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Minderjährige, psychische Gesundheit und Gewalt: Am Rande des Zusammenbruchs, das Unbehagen abfangen

Minderjährige, psychische Gesundheit und Gewalt: Am Rande des Zusammenbruchs, das Unbehagen abfangen

Innerhalb von zwölf Monaten hat sich die Zahl der von Minderjährigen verübten Morde in Italien mehr als verdoppelt. Von 14 im Jahr 2023 auf etwa 35 im Jahr 2024: ein Anstieg von 150 % in absoluten Zahlen, im Gegensatz zum allgemeinen Rückgang der Mordrate im Land. Aber es geht nicht nur um Zahlen. Es handelt sich um das greifbare Zeichen einer systemischen Krise, die unsere Jugendlichen betrifft, die zunehmend psychischen Anfälligkeiten, frühem Substanzkonsum und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt sind.

Als sich forensische Psychiater in Alghero zum zweiten nationalen Kongress der Italienischen Gesellschaft für Forensische Psychiatrie und Psychopathologie (SIPPF) versammelten, standen wir an einem Scheideweg. Entweder ignorieren wir das Problem weiterhin und lassen die juristischen Nachrichten ihren Lauf nehmen, oder wir beginnen mit dem Aufbau eines Systems, das in der Lage ist, das Unbehagen zu unterbinden und mit wirksamen, integrierten und dauerhaften Instrumenten zu reagieren.

Heute ist das System leider strukturell unzureichend. Die Kinderneuropsychiatrie ist chronisch unterfinanziert, während sich die Erwachsenenpsychiatrie nicht mit Minderjährigen befasst. Die Abteilungen für psychische Gesundheit arbeiten in wasserdichten Abteilungen ohne fließende Verbindungswege, und der Mangel an ausgebildetem Personal macht den Aufbau multidisziplinärer Netzwerke unmöglich. Das Ergebnis ist ein Mangel an Fürsorge, der Kinder auf abweichende, oft irreversible Wege führt.

Ein besonders kritisches Kapitel ist das der Doppeldiagnose – psychiatrische Störungen im Zusammenhang mit Substanzgebrauch –, die bei Minderjährigen offenbar noch schwieriger zu behandeln sind als bei Erwachsenen. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit (Brewer et al., 2017) berichtet, dass etwa 80 % der Jugendlichen, die Substanzen konsumieren, mindestens eine komorbide psychiatrische Störung haben. Dennoch analysieren weniger als 10 % der internationalen Studien speziell das Jugendsegment. In Italien führt die mangelnde Integration zwischen SERT und DSM dazu, dass diese Kinder von einem Dienst zum anderen geschoben werden, mit der Gefahr, dass sich niemand wirklich um sie kümmert. Wir brauchen gemeinsame Protokolle, hybride Strukturen und gemischte Teams, die zusammenarbeiten. Und sie werden jetzt gebraucht.

Und dann gibt es noch eine zweite Bruchlinie, die sich durch das soziale und gesundheitliche Gefüge zieht: die der Devianz unter jungen Migranten. Junge Menschen sind oft allein und ohne Schutz und geraten so in den Drogenhandel, wo sie der Gefahr der Drogenabhängigkeit und in vielen Fällen auch psychischen Problemen ausgesetzt sind. Doch hier wird der Kurzschluss noch deutlicher: Das Gesundheitssystem ist nicht in der Lage, sie abzufangen, und das Strafvollzugssystem ist nicht darauf eingerichtet, auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Die Folge ist eine Marginalität, die irreversibel zu werden droht.

ilsole24ore

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