Luis Díaz wechselt für 75 Millionen Euro zum FC Bayern – es ist die dritthöchste Ablösesumme der Bundesligageschichte


Noch vor gar nicht so langer Zeit war die Stimmung jeweils aufgeregter, wenn Bayern München zur Sommerpause Transfers tätigte. Als Sadio Mané 2022 vom FC Liverpool kam, konnte man fast den Eindruck gewinnen, in München stehe ein Staatsbesuch an, so akribisch wurde darüber berichtet, was der senegalesische Stürmer gerade trieb. Die Aufmerksamkeit auf die Spitze trieb ein Jahr später der Transfer von Harry Kane. Der englische Weltstar, den sich die Bayern 100 Millionen Euro kosten liessen, wurde empfangen wie ein Mitglied des englischen Königshauses.
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Beim Wechsel des Kolumbianer Luis Díaz gehen die Dinge nun hingegen regelrecht gelassen voran. Der 28-Jährige kommt vom FC Liverpool, er ist der dringend benötigte Flügelstürmer, nach dem der FC Bayern sucht: Er hat den Nachweis internationaler Klasse erbracht, und er gilt als ein Profi mit tadelloser Berufsauffassung. Dem steht allerdings die Ablösesumme gegenüber, die die Bayern an Liverpool gemäss übereinstimmenden Medienberichten entrichten sollen.
Es handelt sich um 67,5 Millionen Euro, inklusive leistungsabhängiger Bonuszahlungen kann die Summe auf 75 Millionen anwachsen. Gewöhnlich gut informierte Kreise berichten von 14 Millionen Euro Bruttojahreslohn – das dürfte immerhin eine kleine Ersparnis darstellen gegenüber dem deutschen Nationalspieler Leroy Sané, der den FC Bayern Richtung Istanbul verlassen hat.
In der langen Vereinsgeschichte der Münchner ist es allerdings die dritthöchste Ablösesumme (und somit auch in der Bundesliga), die die Bayern je entrichtet haben. Teurer waren nur Kane und der französische Verteidiger Lucas Hernández, der die 80-Millionen-Euro-Investition in ihn zu keinem Zeitpunkt rechtfertigte. Ganz anders als Kane, der nicht nur einen gewissen Glamour nach München brachte, sondern dazu mit der Regelmässigkeit eines Uhrwerks Tore erzielt. Sollte sich Díaz irgendwo zwischen diesen beiden platzieren, mit einer leichten Tendenz zu Kane, wäre er auf jeden Fall kein Flop.
Díaz ist kein glamouröser SpielerSchon jetzt lässt sich jedoch festhalten: In der Summe aller Faktoren haben die Bayern nie einen teureren Transfer als diesen getätigt. Das mag auf den ersten Blick paradox erscheinen. Doch man braucht bloss das Alter zu betrachten. 28 Jahre alt ist der Kolumbianer, der in München einen Fünfjahresvertrag erhält. Er verfügt nicht über den Star-Faktor, den Kane besitzt. Und als die Bayern 2017 Hernández unter Vertrag nahmen, war dieser erst 23 Jahre alt.
Dabei ist es durchaus möglich, dass Díaz sich gerade in der besten Phase seiner Karriere befindet, die vielleicht noch zwei, drei Jahre anhalten kann. Für Liverpool erzielte er in 148 Spielen 41 Tore, zudem gelangen ihm 23 Assists. Allerdings sind seine Leistungen für Liverpool keineswegs so herausragend gewesen wie diejenigen Kanes für Tottenham Hotspur, auch wenn seine Trainer ihn über den grünen Klee loben. Ganz sicher aber repräsentiert er kein Zukunftsmodell für die Bayern. Anders wäre es womöglich gewesen, wenn sich Nico Williams von Athletic Bilbao für die Bayern entschieden hätte. Mit 23 Jahren hat er seine beste Phase als Fussballer ziemlich sicher noch vor sich.
Nico Williams wollte nicht zu den BayernInsofern ist Luis Díaz gewissermassen ein symptomatischer Transfer. Für sehr viel Geld wird eine gewisse Qualität eingekauft, in der Hoffnung, dass Díaz die Probleme im Flügelspiel schnell löst. Dass die Bayern bei Díaz derart spendabel sind, hat vor allem eine Ursache: Die Verantwortlichen, allen voran der mittlerweile hart kritisierte Sportdirektor Max Eberl, sahen sich unter Zugzwang, dem sie nun mit der Verpflichtung von Díaz begegnen.
Bei gleich drei anderen Gelegenheiten ging es nicht gut aus für die Münchner: Der umworbene Leverkusener Florian Wirtz entschied sich gegen die Bayern, Nico Williams sagte ab, und auch in Sachen des Stuttgarters Nick Woltemade hat der FC Bayern dem Vernehmen nach noch keine nennenswerten Fortschritte erzielt. Woltemade ist der gegenwärtig auffälligste deutsche Angreifer; für einen Wechsel möchte sich der VfB fürstlich entlohnen lassen. Allerdings wäre ein Wechsel von Woltemade tatsächlich eine Investition in die Zukunft der Bayern.
nzz.ch