Pippo Baudo, Abschied vom König des italienischen Fernsehens. Eine sechzigjährige Karriere, die die Popkultur prägte.

Giuseppe Raimondo Vittorio Baudo wurde am 7. Juni 1936 in Militello im Val di Catania geboren. Er wuchs in einer bürgerlichen Familie auf, studierte fleißig und schloss sein Jurastudium ab. Doch das Rechtssystem und die Gerichte sprachen ihn nicht an: Sein Instinkt trieb ihn zur Bühne. Er zog nach Rom, in ein Italien, das einen Wirtschaftsboom erlebte und in dem das Fernsehen gerade erst aufkam.
Baudo verstand sofort, dass dieses Medium alles verändern würde: Konsum, Sitten und Sprache. Er begann als Pianist und Moderator kleiner Musikshows und fiel durch seine gebieterische Stimme, seine direkte Ansprache des Publikums und seine Fähigkeit auf, den Bildschirm selbst mit kleinsten Gesten zu füllen. Er war kein Schauspieler, Sänger oder Komiker: Er war ein Moderator im wahrsten Sinne des Wortes, jemand, der die Zügel der Show in der Hand hielt.
Der Aufstieg: Settevoci und die ersten ErfolgeDer eigentliche Durchbruch kam Mitte der 1960er Jahre mit Settevoci, einer Musiksendung, die zu einem gesellschaftlichen Phänomen wurde. Dort stellte Baudo seinen Stil unter Beweis: intensiver Dialog mit dem Studiopublikum, ein anhaltendes Tempo und sorgfältig abgestimmte Improvisationen, die nie fehl am Platz wirkten. Seine Präsenz verlieh der Varietéshow Autorität, während sein Auftreten eine Art „Pakt“ mit den Zuschauern schloss: Pippo sorgte dafür, dass das, was gesendet wurde, sehenswert war.
Von da an ging es mit seiner Karriere steil bergauf. In den 1970er Jahren moderierte er Canzonissima und landete dann bei Domenica In, einer Sendung, die jahrzehntelang die italienischen Nachmittage prägen sollte. Der Sonntag wurde zum Synonym für Familienunterhaltung, lange Varieté-Shows mit Musik, Interviews und Spielen. Baudo hielt alles mit einer Balance zusammen, die nach ihm niemand mehr erreichen konnte.
Das Königreich in SanremoWenn es einen Ort gibt, der Pippo Baudo mehr als jeder andere in Erinnerung ruft, dann ist es die Ariston-Bühne. Dreizehn Mal war er Gastgeber des Sanremo-Musikfestivals: ein Rekord, den niemand je erreicht hat. Baudo verwandelte das Festival von einem Musikfest in ein nationales Ereignis, einen festen Bestandteil des italienischen Kalenders.
In seinen Jahren beehrten Künstler, die zu Ikonen wurden, die Bühne: von Giorgia bis Laura Pausini, von Andrea Bocelli bis Eros Ramazzotti. Baudo versteht es, junge Talente zu präsentieren, aber auch Traditionen zu wahren und etablierten Stimmen Raum zu geben. Er ist der Zeremonienmeister, der die Künstler einführt, aber auch der unsichtbare Regisseur, der das Timing, die Rahmung und sogar die Momente hinter den Kulissen kontrolliert.
Einige berühmte Episoden zeugen von seiner zentralen Rolle: Als 1995 ein Mann drohte, vom Balkon des Ariston-Theaters zu springen, griff Baudo live ein, überzeugte ihn, davon abzulassen, und rettete die Situation gelassen. Dieser Moment wurde zum Symbol seiner Fähigkeit, nicht nur die Show, sondern auch die unerwarteten Ereignisse des Lebens zu meistern.
Die Kunst, Talente zu entdeckenPippo Baudo war nicht nur Moderator, sondern auch Talentsucher. Er lancierte die Karrieren von Heather Parisi, Lorella Cuccarini, Giorgia, Andrea Bocelli und vielen anderen. Er hatte das Auge und Ohr, um zu erkennen, wer „auf der Leinwand für Furore sorgen“ konnte. In diesem Sinne war er ein wahrer Fernsehschöpfer, nicht nur ein einfacher Moderator.
Seine Entdeckungen beschränkten sich nicht nur auf weibliche Figuren oder Sängerinnen. Er verhalf Komikern, Tänzern und Persönlichkeiten zum Durchbruch, die das italienische Fernsehen seit Jahrzehnten bereichern. Sein Instinkt ermöglichte es ihm, Talente zu erkennen, als sie noch unreif waren, und sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Populär, aber nicht banalBaudo verkörperte das allgemeine Fernsehen in einer Zeit, in der das Fernsehen eine Mission hatte: zu vereinen, zu unterhalten und zu bilden. In seinen Programmen war kein Platz für Vulgarität oder Sensationsgier um ihrer selbst willen. Sicher, es gab Momente der Unbeschwertheit oder übertriebenen Dramatik, aber immer in einem respektvollen Rahmen.
Er stellte hohe Ansprüche an seine Mitarbeiter, oft autoritär, doch seine Strenge war vom Respekt vor dem Publikum bestimmt. Schlampige Improvisation oder hastig erstellte Inhalte duldete er nicht. Fernsehen, sagte er, sei ein Dienst, der in jedes Zuhause gelangen müsse: „Man kann es sich nicht leisten, es auf die leichte Schulter zu nehmen.“
Die schwierigen Jahre und die RenditenNatürlich gab es in einer so langen Karriere auch dunkle Momente. Ein paar misslungene Shows, ein paar angespannte Beziehungen zur RAI, ein paar weniger erfolgreiche Versuche bei Mediaset. Doch Baudo schaffte es immer wieder, sich wieder zu erholen. Sein Name, sein Image, seine Professionalität haben ihn immer wieder ins Rampenlicht zurückgebracht.
Das Publikum verzieh ihm schließlich alles. Denn Goofy war Goofy: Er konnte Fehler machen, blieb aber ein Bezugspunkt. Jede seiner Rückkehren wurde als natürliches Wiedersehen mit dem Publikum begrüßt.
Eine Ära, die zu Ende gehtDer Tod von Pippo Baudo ist nicht nur der Tod eines Showmans. Es ist das Ende einer Ära. Mit ihm ist der letzte große Conferencier der RAI gestorben, der Mann, der die Idee des öffentlich-rechtlichen Fernsehens verkörperte. Er war nicht nur ein Moderator, er war eine Institution.
RAI erinnerte sich an ihn als „ein Stück des Herzens des italienischen Fernsehens“. Giorgia Meloni betonte, wie „sein Gesicht und seine Stimme ganze Generationen begleitet haben“. Von Fiorello bis Carlo Conti, von Amadeus bis Maria De Filippi würdigte die Fernsehwelt den Maestro.
Ein Erbe, das bleibtBaudo hinterlässt ein Erbe an Liedern, Künstlern, die er ins Leben rief, und Generationen, die mit einem bestimmten Fernsehstil vertraut gemacht wurden. „Lang lebe Pippo Baudo“ war zu einem beliebten Witz geworden, fast schon zu einem Mantra. Heute klingt dieser Satz wie ein herzlicher Abschied, ein kollektives Dankeschön. Denn wenn das italienische Fernsehen jemals ein Gesicht hatte, dann war es seines.
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