Hörgeschädigtes Mädchen kann dank experimenteller Gentherapie wieder hören

Gentherapien, die für Menschen mit genetisch bedingtem Hörverlust entwickelt wurden, haben in den letzten Jahren insbesondere bei Kleinkindern beeindruckende Ergebnisse erzielt. Ein wichtiger Fall zeigt, dass diese vielversprechende Methode auch bei älteren Menschen funktioniert. Ein junges Mädchen mit Hörverlust konnte nach Studien und fortlaufender Gentherapie wieder hören.
Eine experimentelle Gentherapie an zehn Patienten im Alter von 1 bis 24 Jahren mit angeborenem Hörverlust führte laut einer neuen Studie in der Fachzeitschrift Nature Medicine zu einer deutlichen Verbesserung des Hörvermögens. Die Wirksamkeit der neuen Behandlung bei Jugendlichen und Erwachsenen gibt Patienten mit diesem Problem zudem neue Hoffnung.
Die Studie wurde in fünf verschiedenen Krankenhäusern in China unter der Leitung des Karolinska Institutet in Schweden durchgeführt. Die Taubheit aller Teilnehmer wurde durch eine Mutation im Gen OTOF verursacht. OTOF produziert das lebenswichtige Protein Otoferlin, das Hörsignale vom Innenohr an das Gehirn überträgt. Weltweit sind rund 200.000 Menschen aufgrund dieser Genmutation taub.
Die neue Behandlungsmethode basiert auf einer einzigen Injektion in die Basis der schneckenförmigen Cochlea im Innenohr. Mit dieser Injektion wird ein spezielles Virus, das ein funktionsfähiges OTOF-Gen trägt, in das Innenohr injiziert.
Bereits nach einem Monat Behandlung stellten die meisten Patienten eine deutliche Verbesserung ihres Hörvermögens fest. Innerhalb von sechs Monaten war bei allen Patienten eine Verbesserung zu verzeichnen. Der hörbare Schallpegel sank von durchschnittlich 106 Dezibel auf 52 Dezibel. Das bedeutet, dass sie Geräusche fast auf Flüsterlautstärke hören können. Noch wichtiger ist, dass in den ersten zwölf Monaten nach der Behandlung keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auftraten.
Eine der bemerkenswertesten Entwicklungen der Studie war, dass zwei Patienten im Alter von 14 und 24 Jahren auf die Behandlung ansprachen. Denn Gentherapie ist bekanntermaßen vor allem bei kleinen Kindern wirksam. Dass die Behandlung auch bei Menschen mit Hörverlust im höheren Alter anschlägt, empfinden Experten als überraschend und spannend.
Natürlich basieren diese Ergebnisse auf einer kleinen Stichprobe. Die Forscher werden alle Teilnehmer mindestens fünf bis zehn Jahre lang beobachten, um die langfristigen Auswirkungen der Behandlung zu bewerten. Es herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass diese Studien erst der Anfang sind und dass es in Zukunft noch deutliche Fortschritte für Menschen mit Hörverlust geben wird.
milliyet