Der Franken ist die stärkste Währung der Welt – aber schlägt er auch das Gold? Die längste bisher publizierte Zeitreihe liefert die Antwort

Der Boom beim Gold spiegelt das verlorene Vertrauen in die Währungen. Höchstens der Franken kann das Edelmetall übertrumpfen. Doch er schafft dies je länger, desto weniger.

«Ein Franken ist ein Franken», heisst es im Schweizer Volksmund. Hinter dem Satz verbirgt sich das Selbstbewusstsein, dass es keine andere Währung mit dem Franken aufnehmen kann. Die Erfolgsbilanz ist in der Tat beeindruckend. Selbst den Dollar als globale Leitwährung stellt der Franken mit seiner Wertentwicklung mühelos in den Schatten.
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Dies dokumentiert jetzt auch die bisher längste historische Zeitreihe zum Dollar-Franken-Wechselkurs. Publiziert hat sie der Ökonom Costa Vayenas, der als Anlagechef beim Vermögensverwalter Genesis arbeitet und an der Universität Zürich unterrichtet. Die in seinem neuen Buch präsentierten Daten reichen zurück bis ins Jahr 1798, das Gründungsjahr der Helvetischen Republik. Die Wechselkurse der ersten Jahrzehnte sind nicht in der Schweiz, sondern in Paris archiviert.
Seine Stellung als härteste Währung der Welt konnte sich der Franken allerdings nicht auf Anhieb erkämpfen. Wie die Grafik zeigt, bewegte sich der Wechselkurs zunächst in einer engen Bandbreite. Einzig für eine kurze Zeit, während des Amerikanischen Bürgerkriegs von 1861 bis 1865, stürzte der Dollar vorübergehend um die Hälfte ab. Davon abgesehen gab es kaum Schwankungen: Kostete der Dollar im Jahre 1801 5.17 Franken, so war es über hundert Jahre später, 1932, noch immer der exakt gleiche Betrag.
«Aus den Daten sehen wir, dass der Franken bereits in den Anfangszeiten eine erstaunlich stabile Währung war», sagt Vayenas. «Allein dies stellt eine beeindruckende Leistung dar, wenn man bedenkt, dass die Hoheit über das Münzwesen zunächst bei den einzelnen Kantonen lag.» Daher bestand in dieser Zeit ein Wirrwarr an lokalen Münzen wie Dukaten, Talern, Rappen oder Batzen.
Was die Stabilität förderte: Anfänglich war der Franken eine reine Metallwährung. «Im Gegensatz zu den USA oder Grossbritannien verzichtete die Schweiz zunächst auf das Drucken von Banknoten», erklärt Vayenas. Somit sei es für den Staat schwieriger gewesen, eine inflationäre Politik zu betreiben und zusätzliches Geld in Umlauf zu bringen.
Erst mit der Einführung der Bundesverfassung 1848 ging die Kompetenz für die Währung auf den Bund über – wobei sogleich ein Streit ausbrach: Die Romandie, Bern und Basel wollten, dass sich die Schweiz am französischen Franc orientiert. Die unterlegene Fraktion dagegen hätte den süddeutschen Gulden bevorzugt.
Im Jahr 1865 schloss sich die Schweiz der von Frankreich angeführten Lateinischen Münzunion an. Diese praktizierte eine fixe Anbindung an den Gold- sowie anfänglich ebenso an den Silberpreis. Was dazu führte, dass in der Schweiz eine Vielzahl von Gold- und Silbermünzen aus Frankreich, Belgien, Italien und Griechenland als offizielle Zahlungsmittel kursierten. Der Erste Weltkrieg führte schliesslich zum Zusammenbruch der Währungsunion.
Der Dollar verliert an BedeutungWenig später, mit der Weltwirtschaftskrise, begann der Höhenflug des Frankens. Zahlte man im Jahr 1932 noch 5.17 Franken für einen Dollar, fiel der Kurs nur ein Jahr später auf 3.08 – ein Minus von 40 Prozent. Der Trend war damit gesetzt.
Zwar sorgte die goldgedeckte Währungsordnung nach dem Zweiten Weltkrieg vorübergehend für stabilere Verhältnisse: Das Abkommen von Bretton Woods erhob den Dollar zur globalen Ankerwährung. Die USA vereinbarten fixe Wechselkurse mit den Handelspartnern und garantierten, dass diese ihre Dollarbestände zu einem festen Preis in Gold umtauschen konnten.
Weil die USA aber ein immer grösseres Defizit in ihrer Handelsbilanz anhäuften, erodierte das Vertrauen in den Dollar. 1971 musste das Land die Golddeckung seiner Währung aufgeben, worauf der Dollar dramatisch einbrach. Seither ist der Wechselkurs von 4.32 Franken auf 80 Rappen gefallen, was einem jährlichen Verlust von 3,3 Prozent entspricht. Meistens erfolgte der Niedergang in Wellen, auch im laufenden Jahr erreicht das Minus über 10 Prozent.
«Der Franken verdankt seine Stärke vor allem der herausragenden finanziellen Stabilität der Schweiz sowie der geringen Schuldenlast», sagt Vayenas. Dabei habe das Land auch das Glück gehabt, dass es in keine Kriege hineingezogen worden sei. «Zur Glaubwürdigkeit trug ebenso bei, dass die Währung stets durch hohe Goldreserven unterlegt war.» Bis im Jahre 1999 war die Golddeckung sogar in der Bundesverfassung festgeschrieben.
Golddeckung wurde verbotenWie Vayenas in seinem Buch schreibt, stand die Schweiz damit in einem gewissen Widerspruch zum Internationalen Währungsfonds (IWF). Dieser untersagte den Mitgliedern nach dem Ende des Bretton-Woods-Systems, die eigene Währung an den Goldpreis zu koppeln. Die Schweiz konnte den IWF allerdings davon überzeugen, dass sie keine explizite Goldbindung betrieb. Im Jahr 1999 etwa waren die im Umlauf befindlichen Banknoten und Münzen zu 97 Prozent durch Gold gedeckt.
Zwar haben die Zentralbanken ihre Goldeinlösepflicht abgeschafft: Dennoch konnte das Edelmetall seinen Status als Benchmark für die Werthaltigkeit einer Währung bewahren. In jüngster Zeit hat der Stellenwert sogar noch zugenommen. Der Grund liegt im starken Anstieg der Staatsschulden sowie in der Befürchtung, dass dies vermehrt zu Inflation und Geldentwertung führen könnte.

Martin Ruetschi / Keystone
Doch was ist auf lange Frist nun wertbeständiger: der Franken, als härteste Währung der Welt, oder eben doch das Gold? Für die Währung spricht eigentlich, dass diese einen Zins abwirft – ausser man lagert das Bargeld unter der Matratze. Mit Gold hingegen lässt sich keinerlei Ertrag erzielen.
Auch zu dieser Frage liefert Costa Vayenas mit der längsten bisher veröffentlichten Zeitreihe aufschlussreiche Antworten. Konkret hat er die Preisentwicklung von Gold seit dem Jahr 1836 einem Sparguthaben in Franken gegenübergestellt. Beim Franken wird angenommen, dass das Guthaben im kurzfristigen Geldmarkt investiert wurde, was ungefähr einem Sparbuch entspricht. Der Anleger verdient also einen Zins, bleibt aber dennoch liquide und kann das Geld bei Bedarf umgehend beziehen. Weil es sich um eine Modellrechnung handelt, hat Vayenas die Steuerbelastung auf dem Zinsertrag nicht in der Kalkulation berücksichtigt.
Nimmt man nun die vollständige Zeitreihe seit 1836, so präsentiert sich der Franken als Gewinner. Will heissen: Auf sehr lange Frist war die Schweizer Währung stärker als Gold. Die Wertzunahme des Sparbuchs ist über diese Periode beinahe zehnmal so gross.
Analysiert man die Daten indes genauer, so zeigt sich, dass der Franken seinen Vorsprung primär der Entwicklung im 19. Jahrhundert verdankt. Denn damals fiel der Zinsertrag höher aus. Je näher man aber zur Gegenwart kommt, desto geringer werden diese Zinsen und desto flacher wird die Kurve in der Grafik.
Bei der Wertentwicklung über die letzten hundert Jahre lieferten sich der Franken und das Gold meistens ein Kopf-an-Kopf-Rennen. In den letzten beiden Jahrzehnten allerdings ist das Resultat zugunsten des Edelmetalls gekippt, das nun deutlich besser dasteht. Startet man den Vergleich nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Abkommens von 1971, ist das Gold ebenfalls der klare Sieger. Nur für eine kurze Periode, Ende der 1990er Jahre, lagen der Franken und das Gold gleichauf.
«Der Franken bleibt die mit Abstand solideste Währung der Welt», so fasst Vayenas seine Analyse zusammen. «Der Preisanstieg beim Gold, der sich jüngst beschleunigt hat, zeugt allerdings von einem zunehmenden Vertrauensschwund gegenüber den Währungen generell. Die Leute zweifeln an deren Werthaltigkeit.»
Pikant ist in diesem Zusammenhang, dass die Schweiz Ende der 1990er Jahre beschlossen hatte, mehr als die Hälfte ihrer Goldreserven abzustossen. Der Zeitpunkt fiel just auf das Ende einer 20-jährigen Goldbaisse, in deren Verlauf der Preis um zwei Drittel gesunken war. Seither jedoch hat sich der Preis verachtfacht. Die in den Jahren 2000 bis 2009 verkauften 1550 Tonnen Gold trugen der Schweiz einen Erlös von knapp 30 Milliarden Franken ein. Heute hätte dieser Bestand einen Gegenwert von 150 Milliarden.
Obwohl sich der Verkauf rückblickend nicht ausbezahlt hat: Vayenas kann den Entscheid aus damaliger Sicht nachvollziehen. «Es bestanden weitverbreitete Zweifel, ob Gold auch künftig seine Funktion als Wertspeicher behalten würde, was sich im langjährigen Preisrückgang spiegelte.»
Begehrter Schutz gegen InflationStattdessen hat das Gold ein fulminantes Comeback erlebt. Sogar etliche Zentralbanken stocken ihre Reserven wieder auf, namentlich in China, Polen, Indien oder der Türkei. Ein Faktor ist das Bestreben, die Abhängigkeit vom Dollar zu reduzieren. Auch der Schweizerfranken ist als «sicherer Hafen» begehrt. «Viele Anleger wollen sich gegen das Szenario einer anhaltenden Inflation absichern», sagt Vayenas. Neben Realwerten wie Aktien, Gold oder Immobilien seien daher ebenso Währungen gesucht, die nur einer geringen Geldentwertung ausgesetzt seien.
Welchen hohen Preis die Anleger für diese Sicherheit bezahlen, lässt sich am äusserst tiefen Zinsniveau in der Schweiz ablesen: Die Käufer einer zehnjährigen Staatsobligation geben sich derzeit mit einem mickrigen Zins von 0,1 Prozent pro Jahr zufrieden. Dagegen muss der amerikanische Staat seinen Gläubigern für eine zehnjährige Staatsanleihe einen Zins von 4,1 Prozent bezahlen. Eine solch grosse Zinsdifferenz akzeptieren Käufer nur dann, wenn sie mit einer weiteren Abwertung des Dollars rechnen.
Seinen Status als stärkste Währung der Welt dürfte der Franken also kaum verlieren. Der wahre Test ist allerdings, wie gut sich die Schweizer Währung künftig gegenüber dem Gold behaupten kann. Dies ist auch ein Zeichen dafür, wie viel Vertrauen die Währungen als Ganzes bei den Anlegern noch geniessen.
Costa Vayenas: The Swiss Franc 1798–2055. Vayenas Publishing, Brugg 2025.
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