PKK | Yüksel Koç: Haft statt Hoffnung
Am Dienstag hat das BKA den kurdischen Politiker Yüksel Koç in seiner Bremer Wohnung festgenommen. Die Generalbundesanwaltschaft wirft dem 61-jährigen türkischen Staatsangehörigen vor, sich von Juni 2016 bis Juli 2023 als hauptamtlicher Kader der als »terroristische Vereinigung« eingestuften Arbeiterpartei Kurdistands (PKK) betätigt zu haben. Er soll für die Koordination und Durchführung von »Propagandaaktivitäten« zuständig gewesen und eng an die PKK-Europaführung angebunden gewesen sein. Am Mittwoch wurde Koç vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs der Haftbefehl eröffnet.
Tatsächlich ist Yüksel Koç eine prominente Figur der transnationalen kurdischen Bewegung. Er war bis 2023 Ko-Vorsitzender für den Kongress der Demokratischen Gesellschaft der Kurd*innen in Europa. Seine Anwältin Fatma Sayin betont, die Vorwürfe nach dem im Strafgesetzbuch verankerten Terrorparagrafen 129b bezögen sich auf Koç’ Arbeit innerhalb des Dachverbands – diese Aktivitäten seien aber »legal, öffentlich und politischer Natur« gewesen.
Mit der deutschen Justiz schloss Koç als Opfer und Zeuge bereits 2017 Bekanntschaft – als bekannt wurde, dass er jahrelang vom türkischen Geheimdienst MIT ausspioniert worden war. Der als Reporter getarnte mutmaßliche Agent Mehmet Fatih S. soll sogar Mordpläne gegen den Kurden gehegt haben. Das Oberlandesgericht Hamburg verurteilte S. zwar wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu einer Bewährungsstrafe, ließ den Vorwurf der Beteiligung an einem Mordkomplott jedoch mangels Beweisen fallen.
Koç’ aktuelle Festnahme erfolgte in einer Zeit intensiver Diskussionen über den Umgang mit der PKK in Deutschland. 2022 hatte die Arbeiterpartei einen Antrag auf Aufhebung des seit 1993 bestehenden Betätigungsverbots gestellt, den die Bundesregierung aber erst drei Jahre später mit Verweis auf außenpolitische Interessen und das deutsch-türkische Verhältnis ablehnte. Diese Woche reichte die PKK gegen die Entscheidung Klage beim Verwaltungsgericht Berlin ein.
Hintergrund ist auch die veränderte politische Situation: Am 27. Februar 2025 initiierte der auf der türkischen Gefängnisinsel İmralı festgehaltene PKK-Gründer Abdullah Öcalan eine neue Friedensinitiative. Nach einem Kongress erklärte die Organisation ihre Absicht zur Selbstauflösung und Niederlegung der Waffen.
Trotz dieser historischen Entwicklung kann Koç nicht auf eine baldige Freilassung oder auch nur Haftverschonung hoffen. Denn 32 Jahre nach dem PKK-Verbot spielt die Bundesregierung hinsichtlich ihrer Einstufung als Terrororganisation weiter auf Zeit: Auf eine Bundestagsanfrage der Linke-Abgeordneten Gökay Akbulut antwortete das nunmehr CSU-geführte Bundesinnenministerium am Mittwoch, der Ankündigung der PKK müssten erst mal Taten folgen.
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