Fußball-Bundesliga: Kann Eugen Polanski in Mönchengladbach eine langfristige Trainer-Lösung sein?

Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach setzt nach Gerardo Seoanes Aus auf eine interne Lösung: Eugen Polanski soll die Fohlen vorerst führen. Vieles spricht aber dafür, dass Polanski auch mittelfristig eine sinnvolle Wahl für den Trainerposten sein könnte.
In puncto "Identifikation mit dem Verein" erreicht Eugen Polanski wohl die Maximalbewertung. "Für mich persönlich ist Borussia nicht nur Arbeit, sie ist meine Heimat", sagte Polanski, als er Anfang 2024 seinen Vertrag bei der Borussia verlängerte. "Im Fußball ist es ganz selten, dass du dort arbeiten darfst, wo du aufgewachsen bist. Und das auch noch bei dem Klub, bei dem du selbst einmal gespielt hast. Es ist nicht irgendein Verein für mich, es ist mein Verein."
Damals war Polanski noch Trainer der U23, jetzt darf er sich "bis auf Weiteres" als Interimstrainer bei den Fohlen versuchen. Als Nachfolger für Seoane ist der 39-Jährige die naheliegende Wahl. Polanski war Jugendtrainer bei der Borussia, ehe er im Sommer 2022 die Zweitvertretung der Gladbacher übernahm. Seitdem kursiert immer dann, wenn ein Trainer gehen muss, auch sein Name.
Virkus über Polanski: "Großes Trainer-Talent"Roland Virkus, Geschäftsführer Sport in Gladbach, sieht offenbar die Zeit dafür gekommen, Polanski die Chance zu geben. "Wir waren schon bei seiner Ernennung zum U17-Trainer überzeugt davon, dass Eugen ein großes Trainer-Talent ist", ließ sich Virkus schon bei Polanskis Vertragsverlängerung zitieren.
Ob Polanski allerdings ein echter Kandidat für den festen Posten des Cheftrainers ist, ist nicht bekannt. Pellegrino Matarazzo, Edin Terzic, Urs Fischer - es werden bereits einige Kandidaten für die Seoane-Nachfolge genannt. Sie alle haben Polanski voraus, dass sie über Erfahrung im Trainergeschäft auf Profi-Ebene verfügen - eine Qualität, die angesichts der prekären Situation in Gladbach nicht zu unterschätzen ist. Und doch erscheint die interne Lösung über Polanski nicht nur wegen des maximal ausgeprägten "Stallgeruchs" durchaus vielversprechend.
Polanski steht für Intensität und schnelles VertikalspielIn seinen drei Regionalliga-Jahren bei Gladbach II fuhr Polanski einen mit 1,7 Punkten pro Spiel sehr ordentlichen Schnitt ein, entwickelte zudem Spieler wie Rocco Reitz, Lukas Ullrich (beide heute Leistungsträger bei den Profis) sowie Semir Telalovic (heute 1. FC Nürnberg) entscheidend weiter.
Polanskis Spielidee dabei: eine hohe Pressingintensität sowie schnelles Spiel in die Spitze nach Ballgewinnen. "Wir schaffen es als Team, viele Facetten wie Ballbesitz- oder auch Tempo-Fußball auf den Platz zu bekommen", sagte Polanski vor einem Jahr im "kicker" zur flexiblen Spielweise seiner Elf. Auch die Grundformationen, die Polanski wählt, sind variabel: Seine Mannschaft lief zuletzt im 4-4-2 oder 4-2-3-1 auf.
Wille, Leidenschaft und KampfgeistMöglicherweise entscheidender ist aber das Image, das Polanski anhaftet: Der ehemalige zentrale Mittelfeldspieler galt als "Raubein", als einer, der "dahin geht, wo es weh tut". So präsentierte sich Polanski als Spieler bei Gladbach, wo er seine ersten Schritte im Profifußball vornahm, sowie später in Mainz und in Hoffenheim. In der Jugend durchlief Polanski zudem sämtliche Junioren-Nationalmannschaften Deutschlands, ehe er für sein Geburtsland Polen spielte, unter anderem bei der EM 2012 im weiß-roten Trikot auflief.
Jahr | Verein | Pflichtspiele | Tore/Vorlagen |
---|---|---|---|
2003 - 2008 | Mönchengladbach | 54 | 1/4 |
2008 - 2009 | Getafe (ESP) | 28 | 0/1 |
2009 - 2013 | Mainz | 91 | 4/11 |
2013 - 2018 | Hoffenheim | 137 | 10/9 |
Hohe Identifikation, eine leidenschaftliche, kämpferische Art - es könnte eine gute Mischung sein für Mönchengladbach. Insbesondere deshalb, weil der analytisch-zurückhaltende Schweizer Seoane ebenjene Tugenden nur selten an den Tag legte - und sich nie so wirklich großer Beliebtheit unter den Gladbacher Anhängern erfreuen durfte.
Polanski kostet die Borussia nicht vielEin weiterer Punkt, der für Polanski spricht: Seoane muss nach seiner Freistellung Stand jetzt bis zum Vertragsende 2026 weiter bezahlt werden. Im Vergleich zu den externen Kandidaten ist der bereits angestellte Polanski deutlich kostengünstiger. Sollte man in Polanski inhaltlich einen Kandidaten für die Aufgabe sehen, so dürfte auch dieser finanzielle Aspekt eine Rolle bei den Überlegungen spielen.
Virkus und die Führungsriege um Präsident Rainer Bonhof und den Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Hollmann werden die genannten Aspekte sorgsam abwägen. Möglich erscheint ein Szenario, in dem sich Polanski als Interimstrainer beweisen muss, und im Erfolgsfall mehr als nur die kurzfristige Lösung ist - ähnlich wie bei André Schubert, der 2015 Lucien Favre ablöste und vom Interims- zum Cheftrainer wurde, nachdem er sechs Spiele in Folge mit den Borussen gewann.
Schwierige nächste Aufgaben für GladbachDafür müssten beim schwierigen Auswärtsspiel am Sonntag in Leverkusen (21.09.2025, 17.30 Uhr) sowie zuhause gegen ebenfalls stark einzuschätzende Frankfurter (27.09.2025, 18.30 Uhr) aber Siege her - oder zumindest sehr vielversprechende Auftritte. Gelingt das nicht, wird Polanski zurück in die zweite Reihe rücken müssen - maximale Identifikation hin oder her.
Unsere Quellen:
- Webseite von Borussia Mönchengladbach
- Transfermarkt.de
- Kicker
- Analyseplattform Coachinside
sportschau