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Berliner Rekordspende an CDU: Großspender Gröner muss als Zeuge vor Gericht aussagen

Berliner Rekordspende an CDU: Großspender Gröner muss als Zeuge vor Gericht aussagen

Immobilienunternehmer Christoph Gröner spendete der CDU 800.000 Euro. Jetzt soll ein Prozess klären, ob die Partei 2,4 Millionen Euro zahlen muss.

Christoph Gröner vor dem ehemaligen Postscheckamt an der Möckernbrücke in Kreuzberg. Als Bezirk und Senat immer mehr Anforderungen stellten, zog sich der Projektentwickler von dem Vorhaben zurück, dort Luxuswohnungen einzurichten. Inzwischen wird an der Möckernbrücke kräftig gebaut, dort entsteht „die Macherei“, ein Quartier mit Wohnungen und Gewerbe.Charles Yunck/imago

Im Streit um eine Großspende von rund 800.000 Euro an die Berliner CDU im Jahr 2020 sieht das Verwaltungsgericht der Hauptstadt Klärungsbedarf. Es wird daher den Spender als Zeugen vernehmen, wie die Vorsitzende Richterin Erna Xalter am Donnerstag verkündete.

Es müsse geklärt werden, welche Erwartungen der Immobilienunternehmer Christoph Gröner und seine Firma mit der Spende an die CDU im Jahr 2020 verbunden habe. Nur so lasse sich aus Sicht des Gerichts klären, ob ein Verstoß gegen das Parteiengesetz vorliegt und die Bundestagsverwaltung eine Sanktion gegen die CDU hätte verhängen müssen.

War die Berliner Rekordspende an die CDU rechtens?

Damit hat die Klage der Partei des Satirikers und Europaabgeordneten Martin Sonneborn einen ersten Erfolg erzielt. Ein Sprecher Sonneborns bewertete den Beschluss des Gerichts als „Etappensieg“. Auch Sonneborn reagierte: „Wir freuen uns bereits auf den Austausch mit Herrn Gröner. Eine 800.000-Euro-Spende würden wir auch nehmen – allerdings ohne Gegenleistung.“

Hintergrund: Sonneborns Partei namens Die PARTEI sieht die Chancengleichheit verletzt. Durch das Verfahren soll die Verwaltung verpflichtet werden, die Spende als rechtswidrig einzustufen und Sanktionszahlungen gegen die CDU zu verhängen. Vorgesehen wäre eine Zahlung in doppelter Höhe – also 1,6 Millionen Euro – plus die Rückzahlung der Spende von 800.000 Euro.

Derzeit ist aus Sicht des Verwaltungsgerichts aber noch kein Urteil möglich. „Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif“, sagte Richterin Xalter. Zunächst müsse der Unternehmer Gröner vernommen werden. Als Termin dafür hat das Gericht den 28. August geplant.

Gröner und seine Firma hatten der Berliner CDU die Summe 2020 überwiesen, also vor der Abgeordnetenhauswahl 2021. Öffentliche Äußerungen Gröners waren so interpretiert worden, dass er dafür eine Gegenleistung erwartete. Gröner und der heutige Regierende Bürgermeister Kai Wegner, der 2020 bereits Berliner CDU-Chef war, hatten den Vorwurf der Einflussnahme aber zurückgewiesen.

Das könnte teuer werden für die @CDU... Smiley!

Vielen Dank allen Spendern, die diese Klage ermöglicht haben - die erste Hürde haben wir genommen... pic.twitter.com/uuqX4Zn79a

— Martin Sonneborn (@MartinSonneborn) May 22, 2025

Die für die Überprüfung von Parteispenden zuständige Bundestagsverwaltung erklärte im Juli 2023 nach einer Untersuchung, dass kein Verstoß gegen das Parteiengesetz vorliegt. Eine Stellungnahme der CDU habe den in Medienberichten geäußerten Verdacht ausgeräumt, hieß es zur Begründung.

Es war ein Riesending, die größte Parteispende seit der Wende: 2020, zu Beginn des Wahlkampfs für die Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl im Jahr darauf, erhielt die Berliner CDU eine Spende in Höhe von 800.000 Euro, ordnungsgemäß veröffentlicht von der dafür zuständigen Bundestagsverwaltung. Das Geld stammte vom Immobilienunternehmer und Projektentwickler Christoph Gröner.

Sofort stellten sich Fragen: Warum macht Gröner so etwas? Wollte er zur demokratischen Meinungsbildung beitragen und deswegen eine Partei stärken? Aber warum dann nur eine Partei? Warum also spendet ein millionenschwerer Immobilienunternehmer einer Oppositionspartei so viel Geld? Die Fragen blieben zunächst unbeantwortet, die politische Konkurrenz witterte den Versuch der Einflussnahme aus der Bauwirtschaft.

Rekordspende vor Gericht: Muss die CDU jetzt 2,4 Millionen Strafe zahlen?

Damals war es so: Erst 2021, als die Wahlen näher rückten und die Fragen drängender wurden, äußerten sich die Beteiligten öffentlich. Im Mai des Jahres sagte der Spender Gröner im Deutschlandfunk: „Ich habe der CDU drei Bedingungen gesetzt.“ Erstens wollte er, dass Kinder im Kinderheim, die behindert sind, bessergestellt würden. Der zweite Wunsch – Kritiker sprachen von einer Forderung – betreffe den Berliner Mietendeckel, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden war und den Gröner kritisch sah. Drittens wollte er, dass „eine Kommunikationsebene“ zum Thema Kinderheime aufgebaut werde – „weil wir zweieinhalbtausend Kinder in Berlin unterstützen“. Tatsächlich finanzierte Gröner damals mehrere Stiftungen zu karitativen Zwecken.

Rekordspende vor Gericht: Was forderte der Spender von der CDU?

Drei Monate später, mitten im heißesten Wahlkampf, war Kai Wegner an der Reihe. In einem Interview der Reihe „Jung & Naiv“ berichtete der CDU-Spitzenkandidat zu den Spenden und damit zusammenhängenden Aussagen von Christoph Gröner: „Er hat einen Wunsch geäußert. Er hat zu mir gesagt: Herr Wegner, bitte tun Sie alles dafür, dass es nicht so viele Obdachlose in der Stadt gibt.“

Ob Obdachlose, Heimkinder oder Mietendeckel – juristisch spielt der vermeintliche Zweck einer Parteispende keine Rolle. Aber wenn diese Wünsche, Forderungen oder gar Bedingungen tatsächlich in Zusammenhang mit der Spende übermittelt wurden, wäre die Spende laut dem Parteispendengesetz illegal. Eine sogenannte Einflussspende hätte die CDU nicht annehmen, die Bundestagsverwaltung hätte sie nicht gutheißen dürfen.

Der Steglitzer Kreisel mit Wahlwerbung für die Berliner CDU und den Wahlkreiskandidaten Thomas Heilmann im Sommer 2017. Der damalige Inhaber Christoph Gröner verzichtete auf eine Flächennutzungsgebühr.
Der Steglitzer Kreisel mit Wahlwerbung für die Berliner CDU und den Wahlkreiskandidaten Thomas Heilmann im Sommer 2017. Der damalige Inhaber Christoph Gröner verzichtete auf eine Flächennutzungsgebühr.Sophia Kembowski/dpa

Lobbycontrol nahm sich der Sache an. Im Mai 2022 forderte der Verein, der sich laut Satzung für Transparenz und Demokratie starkmacht, die Bundestagsverwaltung auf, eine Untersuchung der Spende einzuleiten. Es dauerte mehr als ein Jahr, ehe die Bundestagsverwaltung die CDU um Stellungnahme bat. Einen Monat später, im Juli 2023, stellte sie die Prüfung des Vorgangs ein.

Insbesondere hätte sich der Tatbestand einer Einflussspende nicht bestätigt, hieß es in einer Stellungnahme. So sei nicht erkennbar, dass die Partei derartige Entscheidungen „ohne die Spendenleistung“ nicht getroffen hätte. Soll heißen: Die CDU hätte sich auch ohne Gröners Geld für Heimkinder und gegen Mietendeckel und Obdachlosigkeit eingesetzt.

Rekordspende vor Gericht: Streit der Rechtsexperten

Die Lobby-Kontrolleure ließen nicht locker. Nachdem mehrere Zehntausend Menschen eine Petition unterzeichnet hatten, die eine weitere Überprüfung forderte, beauftragten sie ein Gutachten bei der Parteienrechtsexpertin Sophie Schönberger. Diese untersuchte sowohl Gröners Spende als auch die Begründung der Bundestagsverwaltung auf ihre Rechtmäßigkeit.

Die renommierte Professorin, die zuletzt an der Heinrich-Universität in Düsseldorf lehrte und ab September an der Freien Universität Berlin einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Verfassungsrecht innehaben wird, vertritt nun im Verfahren vor dem Berliner Verwaltungsgericht Die PARTEI. Die Partei, die sich des Themas zwischenzeitlich angenommen hat, will die Bundestagsverwaltung dazu verpflichten, die CDU zu sanktionieren.

Am Donnerstag traf Sophie Schönberger im Gerichtssaal an der Kirchstraße in Moabit unter anderem auf den versierten Verwaltungsrechtler Stefan Lenz, der die „beigeladene“ CDU, wie es im Juristenjargon heißt, vertritt. Lenz hat schon einige Prozesse für die Union geführt und gewonnen, etwa im Streit um den Parteiausschluss des Rechtsauslegers und späteren AfD-Präsidentschaftskandidaten Max Otte.

Lenz beantragte, die Klage abzuweisen. Das Gleiche taten die Vertreter der Bundestagsverwaltung.

Lenz arbeitete sich an der vermeintlich verletzten Chancengleichheit konkurrierender Parteien ab. Was sollte die vergleichsweise winzige PARTEI für ein wirtschaftliches Interesse an einem Verlust der großen CDU haben? Selbst wenn diese 2,4 Millionen Euro bezahlen müsste, würde Die PARTEI davon nicht profitieren. Die Anwältin Schönberger hielt dagegen. Es gebe ein übergeordnetes „politisches Interesse“ an dem Fall.

Doch kann Gröner mit einer Zeugenaussage überhaupt Licht ins Dunkel bringen? Die Vertreter der Bundestagsverwaltung verneinten dies. Schließlich hätten sich bereits alle Beteiligten schriftlich geäußert, der Sachverhalt bleibe dennoch verwaschen. „Und irgendwann kommen dann die Erinnerungslücken“, hieß es. Richterin Xalter sah das anders: Erst die widersprüchlichen Aussagen hätten ein Misstrauen entstehen lassen. Jetzt will sie mit der Ladung Gröners zum Zeugen die Aufklärung vorantreiben.

Egal, wie das Spendenverfahren vor dem Berliner Verwaltungsgericht ausgeht: Zuletzt lief es nicht so gut für den einstigen Vorzeigeunternehmer Christoph Gröner, der einst – unter anderem – angetreten war, die Wohnungsnot durch massenhaftes Bauen zu beenden. So durchsuchten im Dezember Staatsanwaltschaften Geschäftsräume der Gröner-Gruppe in Leipzig und in Berlin. Der Verdacht: Insolvenzverschleppung. Zahlreiche Handwerksunternehmen vor allem in Sachsen könnten auf ihren Forderungen sitzen bleiben.

Bereits im August hatte das Amtsgericht Leipzig vorläufig ein Insolvenzverfahren zur Gröner Group GmbH eröffnet. Anfang November stellte die Geschäftsführung des Projektentwicklers selbst einen Insolvenzantrag.

Im Dezember 2024 durchsuchte die Leipziger Polizei die Räume der Gröner Group von Immobilienunternehmer Christoph Gröner. Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Insolvenzverschleppung.
Im Dezember 2024 durchsuchte die Leipziger Polizei die Räume der Gröner Group von Immobilienunternehmer Christoph Gröner. Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Insolvenzverschleppung.Christian Grube/imago

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Leipzig war das Ziel der Durchsuchungen, Geschäfts- und Buchhaltungsunterlagen zu finden, auch um den Zeitpunkt einer möglichen Zahlungsunfähigkeit zu bestimmen. Zudem bestehe der Verdacht, dass Beiträge der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung zumindest nicht fristgemäß an die jeweiligen Krankenkassen abgeführt worden seien.

In Berlin ist es ohnehin still geworden um den Mann, der einst mit den Plänen für einen Umbau des Steglitzer Kreisels vom Büroturm zum höchsten Wohnhaus Berlins berühmt wurde. Auf der Baustelle, die er zwischenzeitlich an die mittlerweile ebenfalls in Schieflage geratene Adler Group verkaufte, gibt es schon seit Jahren keinen sichtbaren Fortschritt mehr. Längst sucht die Adler Group im Ausland nach einem Käufer. Wie es mit der Investitionsruine weitergeht, ist nicht absehbar. Auch ein ähnliches Vorhaben am früheren Postscheckamt an der Möckernbrücke in Kreuzberg scheiterte.

Der Steglitzer Kreisel, ein skandalumwittertes Hochhaus im Berliner Südwesten, spielte auch bei Gröners Zuneigungsbekundungen zur hauptstädtischen CDU bereits eine Rolle. So ließ der Unternehmer bereits im Bundestagswahlkampf 2017 an der Fassade ein riesengroßes Plakat für den CDU-Wahlkreiskandidaten Thomas Heilmann anbringen – ohne dem Politiker oder dessen Partei die Flächennutzung in Rechnung zu stellen.

Heilmann holte den Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf direkt. Vier Jahre später führten die 820.000 Euro von Gröner die Berliner CDU nicht ans Ziel. Die CDU lag zum Zeitpunkt der Spende bei Umfragen auf Platz drei in Berlin, hinter SPD und Grünen. Und auch bei der dann bekannt fehlerhaft und chaotisch verlaufenen Wahl 2021 reichte es für Kai Wegner nur zu Platz drei – und das, obwohl die CDU mehr Budget hatte als in vorangegangenen und folgenden Wahlkämpfen. Es bedurfte einer Wahlwiederholung zwei Jahre später, um die Partei und damit auch Kai Wegner ins Rote Rathaus zu bringen. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Großteil des Geldes längst ausgegeben gewesen, heißt es aus der Partei.

Klares Zeichen #gegenRechts. Wir müssen den Feinden unserer Demokratie entgegenwirken und die Diskussion auf den Punkt bringen. Jetzt. Solange wir noch in der Mehrheit sind. Meine Botschaft für Respekt, Liebe und #Toleranz.https://t.co/An5hdy7Qnb

— Christoph Gröner (@christophgroner) April 9, 2024

Christoph Gröner hat sich rargemacht. Auf seinem X-Account gibt es einen einzigen Beitrag. In einem Video vom April vergangenen Jahres richtet er sich per Video mit einem „Appell für Toleranz“ an die Öffentlichkeit. Er endet mit den Worten: „Die AfD ist rechtsradikal. Du gehörst nicht nach rechts, du gehörst in die Mitte der Gesellschaft.“

Berliner-zeitung

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