Der Mensch als funktionales Objekt!.. - Abdullah Dörtlemez

Sisyphus trägt jeden Tag denselben Stein den Berg hinauf, doch er rollt wieder hinunter. Die Götter verurteilen ihn dazu, denselben Stein für alle Ewigkeit den Berg hinaufzurollen. Jedes Mal fällt der Stein zurück. Dieser Mythos ist eine Allegorie sinnloser Arbeit, schöpferischer Anstrengung oder, anders gesagt, Gefangenschaft in sinnloser Wiederholung. Die Geschichte hat zeitgenössische Schriftsteller, Künstler, Philosophen und Politiker tief beeinflusst.
Ziel dieses Artikels ist es, die Art und Weise zu erörtern und zu erweitern, wie visualisierte künstliche Intelligenz zu einer Macht geworden ist, die den Menschen „einrahmt“, sowie die philosophischen und ethischen Probleme, die sie im Bereich der Humanressourcen aufgeworfen hat, ausgehend vom Technologieverständnis des Philosophen Heidegger.
Sisyphus und der Kreisel der UnproduktivitätIn der modernen Welt sind Menschen zu ständig wiederkehrenden Arbeitsabläufen verdammt; anstatt täglich eine neue Idee zu entwickeln, müssen sie vordefinierte Vorlagen ausfüllen, Prozesse einhalten und sich Normen unterwerfen. In Personalsystemen versuchen Kandidaten immer wieder, dieselben Tests mit denselben Algorithmen zu bestehen, doch die Originalität des Einzelnen bleibt unerkannt. Dies wird zu einer langwierigen Sisyphusarbeit, die nichts anderes bedeutet, als Kreativität zu ignorieren.
Mit dem Konzept des „Gestells“ argumentiert Heidegger, dass Technik nicht nur instrumenteller Grund, sondern auch eine Möglichkeit der Seinsoffenbarung ist. In diesem Kontext verliert der Mensch in der modernen technologischen Ordnung seine Subjektrolle und wird als „menschliche Ressource“ auf ein funktionales Objekt reduziert.
Das Gestell ist der intellektuelle und praktische Rahmen, der es erlaubt, Natur und Menschen nur noch als „nutzbare Ressourcen“ zu betrachten. In diesem Fall werden Menschen auch als Ressource innerhalb der Logik der Technologie verarbeitet. Mit anderen Worten: Menschen hören auf, Subjekte zu sein, und werden zu funktionalen Objekten, zu „menschlichen Ressourcen“. Die Existenz des Menschen ist hier als „Existentes“ messbar; sein Potenzial wird nicht in seiner existentiellen Tiefe, sondern nur als Funktion betrachtet.
Auswirkungen künstlicher IntelligenzHeideggers Weitsicht wird heute in der Welt der künstlichen Intelligenz und der Datenökonomie noch deutlicher: Künstliche Intelligenzsysteme kodieren menschliches Verhalten, Emotionen und Vorlieben als messbare Daten. Dies verwandelt den Menschen nicht nur in ein digitalisiertes Wesen, sondern ermöglicht es auch, ihn als Datenpunkt und „zu optimierende Ressource“ zu betrachten. Kurz gesagt: „Humanressourcen“ werden zu einem Bereich, in dem nicht nur Rekrutierungsprozesse, sondern auch Produktivität, geistige Leistungsfähigkeit und Verhaltenstendenzen gesteuert werden. Algorithmen, die die Leistung von Mitarbeitern und Arbeitern überwachen, bewerten Menschen wie Maschinen: Geringe Produktivität rechtfertigt den Ausschluss des Mitarbeiters aus dem System. Aus Heideggers Perspektive betrachtet, sind die Auswirkungen künstlicher Intelligenz auf die Humanressourcen:
Vergessen der Existenz: Der Mensch wird nicht als Entität wahrgenommen, sondern nur als funktionale Fähigkeit. Hier wird, wie bereits erwähnt, die Existenz des Menschen als „Existentes“ gemessen; nur seine Funktion wird berücksichtigt, nicht sein Werden, sein Potenzial, seine existenzielle Tiefe.
Auflösung der Subjektivität: Menschliche Eigenschaften wie Entscheidungsfindung, Wille und ethische Verantwortung werden von Algorithmen gesteuert. Technologie verändert die Beziehung zwischen Menschen und sich selbst, d. h. sie verändert die Antwort der Menschen auf die Frage „Wer bin ich?“
Die Existenz einer Möglichkeit der Erlösung: Obwohl Heidegger die Technik als „fatale Offenbarung“ bezeichnet, versäumt er es nicht, darauf hinzuweisen, dass Kunst, Denken und „Klarheit/Wahrheit“ dennoch einen Weg zur Erlösung bieten. Man könnte es auch so ausdrücken: „Funktionalität verbirgt, Dysfunktion enthüllt“, d. h. das Werkzeug ist verborgen, während es funktioniert; wenn es versagt, offenbart sich seine wahre Natur. An diesem Punkt werden die Probleme, die Psychologie und die physischen Grenzen des Menschen sichtbar.
WAS ZU TUN?Obwohl der technologische „Framing“-Ansatz in der Wissenschaft heftig kritisiert wird, bietet er eine solide philosophische Grundlage für das Verständnis, wie künstliche Intelligenz den Menschen prägt. Der Mensch ist heute eine Ressource. Wenn er nicht nur Daten, Produzent oder Leistungsträger ist, muss er auf ethischer, philosophischer und humanitärer Ebene neu definiert und gestaltet werden. Insbesondere bedarf es einer rechtlichen Absicherung, die persönliche Rechte in die Technologie integriert. Dieser Prozess kann durch die Integration von Philosophie, Ethik, Kreativität, Recht und insbesondere Kunst verändert werden. Hoffen wir, dass Regierungen und ihre Alternativen den Menschen als wertvolles Wesen betrachten, anstatt ihn nur als funktionales Objekt zu sehen!
ABDULLAH DORLETZ
HISTORIKER, RECHTSANWALT, EHRENRATSMITGLIED
Cumhuriyet