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Die Schweiz und Deutschland geraten unter eine Hitzeglocke – später kommt belastende Feuchtigkeit hinzu

Die Schweiz und Deutschland geraten unter eine Hitzeglocke – später kommt belastende Feuchtigkeit hinzu
Bei so hohen Temperaturen wie in der kommenden Woche werden viele Personen wieder in Flüssen schwimmen wollen (Aufnahme vom 38. Basler Rheinschwimmen).

Georgios Kefalas / Keystone

Zu seinem Ende läuft der Juni zur Hochform auf, heisse Luft strömt zum Wochenende in die Schweiz. Bereits am Sonntag könnten im Flachland schon 35 Grad Celsius erreicht werden, im ganzen Land herrscht bestes Badewetter bei tiefblauem Himmel und Sonnenschein.

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Doch das Wochenende ist nur der Auftakt für eine möglicherweise markante Hitzeperiode. Bis zur Mitte der kommenden Woche wird die Temperatur noch weiter steigen, auch in Deutschland. Der Juli startet extrem.

Wie heiss es am Ende wirklich wird, darauf wollten sich die Meteorologen am Donnerstag noch nicht festlegen. Thomas Kleiber von Meteo Schweiz rechnet allerdings mit Werten, die weit über 30 Grad reichen, vielleicht sogar über 35 Grad. Zudem deuten die Wettermodelle darauf hin, dass die Hitze zunächst bis zur Wochenmitte anhalten und nach einer kurzen Unterbrechung wieder zurückkehren könnte.

Neue Rekordwerte werden wohl nicht erreicht, allerdings steht der Schweiz die bislang längste und intensivste Hitzewelle des Jahres bevor.

Die heisse Luft reicht bis in grosse Höhen

Es sind nicht nur die Temperaturen, die Thomas Kleiber beim Blick auf die Wetterkarten aufgefallen sind. Ihn und seine Kollegen erstaunt auch das «ausserordentlich kräftige und stabile Hochdruckgebiet». Vor allem in den höheren Luftschichten seien Luftdruck und Temperatur extrem hoch, sie lägen am oberen Ende dessen, was für die Jahreszeit möglich sei.

Zu Wochenbeginn wird es auch in der Höhe ungewöhnlich warm: Selbst auf den höchsten Alpengipfeln steigt die Temperatur über null Grad. Schweizweit dürfte es zehn bis zwölf Grad wärmer sein als sonst zu dieser Jahreszeit.

Das Hochdruckgebiet, das sich vom Wochenende an über Süd- und Mitteleuropa wölbt, ähnelt dreidimensional einer Glocke. Meteorologen sprechen darum auch von einer Hitzeglocke. Darunter ist die Wüstenhitze, die von der Sahara über Spanien und Frankreich nach Mitteleuropa weht, gefangen und kann nicht entweichen.

Wie in einem Kochtopf köchelt die Luft vor sich hin und heizt sich weiter auf. Ende Juni steht die Sonne mittags am höchsten, sie kann maximal einstrahlen. Die Luft sinkt im Hoch ab und erwärmt sich durch die Zusammenpressung zusätzlich. Sie ist deshalb äusserst trocken, der Himmel tiefblau und wolkenlos, die Fernsicht in den Bergen majestätisch. Nur in den Tälern bringt eine leichte Bise etwas Erfrischung.

Zu der Hitze kommt später auch noch Feuchtigkeit

Eine gesundheitliche Gefahr ist die Hitze vor allem für Ältere und Kinder. Belastend seien aber nicht die reinen Höchstwerte, sagt Thomas Kleiber, denn im Verlauf der kommenden Woche wird die Luft allmählich feuchter. Die schwülen Nächte könnten dann «richtig unangenehm werden», sagt er. Ob und wo genau zur Wochenmitte dann auch Gewitter oder Unwetter drohen, lasse sich aber noch nicht sagen.

Klar ist nur, dass selbst bei einem abrupten Ende der Hitzewelle die Heissluft in Lauerstellung bliebe. Das westliche Mittelmeer hat sich stark aufgeheizt. Die Temperaturen der Wasseroberfläche liegen im Schnitt vier Grad über dem Schnitt der vergangenen Jahrzehnte.

An den Küsten Südfrankreichs und Spaniens ist das Wasser sogar fünf Grad wärmer. Noch nie seit Aufzeichnungsbeginn lag die Temperatur Ende Juni höher.

Bei anhaltend hohen Temperaturen schrumpfen die Gletscher

Die frühe Hitze verstärkt das Schmelzen der Alpengletscher. Grundsätzlich seien nicht einzelne heisse Tage problematisch, sagt der Glaziologe Matthias Huss von der ETH Zürich, sondern eine lange Periode mit anhaltend hohen Temperaturen und hoher Sonneneinstrahlung.

Für die Gletscher, die nach einem schneearmen Winter ohnehin wenig Puffer hätten, sei die Hitzewelle der Worst Case, erläutert Huss. Die Gletscherzungen seien schon seit mehreren Wochen schneefrei, nur oberhalb von 2800 Metern liege noch Schnee, der das Eis schütze. Noch, denn der Forscher erwartet auch in diesem Jahr einen massiven Eisverlust, der sogar an das Rekordjahr 2022 heranreichen könnte. «Für mich als Glaziologen ist die Hitze ein Stück weit beängstigend», sagt er.

Die Temperaturen liegen in der Schweiz schon seit Wochen über dem Schnitt. Der Juni wird deutlich zu warm ausfallen, landesweit liegt die Temperatur ungefähr drei Grad über dem Durchschnitt der letzten Jahrzehnte. Noch höher ist die Abweichung in den Alpen, hier ist es zirka vier Grad zu warm. Damit wird der Juni als einer der wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn 1864 abschliessen.

Zudem wird der erste Sommermonat zu trocken ausfallen. Bis auf wenige Orte im Jura und in der Region Basel, die von heftigen Schauern und Gewittern getroffen wurden, fiel flächendeckend zu wenig Regen. Zu sonnig war der Juni auch.

Die Gefahr von Waldbränden nimmt zu

Die Trockenheit wird allmählich zum Problem. In zahlreichen Kantonen war es nach Angaben der Nationalen Trockenheitsplattform schon am Freitag sehr trocken bis extrem trocken, die Waldbrandgefahr lag verbreitet bei Stufe 3 und dürfte sich im Laufe des Wochenendes und zum Wochenanfang weiter verschärfen.

Der Grund für die zunehmende Trockenheit ist die seit Pfingsten festgefahrene Wetterlage. Das kräftige Hoch, das jetzt die Hitzewelle auslöst, ist ein Ableger des Azorenhochs über dem Atlantik. Immer wieder hat sich in den vergangenen drei Wochen ein Hoch davon abgespalten, über Mitteleuropa gelegt und für stabiles und sommerliches Wetter gesorgt. Zwar brachen regelmässig Störungen von Nordwesten ein, sie brachten aber keinen nachhaltigen Wetterwechsel. Schnell baute sich nach einer kurzen Abkühlung ein neues Hoch auf.

Der Jetstream, der kühles und wechselhaftes Wetter bringt, macht meist einen Bogen um Mitteleuropa. Der Höhenwind strömt über Schottland und Skandinavien nach Osteuropa. Dort ist es in diesem Sommer bislang vergleichsweise kühl.

Die grosse Frage für die Meteorologen ist nun, wie lange die Hitzeglocke über Mitteleuropa hängenbleibt. Der Meteorologe Thomas Kleiber sieht kein klares Anzeichen, dass sich an der grossräumigen Wetterlage so schnell etwas ändern wird. Ein Wechsel zu viel Westwind und ordentlich Regen sei unwahrscheinlich, wie die Langfristmodelle nahelegten. Der Juli wird wohl sehr warm bleiben.

nzz.ch

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