Wie tragen Erneuerbare zur Energiesicherheit bei?

Derzeit herrscht eine Waffenruhe zwischen dem Iran und Israel, doch der Konflikt zwischen den beiden Nationen hat in den vergangenen Wochen die globale Energiesicherheit wieder in den Fokus gerückt. Als Reaktion auf den Angriff der USA auf Nuklearanlagen im Iran drohte das Land mit der Schließung der Straße von Hormus, einer wichtigen Schifffahrtsroute für die globale Energieversorgung.
Ein solcher Schritt könnte den Zugang zu fossilen Brennstoffen für viele Länder weltweit stören und die Energiepreise in die Höhe treiben. Etwa 20 Prozent des weltweiten Flüssigerdgases und fast 27 Prozent des Rohöls werden über die schmale Wasserstraße transportiert, die den Persischen Golf mit dem Golf von Oman verbindet.
Viele argumentieren, dass die Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht nur für das Klima, sondern auch für die Energiesicherheit von entscheidender Bedeutung ist. Denn heimische erneuerbare Energien könnten in Zeiten geopolitischer Spannungen eine stabile Energieversorgung gewährleisten.

Energiesicherheit bedeutet laut der unabhängigen zwischenstaatlichen Internationalen Energieagentur (IEA): ein ununterbrochener Zugang zu Energie - zu einem erschwinglichen Preis. Für moderne Volkswirtschaften ist Energie von entscheidender Bedeutung für alle Sektoren, von der Fertigung über Transport und Kommunikation bis hin zu Bildung und Landwirtschaft.
Unterbrechungen in der Energieversorgung können ganze Industriezweige zum Erliegen bringen, wichtige Dienstleistungen wie das Gesundheitswesen behindern und sogar die nationale Sicherheit gefährden, indem sie militärische Operationen beeinträchtigen.
In den 1970er Jahren führten Unterbrechungen der Ölexporte zu starken Preisanstiegen, langen Schlangen an Tankstellen und erschütterten die Weltwirtschaft. In jüngerer Zeit hat die Energiekrise nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Jahr 2022 die Verwundbarkeit Europas wegen seiner starken Abhängigkeit von importiertem russischem Gas deutlich gemacht.
Sind erneuerbare Energien stabiler als fossile Brennstoffe?Der jüngste Konflikt zwischen dem Iran und Israel unterstreicht laut Experten des britischen Energie-Thinktanks Ember die weltweite Abhängigkeit von Ölimporten. Ihrer Analyse von IEA-Daten zufolge leben 79 Prozent der Weltbevölkerung in Öl importierenden Ländern, wobei 62 Prozent ihr gesamtes Öl aus anderen Ländern beziehen. 90 Nationen - darunter Spanien, Südkorea, Deutschland, die Türkei und Indien - decken mehr als 80 Prozent ihres Bedarfs durch Importe.
In Zeiten instabiler globaler Handelsbeziehungen und zunehmender geopolitischer Spannungen kann eine solche Abhängigkeit zu Risiken für die Energiesicherheit führen, so Ember. Und Turbulenzen auf den Märkten für fossile Brennstoffe verursachen Preisschwankungen für alle Länder, die von Öl und Gas abhängig sind.
Erneuerbare Energien können laut Experten eine stabile und sichere Alternative bieten. Strom kann damit innerhalb der Landesgrenzen oder in benachbarten Ländern erzeugt werden, geschützt vor Preisschwankungen und geopolitischen Risiken. Die Diversifizierung der Optionen für Stromversorgung wird als wichtiger Bestandteil eines widerstandsfähigen Energiesystems angesehen.
Untersuchungen des Internationalen Währungsfonds zeigen auch, dass die politische Lage in den meisten Ländern, die fossile Brennstoffe produzieren, in den vergangenen Jahrzehnten riskanter geworden ist und demokratische Freiheiten zunehmend eingeschränkt werden.
"Je mehr heimische Energiequellen wir haben, desto besser", sagt Fatih Birol, Exekutivdirektor der IEA. Er betont die Notwendigkeit, Energie "nicht aus einem einzigen Land, nicht über eine einzige Handelsroute und nicht von einem einzigen Unternehmen" zu beziehen. Birol hebt hervor, dass die Energiesicherheit ein zunehmend wichtiger Faktor für den Übergang zu sauberer Energie ist.

"Je geringer unsere Energieabhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist, desto größer ist unsere Energiesicherheit. Das ist die Lehre, die wir in Europa gezogen haben", sagte Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, auf einem Gipfeltreffen zur Zukunft der Energiesicherheit im April dieses Jahres.
Von der Leyen erklärte, dass Europa als Reaktion auf die Energiekrise nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine, die "Einführung heimischer erneuerbarer Energien" beschleunigt habe. Diese machen nun 47 Prozent des Strommixes aus.
Bringt die Umstellung auf saubere Energie neue Risiken?Der Weg zu mehr Energiesicherheit umfasst laut Ember sowohl die Umstellung auf lokalere erneuerbare Energien als auch die Ausweitung der Elektrifizierung. Diesen Ansatz verfolgt auch China, so die Analyse.
Den Schätzungen zufolge könnten die Importe fossiler Brennstoffe weltweit um 70 Prozent reduziert werden, indem Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und erneuerbare Energien gefördert werden. Durch die Förderung von Elektrofahrzeugen könnten 33 Prozent der importierten Ölmengen ersetzt werden. Weitere 23 Prozent Einsparungen würde der Ausbau der Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie bringen.
Ember fügt hinzu, dass 92 Prozent der Weltbevölkerung ihren Energiebedarf mit erneuerbaren Energien mehr als zehnfach decken könnten.
Allerdings birgt die grüne Wende auch Risiken.

Im April warf ein großflächiger Stromausfall in Spanien und Teilen Portugals Fragen zur Stabilität von erneuerbaren Energien wie Solar- und Windenergie auf, die von bestimmten Wetterbedingungen abhängig sind. Kurz vor dem Vorfall machten erneuerbare Energien rund 70 Prozent der Stromerzeugung Spaniens aus.
Die Regierung hat jedoch inzwischen erklärt, dass der Grund für den Ausfall eine Kombination aus Planungsproblemen und technischen Fehlern gewesen sei. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass eine übermäßige Abhängigkeit von erneuerbaren Energien eine Rolle gespielt habe.
Was ist mit der Unbeständigkeit von erneuerbaren Energien?Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) gibt es bereits sehr fortschrittliche Lösungen, um das Stromsystem robuster und flexibler zu machen: dazu gehören Investitionen in die Netzinfrastruktur und Energiespeicherung.
Außerdem bestehen Bedenken, dass die Umstellung auf saubere Energie eine neue Importabhängigkeit für Metalle und Mineralien mit sich bringen könnte, die für den Bau von Infrastruktur und Speichern erneuerbarer Energien benötigt werden. Experten sagen jedoch, dass ein Mangel an Baumaterialien keine Energiekrise wie bei Öl- oder Gasknappheit auslösen würde. Denn solche Materialien werden nur für die Erweiterung der Kapazitäten und nicht für die laufende Stromerzeugung benötigt.
Untersuchungen haben einige Fälle schwerer Umweltverschmutzung in Gemeinden aufgedeckt, die in der Nähe von Minen für Metalle wie etwa Nickel liegen, das häufig für Batterien von Elektrofahrzeugen verwendet wird. Es gibt jedoch Möglichkeiten, die Auswirkungen von Bergbau zu verringern. Dazu gehören strengere Vorschriften für die Abfallentsorgung, eine verbesserte Überwachung und die Einführung sauberer Technologien für den Abbau.
Der Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt von Anke Rasper.
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