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1. FC Nürnberg: Abstiegskampf-Rhetorik nach 180 Minuten

1. FC Nürnberg: Abstiegskampf-Rhetorik nach 180 Minuten

Gerade hat er noch in aller Sachlichkeit über das gesprochen, was seine Mannschaft beim 0:1 gegen den SV Darmstadt 98 gut gemacht hat, was ihr nicht gelungen ist und wie er als Trainer des 1. FC Nürnberg nach der zweiten Niederlage im zweiten Saisonspiel der neuen Woche entgegengeht. Aber jetzt muss Klose, der sonst so besonnen ist, seinem Unverständnis erstmal Luft machen.

Und Herthas Stürmer Fabian Reese ist einer davon. Die SZ-Vorschau zum Saisonstart im deutschen Fußball-Unterhaus. Achtung: diesmal ohne den HSV.

Von Thomas Hürner und Christof Kneer

„Wir haben es nicht einmal geschafft, den Ball hinter die Innenverteidiger zu chippen“, klagt Klose und wiederholt es dann, diesmal mit Nachdruck, Silbe für Silbe: „Nicht ein Mal!“ Klose, 47, schaut in die Schar der Reporter, die ihn an diesem Freitagabend nach der Pressekonferenz noch einkreisen. Er wirkt etwas befreiter, jetzt, da es aus ihm herausgebrochen ist. Klose ist aber noch nicht fertig. Er legt nach. „Ich bin jetzt fast 50“, sagt Nürnbergs Trainer, wobei er, der sonst immer Hochdeutsch spricht, nicht „fünfzig“ sagt, sondern „fuffzich“. Und selbst in diesem Alter kriege er das noch hin. „Also wirklich!“, ruft Klose.

Wie schon vor einem Jahr hat der Club auch in diesem Sommer einen gewaltigen Umbruch vollzogen. Und wie schon vor einem Jahr dürfte es auch diesmal lange dauern, bis dieser in Kloses Sinn wirklich bewerkstelligt ist.

Nürnbergs Trainer Miroslav Klose fühlt sich herausgefordert und stürzt sich in die Arbeit

Vor zwölf Monaten stolperte der FCN in die Saison und stand nach den ersten sieben Spielen nur mit sieben Punkten da. Dann, nach einer Leistungsexplosion im Herbst, schwang sich Kloses Team zur Mannschaft der Stunde auf und spielte den aufregendsten Fußball der zweiten Bundesliga. Dieses Mal sagt Klose: „Ich glaube fest daran, dass wir den Turnaround schaffen.“

Turnaround? Nach nur zwei Spielen? Ist das nicht Abstiegskampf-Rhetorik, obwohl die Saison gerade mal 180 Minuten alt ist?

Auch wenn es der eine Ausbruch nach der Pressekonferenz vermuten lässt, ist Klose meilenweit davon entfernt, dem Negativgefühl allzu großen Raum zu geben oder gar zu stöhnen – im Gegenteil. Klose hat nichts übrig für Fatalismus, er fühlt sich herausgefordert und stürzt sich in die Arbeit. Nürnbergs Trainer setzt darauf, dass sich seine Mannschaft entwickelt, wie sie es bereits im ersten Jahr unter seiner Führung getan hat. Er weiß aber auch, für welchen Verein er arbeitet. Dass die Zeit drängt. Dass es Ergebnisse braucht, um im daueraufgeregten Nürnberg nicht die Deutungshoheit zu verlieren.

Wird momentan vor der Abwehr gebraucht, wäre weiter vorne aber wertvoller: Nürnbergs Rafael Lubach.
Wird momentan vor der Abwehr gebraucht, wäre weiter vorne aber wertvoller: Nürnbergs Rafael Lubach. (Foto: Ulrik Pedersen/DeFodi Images/Imago)

Gegen Darmstadt hat seine Mannschaft zwar gezeigt, dass sie Gegner, zumindest phasenweise, beherrschen kann. Bevor Killian Corredor in der Nachspielzeit das entscheidende Tor für Darmstadt schoss, baute sie in der letzten halben Stunde derart großen Druck auf, dass sie zu einer ganzen Reihe bester Torchancen kam, um das Spiel für sich zu entscheiden – sie konnte allerdings auch nicht verbergen, dass sie noch unfertig ist.

Solange Caspar Jander verletzt fehlt, wird Rafael Lubach vor der Abwehr gebraucht; er macht sich in dieser Rolle zwar gut, seine Vorzüge am Ball kann er eine Halbposition weiter vorne aber noch besser zur Geltung bringen. Dort spielt allerdings schon Berkay Yilmaz, eigentlich Linksverteidiger. Und ganz vorne, im runderneuerten Angriff, mangelt es noch ganz besonders am Feinschliff.

Die Sommervorbereitung wird sich also in den Herbst hineinziehen, schließlich verkündete der Club erst kurz vor dem Darmstadt-Spiel, den Augsburger Abwehrspieler Henri Koudossou verpflichtet zu haben – und auch ein Stürmer soll noch am Valznerweiher aufschlagen. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass es ein bisschen dauern wird“, verriet Klose mit Blick auf die Kaderpläne, „wir bemühen uns, dass noch Qualität kommt. Das ist klar.“

Am Samstag geht es im DFB-Pokal zu einem Viertligisten

Das 0:1 gegen Darmstadt darf zwar ebenso als vermeidbar eingestuft werden wie das 0:1 eine Woche zuvor beim Saisonauftakt in Elversberg, doch die beiden Auftritte ließen auch durchblicken, dass der Kader weder in der Breite noch in der Spitze genügt, um dem Mittelmaß zu entwachsen.

Trotz der guten Torchancen gegen Darmstadt läuft es gerade offensiv noch nicht rund. Und so steht der Club schon jetzt unter Druck. Die erste Runde im DFB-Pokal führt die Nürnberger am Samstag zum Viertligisten FV Illertissen, dann geht es in Münster wieder um drei Punkte. „Jetzt müssen sich die herauskristallisieren, die mit dem Druck klarkommen“, fordert Klose und klingt fast so, als stünde der letzte Spieltag bevor: „Es ist der erste Gegenwind für viele, da muss ich jetzt sehen, wie der eine oder andere damit umgeht. Wir brauchen keine Trainingsweltmeister, wir brauchen die, die auf dem Platz liefern.“ Erst in Illertissen, dann in Münster.

Bevor Klose sich verabschiedet, hechtet er sich noch in Galgenhumor und sagt: „Wird eine super Woche.“ Dann fährt ihm ein Grinsen ins Gesicht. Nürnbergs Trainer, das ist die Botschaft, wird es nehmen, wie es kommt. Auch wenn es so zäh wird wie vor einem Jahr.

süeddeutsche

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