Badeunfälle vermeiden: Wie man im Ernstfall helfen kann

Zum Sommerbeginn zieht es viele Menschen an die Strände von Meer und Badeseen. Dabei kommt es vor allem in Binnengewässern regelmäßig zu Unfällen durch Ertrinken. Und zwar auch deshalb, weil viele Schwimmer und Schwimmerinnen die Gefahr beim Baden unterschätzen. Ein Experte der DLRG klärt über die Risiken auf. Laut Statistik der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sind im letzten Jahr mindestens 411 Menschen in Deutschland bei Badeunfällen gestorben. Die Zahl der Todesfälle durch Ertrinken war damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 31 Personen gestiegen.
Badeunfälle kommen in allen Altersgruppen vor, sagt Martin Holzhause von der DLRG. Kinder seien nicht übermäßig häufig betroffen, auch wenn solche Fälle natürlich besonders dramatisch seien und daher meist größer darüber berichtet werde. Es sei hierbei wichtig, dass Eltern ihre Kinder auch an solchen Badestellen im Auge behalten, die von Rettungsschwimmern und Rettungsschwimmerinnen bewacht werden: „Auch an überwachten Stränden sind Mütter und Väter nicht von ihrer Aufsichtspflicht entbunden.“
Ein erhöhtes Risiko, beim Schwimmen tödlich zu verunglücken, haben aber vor allem ältere Menschen: „Gemessen an ihrem Anteil an der Bevölkerung sind Menschen über 50 aufwärts überdurchschnittlich oft betroffen“, sagt Holzhause. „Viele schätzen ihre Leistungsfähigkeit falsch ein, dann kommt es dazu, dass man sich mehr vornimmt, als der Körper schaffen kann.“ Vor allem wenn man nur im Sommer schwimme und den Rest des Jahres keinen Sport treibe, neige man schnell dazu, sich zu überfordern, so der DLRG-Sprecher: „Ein weiterer Grund für Badeunfälle in dieser Altersgruppe können Vorerkrankungen sein, die vielleicht nicht bekannt sind.“

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Die meisten Menschen ertrinken in Deutschland in Binnengewässern – also in Flüssen oder scheinbar ungefährlichen Seen. Im letzten Jahr ereigneten sich dort mehr als 90 Prozent der tödlichen Badeunfälle. Dass weniger Menschen im Meer ertrinken, liegt laut Holzhause auch daran, dass die Badestrände an Nord- und Ostsee beaufsichtigt seien. In Seen, Weihern oder Flüssen baden Menschen stattdessen oft an abgelegenen Orten, an denen ihnen niemand zu Hilfe kommen kann.
Besonders gefährlich sei das Baden bei großen Temperaturunterschieden. Zwar sind viele Badeseen im Sommer auf über 20 Grad aufgeheizt. Das Temperaturgefälle kann aber bei Hitze bis zu fast 30 Grad trotzdem groß sein. Bei zu großen Gegensätzen drohe ein Kreislaufkollaps und bei sehr kaltem Wasser ein Kälteschock, bei dem es zur Atemaussetzung und zum Herzstillstand kommen kann, so Holzhause.
In Seen gibt es selbst in relativer Nähe zum Ufer oft tödliche Unfälle, erklärt der DLRG-Pressesprecher: „Dort gibt es häufig Abbruchkanten, das heißt, nach einigen Metern flachen Wassers ist der See plötzlich sehr tief. Gerade ungeübte Schwimmer können in Panik geraten, wenn sie dort versehentlich in tiefes Wasser geraten.“ Panikreaktionen wie kräftezehrendes Um-sich-Schlagen machen manche Situationen im Wasser allerdings erst richtig gefährlich und sollten vermieden werden.
Aber auch besser trainierte Schwimmer und Schwimmerinnen könnten verunglücken, wenn sie zu weit hinausschwimmen und sich dabei übernehmen. Ein doppeltes Risiko sei Alkoholkonsum vor dem Baden: „Durch den Alkohol wird der Kreislauf ohnehin schon belastet, außerdem neigt man dadurch zu übermütigem Verhalten und springt vielleicht von einer Brücke in einen Fluss, obwohl man das nüchtern nicht getan hätte.“
Woran aber sieht man eigentlich aus der Ferne, ob jemand zu ertrinken droht, und wie sollte man am besten helfen? Ein Ertrinkender oder eine Ertrinkende sind laut Holzhause nicht immer einfach zu erkennen. Nur in der anfänglichen Panikphase rufen diese vielleicht noch um Hilfe oder winken mit den Armen. Danach seien sie so damit beschäftigt, die Atemwege über Wasser zu halten, dass sie meist nicht mehr um Hilfe rufen können. Wer eine verdächtige Situation sieht, sollte daher im Zweifelsfall reagieren, auch wenn die Person sich nicht selbst bemerkbar gemacht hat.
Das Wichtigste sei, den Notruf 112 zu wählen und Hilfe anzufordern. „Wer sich im Wasser in der Nähe der Person befindet, kann auch an diese heranschwimmen und zunächst versuchen, sie anzusprechen und notfalls zu beruhigen. Wenn möglich sollte man ihr einen schwimmbaren Gegenstand zuwerfen, dass kann ein Rettungsring sein, aber auch einfach eine Luftmatratze“, so Holzhause.
Geübte Schwimmerinnen und Schwimmer, die vielleicht sogar Erfahrung damit haben, könnten auch versuchen, die Person aus dem Wasser zu ziehen, wobei man ihr von hinten unter die Achseln greifen sollte. Allerdings seien sich gerade Laien oft nicht über die Gefahren solcher Rettungsversuche bewusst: „Wer im Wasser um sein Leben ringt, kann sehr große Kräfte entwickeln und mich auch mit nach unten ziehen.“ Ausgebildete Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer wüssten, wie sie sich in solchen Situationen zu verhalten haben, andere Personen meist nicht.
Wer sich beim Baden selbst möglichst keiner Gefahr aussetzen möchte, der sollte auf Alkohol verzichten und am besten nur in Bereichen mit Aufsicht schwimmen. Eine regelmäßige gesundheitliche Untersuchung empfehle sich bei älteren Menschen ohnehin, zudem sollten diese es im Urlaub langsamer angehen lassen und in Gewässern am besten entlang der Küste und nicht zu weit hinausschwimmen, rät Holzhause.
Die Prävention von Badeunfällen fange außerdem schon mit dem Schwimmunterricht in Schulen an. Leider sei es hierbei in der Zeit der Corona-Maßnahmen zu einem deutlichen Rückstand gekommen, als die Schwimmbäder monatelang geschlossen hatten. „Im Lehrplan ist eigentlich vorgesehen, dass jedes Kind bis zum Ende der Grundschulzeit sicher schwimmen können soll. Schon vor Corona hat aber nur die Hälfte der Schüler dieses Ziel erreicht“, so Holzhause. Die DLRG setze sich dafür ein, dass jede Schule Zugang zu einem Schwimmbad hat und regelmäßig Schwimmunterricht stattfindet. Je weniger Menschen schwimmen lernen, desto größer drohe sonst in Zukunft die Zahl der Badeunfälle zu werden.
Diese Tipps gibt die DLRG für Gefahrensituationen im Wasser:
- Verhalten in Strömungen: In Flussströmungen sollte man nicht versuchen, dagegen anzuschwimmen und auch keinen Halt an Pfeilern, Felsen oder Bäumen im Wasser suchen, da sich dort gefährliche Wirbel bilden können. Besser sollte man sich mit den Füßen voran auf den Rücken legen und versuchen, sich mit der Strömung schräg in Richtung Ufer treiben zu lassen.
- Verhalten bei Krämpfen: Bei längeren Aufenthalten im Wasser kann es durch Auskühlung und Überanstrengung zu Muskelkrämpfen kommen. Schwimmende sollten in diesem Fall versuchen, ruhig zu bleiben und zum Ufer zu schwimmen. Wenn dies nicht gelingt, kann man versuchen, den Krampf zu lösen, in dem die Muskelpartie im Wechsel angespannt und gelockert wird.
- Verhalten bei Erschöpfung: Bei Erschöpfungszuständen können Schwimmende Kräfte sparen und versuchen, sich zu erholen, indem sie eine Rückenlage einnehmen, bei der der Kopf bis zu den Ohren ins Wasser eintaucht und Bewegungen der Hände und Beine bei geringem Kraftaufwand für Auftrieb sorgen. Bei einer bewegten Wasseroberfläche ist auch das Ausruhen in Bauchlage möglich. Dabei befindet sich das Gesicht im Wasser und wird nur zum Luftholen kurz angehoben.
- Hilfe für Ertrinkende: Wer eine Person in Not sieht, sollte sofort einen Notruf tätigen, wenn gefahrlos möglich, an die Person heranschwimmen, um sie anzusprechen oder ihr einen schwimmbaren Gegenstand zuwerfen. Nur wer sich das sicher zutraut, ohne sich selbst zu gefährden, und/oder dafür ausgebildet ist, kann auch versuchen, die Person rückwärts unter die Achseln zu greifen und an Land zu ziehen.
Wir haben diesen Artikel am 27. Juni 2025 zuletzt aktualisiert.
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