Die grössten Fehler und die besten Tipps – so gelingt der erste Marathon


Illustration Jasmin Hegetschweiler / NZZaS
Der grösste Fehler, den Sie machen können? Zu früh zum ersten Marathon starten. Man sollte sich nicht unter Aufbietung der letzten Reserven über eine Laufstrecke quälen, sondern die Premiere gut vorbereitet angehen, damit sie zu einem unvergesslichen Erlebnis wird. Zuerst ist ein medizinischer Check sinnvoll. Und dann braucht es vor allem Vernunft und Zeit, um die Trainings kontinuierlich zu steigern und den Körper an die erhöhten Anforderungen zu gewöhnen.
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Der Halbmarathon ist eine ideale Zwischenstation. Selbst wenn man nur zehn Kilometer am Stück laufen kann und zwei- oder dreimal in der Woche trainiert, lassen sich nach drei Monaten die 21,1 Kilometer in Angriff nehmen. Die Grundsätze einer sinnvollen Trainingsplanung können bereits bei einem minimalen Trainingsaufwand angewendet werden.
Das Ziel Halbmarathon/Marathon sollte langfristig angegangen und stufenförmig aufgebaut werden. Starten Sie zuerst an einem Zehn-Kilometer-Lauf, dann an einem Halbmarathon und erst danach an einem Marathon. Egal, ob acht, zwölf oder mehr Monate Marathon-Vorbereitungszeit: Es ist sinnvoll, diese in drei Etappen einzuteilen, eine Einstimmungs-, eine Grundlagen- und eine Wettkampf-Etappe.
Dabei gilt es zu beachten, dass eine zielgerichtete Trainingsplanung nicht nur Wissen über die verschiedenen Trainingsinhalte erfordert, sondern auch Fingerspitzengefühl bei deren Auswahl. Die Häufigkeit, der Umfang und die Intensität des Trainings sollten individuell angepasst werden, da jeder Organismus unterschiedlich auf Belastungssituationen reagiert. Zur optimalen Steuerung empfiehlt sich ein Laktatstufentest.
Vorbereitung in den TrainingsphasenEinstimmungs-Etappe (mindestens acht Wochen): In der ersten Vorbereitungszeit gilt es, Umfang und Intensität gering zu halten. Wenn man in dieser Phase schon zu umfangreich oder zu hart trainiert, kann es zu einer Überlastung des Bewegungsapparats kommen, und es besteht auch die Gefahr einer zu frühen Formentwicklung. In dieser Etappe kann mit Cross-Training, also Aktivität in verschiedenen Ausdauersportarten, der Trainingsumfang optimal erweitert werden.
Grundlagen-Etappe (mindestens acht Wochen): Jetzt können Sie die Intensität und den Umfang steigern. Hier kommen zum Teil auch sehr lange Einheiten im Grundlagenbereich dazu, etwa ein Long Jog von 25 bis 30 Kilometern oder Cross-Training. Lange Einheiten sind unerlässliche Bestandteile der Marathon-Vorbereitung, denn so werden Bewegungsapparat, Herz-Kreislauf-System, der Fettstoffwechsel und auch die Psyche auf die Besonderheiten des Marathons vorbereitet.
Vermehrt sind schnellere und intensive Trainings möglich. Zum Beispiel Fahrtspiele – darunter versteht man dem Gelände angepasstes Laufen mit einem Wechsel zwischen langsameren und schnelleren Geschwindigkeiten. Ein Fahrtspiel und ein Long Jog werden maximal einmal pro Woche in Ergänzung der Dauerläufe durchgeführt.
Zusätzlich zu den Laufeinheiten sind Cross- und Krafttraining essenziell, um die Muskulatur gezielt auf die langanhaltende Belastung vorzubereiten. Dafür benötigt man kein Fitnesscenter, sondern kann mit Geräten wie Medizinball, Langhantel oder Mini-Band diverse Koordinations- und Kraftausdauertrainings absolvieren.
Wettkampf-Etappe (vier Wochen) und Optimierung: Drei Wochen vor dem grossen Ereignis darf durchaus ein intensiver Testwettkampf mit kürzerer Dauer (maximal 15 km) auf dem Programm stehen. Aber jetzt gilt: Ruhe ist auch Training! In der Wettkampfetappe können Sie kaum zu wenig, sehr wohl aber zu viel machen.
Individuelles Tempo bestimmenViele Marathon-Neulinge machen den gleichen Fehler: Sie laufen die ersten Kilometer viel zu schnell und brechen dann auf der zweiten Streckenhälfte fürchterlich ein. In anderen Bereichen des Lebens mag es richtig sein, Reserven anzulegen – bei einem Marathon erleiden Sie mit dieser Taktik Schiffbruch.
Nur wenn man seinen Körper dazu bringt, die Energie von Anfang an aus einer Mischung von Fett und Glykogen zu beziehen, kommt man gut über die Distanz. Wer zu schnell startet, ist schon bald ohne Glykogenreserven unterwegs. Die besten Marathonläufer absolvieren beide Streckenhälften gleich schnell, einige die zweite Hälfte sogar schneller.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das individuell richtige Tempo herauszufinden. Für die folgende einfache Berechnungsformel brauchen Sie nur Ihre Halbmarathon-Bestzeit: Halbmarathon-Kilometerzeit plus 5 bis 10 Prozent = Marathon-Kilometerzeit. Mit einem Zuschlag von 10 Prozent rechnen Sie, wenn es sich um den ersten Marathon handelt, 5 Prozent gilt für erfahrene Marathonläufer.
Wahl des MarathonsGerade für Neulinge lohnt es sich, einen der berühmten Marathons auszuwählen, wo die Stimmung unvergleichlich ist. Die spektakulärsten finden in Berlin, London, Boston und New York statt. Dort sind Sie nie allein unterwegs. Der Berlin-Marathon zählt zu den bedeutendsten Marathons im deutschsprachigen Raum und ist bekannt für seine schnelle Strecke. London ist der renommierteste und stimmungsvollste Marathon Europas. Aber ganz klar die Nummer eins weltweit ist der New-York-Marathon mit 50 000 Teilnehmenden und zwei Millionen Menschen am Strassenrand.
In der Schweiz haben sich in den letzten Jahren der Lausanne-, der Luzern-, der Zürich- und der Jungfrau-Marathon am besten entwickelt. Die Strecken in Lausanne und in Luzern führen durch eine herrliche Landschaft dem Seeufer entlang, Zürich hat die schnellste Strecke. Der Jungfrau-Marathon bietet das schönste Panorama, ist mit 1953 Höhenmetern aber sehr anspruchsvoll.
Markus Ryffel ist ein Schweizer Laufpionier, er gewann von 1977 bis 1984 sechs internationale Medaillen, darunter Silber an den Olympischen Spielen in Los Angeles 1984 über 5000 Meter. Er führt die Markus Ryffel’s AG.
Ein Artikel aus der «NZZ am Sonntag»
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