Warren Buffett weiss nicht, wohin mit seinem Geld

Berkshire Hathaway sitzt auf einem rekordhohen Bestand an Cash-Reserven. Beim Anlegen hält sich der legendäre Investor schon länger auffallend zurück.

Warren Buffett bleibt seinem Kurs bis zu seinem Abschied treu. Der Chef von Berkshire Hathaway hat im dritten Quartal erneut Aktien im Wert von mehreren Milliarden Dollar verkauft. Damit erreicht der Cash-Bestand des Firmenkonglomerates mit 381,6 Milliarden Dollar einen neuen Höchststand. Das gab der Konzern aus Omaha am Samstag bekannt.
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Berkshire Hathaway steigerte den operativen Gewinn im Berichtszeitraum um 34 Prozent auf 13,5 Milliarden Dollar. Zum weitverzweigten Firmenkonglomerat gehören neben Versicherungen eine Energiesparte und auch ein Eisenbahnbetreiber. Buffett hat im dritten Quartal unter anderem davon profitiert, dass die Versicherungen vergleichsweise wenige Schäden begleichen mussten.
Fast mehr noch als für das operative Ergebnis von Berkshire Hathaway interessieren sich Marktteilnehmer jedoch für die Anlagestrategie von Warren Buffett selbst. Viele hofften, dass der 95-jährige Star-Investor im dritten Quartal einen Teil seiner riesigen Barreserven für Aktienrückkäufe oder für Firmenzukäufe investiert.
Doch sie wurden enttäuscht. Seit mittlerweile drei Jahren hat der Altmeister Buffett keinen grossen Zukauf mehr getätigt. Im Gegenteil: Berkshire Hathaway baut im grossen Stil Aktien ab und hält dafür Cash. Buffett verkaufte im vergangenen Jahr einen beträchtlichen Teil seiner Apple-Beteiligung, ebenso Teile seiner Aktien der Bank of America. Seine Beteiligung am chinesischen E-Auto-Hersteller BYD stiess er gleich vollständig ab.
Der «Buffett-Bonus» schwindetIn diesem Jahr investierte Buffett 1,6 Milliarden Dollar in den Krankenversicherer United Health. Im Oktober übernahm er zudem Oxy-Chem, die Chemiesparte des Ölförderers Occidental Petroleum, für 9,7 Milliarden Dollar.
Solche verhältnismässig kleinen Investitionen ändern an den rekordhohen Cash-Reserven von Berkshire Hathaway kaum etwas. Wenn Warren Buffett, wie angekündigt, beim Jahreswechsel die Führung von Berkshire Hathaway an Greg Abel übergibt, so hinterlässt er seinem Nachfolger damit ein milliardenschweres Problem.
Denn um Berkshire Hathaway erfolgreich weiterzuführen, muss Greg Abel neue Anlagemöglichkeiten finden. Hier steht er vor einer schier unlösbaren Aufgabe. Seinen legendären Ruf als Investor verdankt Warren Buffett nicht zuletzt seinem «Value»-Ansatz, den er jahrzehntelang diszipliniert verfolgt hat: Er hat in unterbewertete Unternehmen investiert, die günstiger sind als ihr innerer Wert – angesichts der derzeit hohen Bewertungen an den Börsen werden solche Gelegenheiten zunehmend rar.
Anleger zweifeln daran, dass der 63-jährige Abel, der lange das Energiegeschäft von Berkshire Hathaway leitete, der richtige Mann für den Job ist. Der «Buffett-Bonus», den die Berkshire-Aktien lange genossen haben, schwindet. Seitdem Warren Buffett im Mai seinen Rücktritt angekündigt hat, haben die Aktien des Unternehmens rund 12 Prozent an Wert verloren.
Kein Katalysator für die Aktien in SichtVon Aktienrückkäufen zur Kurspflege will Buffett jedoch nach wie vor nichts wissen. Berkshire Hathaway kaufte auch im dritten Quartal keine eigenen Wertpapiere zurück, es ist bereits das fünfte Quartal in Folge. Damit signalisiert Buffett, dass er die eigenen Aktien derzeit für zu teuer hält.
Berkshire Hathaway kauft erst dann eigene Aktien zurück, wenn ihr Kurs unter dem inneren Wert der Aktie liegt. Dieser wird von Warren Buffett, dem Vorstandsvorsitzenden und Chef von Berkshire Hathaway, «konservativ festgelegt», wie das Unternehmen in einer Mitteilung schreibt.
Analysten reagierten enttäuscht, weil Buffett weder Aktienrückkäufe tätigte noch während des laufenden Börsenrallys stärker investierte. Einige Anleger suchten deshalb bereits nach anderen Möglichkeiten, wie der Anlageberater Gardner, Russo & Quinn schreibt.
Das Verhalten von Berkshire Hathaway sende ein klares Signal an die Investoren: «Wenn sie ihre Aktien nicht kaufen, warum sollten es dann andere tun?», schreiben die Berater von CFRA Research.
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