hat unter Top-Bedingungen den ohnehin großen Optimismus noch einmal gestärkt.
Nicht mit zur EM reisen kann allerdings Finn Jeltsch vom VfB Stuttgart. Der Abwehrspieler musste wegen einer Entzündung am Unterschenkel das Trainingscamp vorzeitig verlassen. Zwei weitere Kaderplätze mussten in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag noch gestrichen werden. Es traf den Torwart Johannes Schenk (Preußen Münster) und Angreifer Derry Scherhant, der in diesem Sommer von Hertha BSC zum SC Freiburg wechselt.
Spieler und Trainer Antonio Di Salvo wären bitter enttäuscht, sollte es wie 2023 wieder ein Aus in der Vorrunde geben. Eher orientiert man sich an 2017, 2019 und 2021, als die deutsche Mannschaft unter Di Salvos Vorgänger Stefan Kuntz dreimal in Folge das Endspiel erreichte und zweimal gewann.
Woltemade wird dringend benötigt„Wir wollen ins Finale und abliefern“, sagt Jamil Siebert, der Innenverteidiger von Fortuna Düsseldorf, der eine Ausstiegsklausel von kolportierten fünf Millionen Euro besitzt und aus England und Italien umworben wird. Es gibt noch ein paar deutsche Spieler mehr, die sich ins Schaufenster stellen können. Kapitän Eric Martel vom 1. FC Köln zum Beispiel, gemeinsam mit Rocco Reitz (Mönchengladbach) der absolute Führungsspieler im U21-Team.
Der Kader ist bestens bestückt. Einer wie der Kapitän von Darmstadt 98, Clemens Riedel, war trotz guter Saison in der zweiten Liga chancenlos, berücksichtigt zu werden. Di Salvo hat 16 Spieler dabei, die schon jetzt oder kommende Saison in der Bundesliga spielen, dazu Brajan Gruda vom Premier-League-Klub Brighton and Hove Albion und Bright Arrey-Mbi vom Erstligisten Sporting Braga aus Portugal.
Aber klar, es hätte sogar noch besser aussehen können. Dann nämlich, wenn in diesem Sommer nicht zum ersten Mal eine Klub-Weltmeisterschaft stattfinden würde. Torwart Jonas Urbig, Mittelfeldfeldspieler Tom Bischof (beide FC Bayern) und vor allem die beiden schnellen Angreifer Karim Adeyemi und Maxi Beier (Borussia Dortmund) hätte Di Salvo nur allzu gern dabei gehabt.
Umso mehr freut er sich, dass Nick Woltemade dabei ist. Der Mittelstürmer wird bei der U21 dringend benötigt, gehörte aber nach Absprache mit Bundestrainer Julian Nagelsmann zunächst dem A-Kader in der Nations League an. Trotz der Niederlage gegen Portugal, bei der Woltemade ein mittelprächtiges Debüt mit Licht und Schatten hinlegte, wird der 23-Jährige allerdings erst am Montag, also nach dem Spiel um Platz drei zur U21 reisen.
Dass er in der gemeinsamen Vorbereitung fehlte, sei „kein Problem für Nick“, glaubt Di Salvo, „er springt bei uns nicht ins kalte Wasser, sondern ist seit anderthalb Jahren bei jeder Maßnahme dabei gewesen.“
Hermann Gerland ist als Assistent dabeiZum Tross gehört Hermann Gerland, der dem U21-Bundestrainer gemeinsam mit dem vormaligen Darmstädter Co-Trainer Ovid Hajou assistiert. Zwar ist Gerland bereits 71 Jahre alt und hat vor zwei Jahren im Frühstücksfernsehen „Doppelpass“ live bei Sport1 ein paar Cola-Whiskey weggekippt, was einem Juniorencoach nicht zu Lob gereichen sollte – und doch ist der alte Haudegen offenbar wertvoll. „Hermann kommt bei Spielern und Staff super an, er ist sehr direkt“, sagt Di Salvo, „ich bin froh, einen so erfahrenen Profi an meiner Seite zu haben.“
In der Vorrunde trifft Deutschland zunächst am kommenden Donnerstag (21 Uhr/Sat.1) auf Slowenien, danach am 15. Juni auf Tschechien und am 18. Juni auf Mitfavorit England. Gegen Tschechien und England setzte es bei der EM vor zwei Jahren jeweils Niederlagen. Es folgte das frühe Aus.
Das sollte Warnung genug sein und diesmal unbedingt vermieden werden, und das sollte mit diesem guten Kader auch möglich sein. Trainer Di Salvo sieht zu Recht an vielen Stellen „hohes Potenzial“. Es ist jetzt an ihm und seinen Auserwählten, dieses Potenzial auch abzurufen.
Berliner-zeitung