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Psychologe: Im Kindersport kann die Grenze zwischen Unterstützung und Druck schmal sein

Psychologe: Im Kindersport kann die Grenze zwischen Unterstützung und Druck schmal sein

Es sei wichtig, Kinder im Sport nicht durch Forderungen, sondern durch aufmerksame Präsenz und Verständnis zu unterstützen, sagt Ewa Serwotka, Sportpsychologin an der SWPS-Universität. Im Sinne des positiven Sports sollten ihrer Meinung nach nicht die Ergebnisse im Vordergrund stehen, sondern Werte: Gesundheit, psychisches Wohlbefinden, persönliche Entwicklung und Beziehungen.

Laut dem Bericht der V4Sport Foundation über den Stand der körperlichen Aktivität von Kindern und Jugendlichen in Polen erfüllen nur 16,8 % der Kinder und Jugendlichen in Polen die grundlegenden Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation – d. h. mindestens 60 Minuten moderate oder intensive körperliche Aktivität pro Tag.

„In den letzten Jahren beobachten wir einen Rückgang der allgemeinen körperlichen Aktivität, der durch die COVID-19-Pandemie, soziale Isolation und eine Zunahme sitzender Tätigkeiten (z. B. Bildschirmzeit) noch verschärft wurde. Die körperliche Verfassung junger Polen verschlechtert sich nicht nur in Bezug auf die Leistung, sondern auch in motorischer und psychosozialer Hinsicht“, wird Ewa Serwotka, Sportpsychologin und inhaltliche Leiterin des Studiengangs „Kinder- und Jugendsportpsychologie“ an der SWPS-Universität, in einer Pressemitteilung auf der Website der Universität zitiert. Sie betont, dass Bewegungsmangel zu Konzentrationsproblemen, Emotionsregulation und einem geringeren Selbstwirksamkeitsgefühl führt.

Sport fördere nicht nur die Fitness, sondern – so die Expertin – auch die mentale Belastbarkeit und die emotionale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. „Sport ist ein Raum, in dem Kinder und Jugendliche Kooperation, Kommunikation, Empathie und Konfliktlösung lernen“, betont Ewa Serwotka.

Für viele junge Menschen trägt Sport auch zur Identitätsbildung und zum Zugehörigkeitsgefühl bei. „Die Trainingsgruppe, die Trainer, die Trainingsrituale – all das schafft eine Welt, in der sich ein Kind wichtig, wahrgenommen und geschätzt fühlt“, sagt er.

Ihrer Meinung nach ist ein systematischer Ansatz zur Förderung körperlicher Aktivität in Schulen und zu Hause notwendig. Serwotka betont die entscheidende Rolle der Eltern bei der Förderung der sportlichen Vision eines Kindes.

„Eltern und Erziehungsberechtigte sind die ersten Verhaltensvorbilder für Kinder. Ihre Einstellungen prägen Motivation, Selbstwertgefühl und die Einstellung zu Erfolg und Misserfolg. Studien legen nahe, dass Kinder nicht nur Aktivitätsmuster, sondern auch eine Denkweise über Anstrengung und Wettbewerb übernehmen“, erklärt die Psychologin. „Darüber hinaus fördert die emotionale Unterstützung durch Erwachsene die Entwicklung mentaler Belastbarkeit und hilft jungen Sportlern, mit Stresssituationen umzugehen.“

Der Experte weist darauf hin, dass viele Eltern insbesondere bei Teenagern Befreiungen vom Sportunterricht akzeptieren, was unter anderem stark von den persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen der Erwachsenen beeinflusst wird.

Auf der anderen Seite gibt es auch Eltern, die übermäßige Kritik üben, sich mit anderen vergleichen oder sich übermäßig auf Ergebnisse konzentrieren. Ein solches Verhalten kann das Selbstwertgefühl des Kindes mindern und zu einer psychischen Überlastung und in der Folge zu einem Burnout führen.

„Im Kindersport kann die Grenze zwischen Unterstützung und Druck sehr schmal sein – man kann sie leicht überschreiten, ohne es zu merken“, sagt der Experte. „Und wenn das passiert, verliert das Kind das Wertvollste am Sport: Leichtigkeit, Spaß, das Gefühl, sich weiterzuentwickeln und echte Leidenschaft.“

Untersuchungen zeigen, dass übermäßige Erwartungen von Erwachsenen einem Kind nicht nur die Freude am Spielen rauben, sondern auch sein Selbstwertgefühl mindern und den Stresspegel erhöhen.

Wie wir in der Pressemitteilung der SWPS lesen, „liegt die Quelle des Drucks oft in tief verwurzelten Überzeugungen der Sportkultur, wie etwa: ‚Ergebnis über alles‘, wobei sportlicher Erfolg zum einzigen Wertmaßstab wird; ‚Ohne Fleiß kein Preis‘, wodurch Leiden als notwendiges Element der Entwicklung verherrlicht wird; ‚Was die Schale der Jugend aufnimmt …‘, d. h. übermäßige Investitionen ins Training auf Kosten von Spontaneität und Kindheit; oder ‚Weil ich es sage‘, d. h. ein autoritärer Kommunikationsstil, der einem Kind den Raum nimmt, seine eigene Meinung zu äußern.“

„Solche Einstellungen werden zwar oft als Fürsorge und Engagement getarnt, können aber unter dem Deckmantel der Motivation die Form von psychischem Missbrauch annehmen. Zynismus, getarnt als ‚Beziehungsaufbau‘, verschleiert oft einen Mangel an Empathie und echtem Verständnis für die Gefühle eines Kindes“, glaubt der Experte.

Mit der Zeit können subtile Signale auftauchen, dass etwas nicht stimmt – die Eltern analysieren das Spiel mehr als das Kind, kommentieren jeden Fehler und vermitteln Botschaften wie „Du musst gewinnen“ oder „Du darfst die Mannschaft nicht enttäuschen“. „Statt Spaß am Spiel zu haben, entwickelt ein junger Spieler Angst vor Versagen und Enttäuschung. Es ist wichtig, dass sich alle Eltern fragen: Baue ich mein Kind auf oder erfülle ich damit meine eigenen Ambitionen?“, sagt Ewa Serwotka.

Er erklärt: „Kinder bauen ihr Selbstbild darauf auf, ob sie durch ihre Leistung Anerkennung ‚verdienen‘. Dies führt zu Versagensängsten, Anspannung und einem Rückgang des Selbstwertgefühls. Das Kind beginnt, in einem ‚Ich muss‘-Modus zu funktionieren, statt in einem ‚Ich will‘- oder ‚Ich entscheide mich dafür‘-Modus, was zu einem Burnout führen kann – selbst wenn Sport vorher seine Leidenschaft war.“

Unter diesem Druck geraten junge Menschen in einen inneren Konflikt: Einerseits wollen sie den Erwartungen der Erwachsenen gerecht werden, andererseits brauchen sie Autonomie und Freiraum für eigene Entscheidungen und Emotionen. Ein Ungleichgewicht in diesem Gleichgewicht kann zu Rückzug, Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation und sogar zum Rückzug vom Sport führen.

Ein Kind, das mit der Absicht trainiert, nicht zu scheitern – statt sich weiterzuentwickeln – trage eine seinem Alter nicht angemessene Belastung und könne tiefe emotionale Schwierigkeiten erleben, betont der SWPS-Experte.

„Es lohnt sich, Kinder nicht durch Forderungen zu fördern, sondern durch aufmerksame Präsenz und Verständnis“, rät die Sportpsychologin. Sie weist darauf hin: „Gemäß der Idee des positiven Sports sollte nicht das Ergebnis im Vordergrund stehen, sondern Werte wie Gesundheit, psychisches Wohlbefinden, persönliche Entwicklung und Beziehungen.“

Die Freude am Sport kann unter anderem dadurch aufrechterhalten werden, dass man nicht nur den Erfolg, sondern auch die Anstrengung lobt. Dies fördert laut Studien eine wachstumsorientierte Denkweise.

Wie in der Pressemitteilung der SWPS betont wird, „hilft das Feiern kleiner Schritte und die Wertschätzung des Prozesses den Kindern zu verstehen, dass der Wert im Engagement liegt und nicht nur in Medaillen.“

Gemeinsame körperliche Aktivität ist entscheidend. „Kinder lernen durch die Beobachtung von Erwachsenen. Wenn Eltern beim Sport mitmachen, sind sie Vorbilder für gesunde Gewohnheiten und schaffen positive Assoziationen mit Sport“, betonte die SWPS in einer Pressemitteilung.

Nach der Selbstbestimmungstheorie ist ein Gefühl der Autonomie, d. h. die Möglichkeit für das Kind, seine Disziplin oder sein Entwicklungstempo selbst zu bestimmen, ebenfalls von wesentlicher Bedeutung für die Aufrechterhaltung der intrinsischen Motivation eines Kindes.

Studien zufolge bauen Kinder ihr Selbstbild auf der Grundlage der Botschaften der ihnen am nächsten stehenden Erwachsenen auf. Daher ist es im Kindersport entscheidend, was ein Kind hört, nachdem es das Feld, die Matte oder den Platz verlassen hat.

Der Sportpsychologe betont, dass „die Reaktionen der Eltern nach Wettkämpfen – ob erfolgreich oder nicht – einen großen Einfluss auf die Überzeugungen, Emotionen und Motivation eines jungen Sportlers haben.“ Ein Elternteil, der seine Emotionen selbst regulieren kann, seine Frustration nicht auf sein Kind überträgt und es nicht nach seinen Ergebnissen beurteilt, wird für sein Kind zu einem sicheren Bezugspunkt, betont der Sportpsychologe.

Nach einem Sieg könne man beispielsweise sagen: „Ich bin stolz auf dich, denn du hast alles gegeben“, oder: „Ich sehe, du hattest Spaß“, rät die Expertin. Nach einer Niederlage wiederum sollten Eltern Unterstützung zeigen und beispielsweise fragen: „Wie fühlst du dich dabei?“, sagen: „Das war eine gute Lektion, was können wir besser machen?“ oder loben: „Schön, dass du nach Lösungen gesucht hast – das ist das Wichtigste.“ „So lernst du, dass Emotionen wichtig sind und Misserfolge nicht den eigenen Wert definieren“, betont Ewa Serwotka. (PAP)

Wissenschaft in Polen

amk/ zan/

naukawpolsce.pl

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