Weleda reagiert auf NS-Vorwürfe: Was steckt hinter den Anschuldigungen?

Schwäbisch Gmünd. Die Naturkosmetikfirma Weleda sieht sich mit Vorwürfen bezüglich ihrer Rolle in der NS-Zeit konfrontiert. Einem aktuellen Bericht des „Spiegel“ zufolge hatte das Unternehmen enge Verbindungen zur SS, insbesondere durch Kooperationen mit dem Konzentrationslager Dachau. Dort soll Weleda unter anderem eine Creme geliefert haben, die für Menschenversuche eingesetzt wurde.
Der „Spiegel“-Artikel, der auf ein noch nicht veröffentlichtes Buch der Historikerin Anne Sudrow verweist, behauptet, dass Details der Unternehmensgeschichte bisher nicht ausreichend beleuchtet worden seien. Unter anderem geht es um eine Frostschutzcreme, die der SS-Arzt Sigmund Rascher im KZ Dachau für seine tödlichen Experimente an Häftlingen verwendet haben soll. Rascher, selbst Waldorfschüler und Anthroposoph, nutzte das Produkt demnach für seine Versuche zur Wirkung von Unterkühlung.
Als Reaktion auf die Anschuldigungen hat Weleda eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin distanziert sich das Unternehmen „aufs Schärfste“ von den Gräueltaten des Nationalsozialismus. „Faschismus, Antisemitismus, Rassismus oder rechtsextremes Gedankengut haben bei uns keinen Platz“, heißt es in der Erklärung. Das Unternehmen bekräftigt, dass „Nie wieder“ Ausdruck seiner Haltung sei.
Weleda verweist darauf, dass man sich der historischen Verantwortung bewusst sei und bereits 2023 die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte (GUG) mit einem Gutachten zur NS-Zeit beauftragt habe, das 2024 veröffentlicht wurde. Auch anderen renommierten Historikern wie Prof. Dr. Peter Selg, Matthias Mochner und Susanne H. Gross habe man über mehrere Jahre vollständigen Zugang zu den Unternehmensarchiven ermöglicht.
Trotz der bisherigen Aufarbeitungsversuche räumt Weleda ein, die neuen Behauptungen im „Spiegel“-Artikel nach Erscheinen des Buches von Anne Sudrow untersuchen zu wollen. „Dies werden wir selbstverständlich nach Erscheinen des Buchs analysieren“, teilt das Unternehmen mit und betont den Wunsch nach einer „lückenlosen Aufarbeitung“ der eigenen Geschichte.
Weleda, das heute als weltweit führender Hersteller von Naturkosmetik und anthroposophischen Arzneimitteln in über 50 Ländern tätig ist, betont, ein „weltoffenes Unternehmen“ zu sein, das für Toleranz, Vielfalt und Menschlichkeit stehe. Anthroposophische Heilkunde schließt neben dem Körper auch Geist und Seele ein. Weleda hat seinen Hauptsitz in Basel, hat aber im baden-württembergischen Schwäbisch Gmünd eine große Niederlassung. Hier sind ungefähr 1.000 der circa 2.200 Weleda-Mitarbeiter beschäftigt.
rnd