Berlins Queer-Beauftragter zu Mobbing gegen schwulen Lehrer: Auch von Zeugen Jehovas kommt Gewalt

Nun reagiert auch Berlins Queer-Beauftragter Alfonso Pantisano auf einen Bericht über homophobe Vorfälle an der Carl-Bolle-Grundschule in Moabit. „Queerfeindlichkeit, egal ob sie religiös begründet oder von rechten Ideologien genährt wird“, werde er nie akzeptieren, sagt Pantisano der Berliner Zeitung. „Besonders Schulen müssen Orte sein, an denen Kinder, Lehrkräfte, pädagogisches Personal und auch Eltern ohne Angst vor Anfeindungen lernen, leben und arbeiten können.“
Ein homosexueller Lehrer soll nach eigenen Angaben an der Carl-Bolle-Grundschule von Schülern monatelang beschimpft, beleidigt und gemobbt worden sein. Das erzählte er der Süddeutschen Zeitung, die Anfang der Woche einen Artikel über den Fall veröffentlichte, der seitdem bundesweit für Aufmerksamkeit sorgt.
Dem Bericht zufolge soll der Lehrer immer wieder von Schülern beleidigt worden sein. Darunter seien Aussagen wie „Schwul ist ekelhaft, Herr Inácio-Stech ist ekelhaft“ gewesen. Ihm sei vorgeworfen worden, er würde Frauen „hassen“ oder „töten“. Auch hätten muslimische Schüler gerufen, der Lehrer sei „eine Familienschande“ oder „eine Schande für den Islam“. Außerdem sei der Mann körperlich bedroht worden.
Als Queer-Beauftragter der Berliner Landesregierung habe er die Berichterstattung verfolgt und Kontakt mit dem Lehrer aufgenommen, sagt Pantisano. Man stehe in persönlichem Austausch. Auch habe er sich „mit einer dringenden Gesprächsbitte“ an die Leitung der Carl-Bolle-Grundschule, die zuständige Schulaufsicht und den Vorsitz der Gesamtelternvertretung (GEV) gewandt. Aus der Berliner Senatsverwaltung heißt es, dass der Konflikt um den Lehrer bereits seit einiger Zeit bekannt sei.
Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat die Schule in der Waldenserstraße mit 95 Prozent einen sehr hohen Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund. Der Lehrer sagte, dass er vor seinem Outing gegenüber den Schülern überlegt habe, ob er sich lieber „schützen“ solle, weil viele Eltern „doch sehr religiös“ seien und aus „traditionellen Kulturen“ stammten.
Alfonso Pantisano: „Queerfeindlichkeit in allen Schichten und Kulturen“„Wenn Kinder Queerfeindlichkeit äußern, hat es meistens eine direkte Verbindung zu ihren Eltern und Familien“, sagt Pantisano. „Da wir ja wissen, dass Queerfeindlichkeit in allen Schichten und Kulturen unserer Gesellschaft vorkommt, muss unser Fokus auf die Gesamtgesellschaft gerichtet werden.“ Allerdings habe sie auch eine direkte Verbindung zu Religionen.
„Zu dieser bitteren Wahrheit gehört, dass, wenn die Gewalt gegen die queere Community religiös motiviert ist, diese sowohl vom Islam als auch von der katholischen Kirche, den Zeugen Jehovas, den orthodoxen Kirchen und neuerdings immer heftiger auch den Evangelikalen ausgeht“, sagt Berlins Queer-Beauftragter. Deshalb müssten „intersektional denkende Präventionskonzepte“ gefördert und „die aktive Auseinandersetzung in Schule, Bildung und Glaubensgemeinschaften“ eingefordert werden.
Auf die Frage, wie homophoben Vorfällen an Schulen besser vorgebeugt werden soll, nennt Pantisano eine „Landesstrategie für queere Sicherheit“, die derzeit entwickelt werde. „Diese Maßnahmen müssen auch an der Basis, also auch in den Schulen umgesetzt werden.“
Berliner-zeitung