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Vor der Euro mehren sich die Sorgen der Schweizer Fussballerinnen: Abstieg aus der Top-Gruppe der Nations League

Vor der Euro mehren sich die Sorgen der Schweizer Fussballerinnen: Abstieg aus der Top-Gruppe der Nations League
Jubelnde Norwegerinnen, frustrierte Schweizerinnen: Noelle Maritz (Nummer 5) und Géraldine Reuteler.

Salvatore Di Nolfi / Keystone

Es gibt schönere Vorstellungen, als ein paar Wochen vor der EM im eigenen Land nach einem verlorenen Match enttäuscht in die Knie zu sinken. Wie dies einige Schweizerinnen am Dienstagabend im Stade de Tourbillon nach der 0:1-Niederlage gegen Norwegen tun. Der Match in Sitten ist kein Tiefschlag wie derjenige zuvor in Frankreich, jene 0:4-Abfuhr, die so viel infrage gestellt hat. Aber auch er geht verloren – und zieht eine Konsequenz mit sich, die niemanden mehr überraschen kann.

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Die Schweizer Frauen-Auswahl steigt als Tabellenletzte aus der A-Gruppe der Nations League ab. Das heisst im Klartext: Frankreich sowie die Schweizer EM-Gruppengegner Norwegen und Island waren in der Nations League besser.

Es gibt angenehmere Aufgaben, als nach acht Spielen ohne Sieg abermals erklären zu müssen, woran die Auswahl krankt, was fehlt und ob sie sich tatsächlich daran klammern kann, dass sie «immer mehr Erfahrung im Rucksack» hat, wie dies die Nationaltrainerin Pia Sundhage hinterher an der Medienkonferenz in den Raum stellt. Die Heim-Euro naht schon fast bedrohlich.

Die Schweizerinnen werden nicht besser

Das Vorgefühl bleibt diffus und negativ behaftet. Die Sorge wird in der Schweizer Delegation immer grundsätzlicher, weil das Team eine gehörige Portion Skepsis mitschleppt, von Spiel zu Spiel, von Niederlage zu Niederlage, von Fragezeichen zu Fragezeichen, von Erklärungsversuch zu Erklärungsversuch. Ja, das war nicht gut, ist der Tenor – aber das wird das nächste Mal besser. Aber es wird nicht oder nur marginal besser. Verzweifelte Suche im Detailbereich.

Es gibt glücklichere Phasen im Leben einer Fussballerin als vor einem Heimturnier, das in Basel, Bern und Genf volle Stadien verspricht und den Frauenfussball voranbringen soll, zwei Remis und sechs Niederlagen aneinanderzureihen. Da sind in der Momentaufnahme keine Siegerinnen, sondern Verliererinnen. Ob das zu ändern eine der grössten Herausforderungen ihrer langen Karriere sei, wird die 65-jährige Schwedin Sundhage in Sitten gefragt. Die erfahrene Trainerin antwortet mit einem langen «Yessss», als würde ihr dieses Wort Erleichterung verschaffen.

Sundhage sucht die perfekte EM-Mischung, und findet sie nicht. Gegen Norwegen hütet wieder Livia Peng das Tor, die sich beim 0:4 gegen Frankreich einen kapitalen Fehler geleistet hatte, der das Team früh ins Wanken brachte. Elvira Herzog, die in anderen Spielen gepatzt hatte, sitzt abermals auf der Ersatzbank. «Peng könnte die Nummer 1 sein, auch Herzog könnte die Nummer 1 sein», sagt Sundhage dazu. Es gibt gefestigtere Konstellationen, als kurz vor einem Turnier die Torhüterin zu wechseln.

Sundhage setzt auf die 18-jährige Noemi Ivelj

Wer Positives aus dem Norwegen-Spiel filtrieren will, kann erwähnen, dass Peng an diesem Abend vor allem in der zweiten Halbzeit nicht viel beschäftigt ist. Als Sundhage nach dem Match gebeten wird, trotz allem drei positive Dinge zu erwähnen, beginnt sie mit der Besserung, «mit dem Wechsel» in der zweiten Halbzeit. Bessere Einstellung, mehr Kampf und Mut. Dazu hebt sie die 18-jährige GC-Spielerin Noemi Ivelj hervor, deren Körper den Belastungstest bestanden hat.

Sundhage verlangt Flexibilität. Zum Beispiel von der ebenfalls erst 18-jährigen Iman Beney, die in den Reihen des Schweizer Meisters YB als Stürmerin auf der rechten Seite Tempo erzeugt hat. Im Nationalteam wird Beney rechts hinten eingesetzt. Beney habe Tempo und Mut, spiele aber zeitweise noch etwas naiv, befindet Sundhage, «ich lasse das geschehen». Die Trainerin beordert die Tempomacherin weiterhin in die Abwehr. Sie sei hartnäckig, sagt Sundhage über sich selbst, «und ich bringe das mit Beney zum Laufen».

Es ist bemerkenswert, wie einige Personalien so kurz vor dem Turnier verhandelt werden. Ramona Bachmann ist im Vergleich zu Beney am anderen Ende der Altersskala zu situieren. Die 34-Jährige ist in Familienfreuden eingetaucht und hat im Moment keine Spielpraxis. Doch das Ziel ist, dass Bachmann am 2. Juli parat stehe, blickt Sundhage voraus. Das ist der Tag, an dem die Schweizerinnen in ihr EM-Abenteuer starten, gegen die physisch starken Norwegerinnen, gegen die sie in einer Art Hauptprobe verloren haben.

Als die Trainerin das sagt, nistet sich der Gedanke ein, dass Bachmann für Sundhage trotz allen Bedenken eine Art Hoffnungsträgerin sein könnte.

Die Schweiz hat in 8 Spielen 19 Gegentore erhalten

Stand jetzt wirkt dies wie das Klammern an einen Strohhalm – nach acht nicht gewonnenen Spielen in Serie, in denen die Schweiz 19 Tore erhalten und nur deren 4 erzielt hat. Aber in der Not greift man nach allem, was irgendwie nach Hoffnung riecht. Vielleicht, ja vielleicht löst sich ja auch der Knoten der 18-jährigen und in Barcelona hoch gehandelten Stürmerin Sydney Schertenleib.

Sie zeigt Ansätze, ist technisch versiert und unberechenbar, doch die letzten Länderspiele waren nicht die Spiele der Schweizerinnen und auch nicht die Spiele der Sydney Schertenleib.

Woran festhalten also? Während Frankreich im Vergleich zur Schweiz auf einem anderen Planeten Fussball zu spielen scheint, bleiben die Gruppengegner Norwegen, Island und Finnland auf der Erde. Das ist die Zuversicht der Schweizerinnen im Hinblick auf die Euro. Dennoch: Da muss bei ihnen noch viel in Bewegung kommen, damit sie sich nicht weiterhin nach jedem (verlorenen) Spiel auf dem Rasen im Kreis versammeln und gegenseitig Mut zureden müssen.

Im Moment dürfte mehr Zweifel als Hoffnung vorhanden sein. Im Tor, in der Abwehr, in der Mitte, ganz vorne, auf und vor der Spielerbank. In der Schweizer EM-Delegation ganz allgemein. Je näher das Turnier rückt, desto mehr setzen die Beteiligten wahrscheinlich vor allem auf eines: auf eine Dynamik, die daher rühren könnte, dass wenig erwartet wird – und nichts mehr zu verlieren ist.

nzz.ch

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